Mit Erschrecken stellen manche Eigentümer spanischer Immobilien fest, dass sie nicht alle Steuerpflichten in Spanien vollständig erfüllt haben. In der Regel kommt es dazu, weil den Betroffenen nicht bewusst ist, dass Spanien steuerlich anders tickt. Die frischgebackenen Eigentümer können sich zum Beispiel nicht vorstellen, dass ihnen etwa für die Selbstnutzung einer Ferienvilla ein fiktives Einkommen zugerechnet wird.

Beispiel: Das Ehepaar Sonnenschein hat am 1. Februar 2015 eine Ferienimmobilie auf Mallorca erworben. Die Themen Grundsteuer (IBI) und Müllgebühren sind rasch verstanden und geregelt. Während der Kaufabwicklung wird auf die unmittelbar anstehenden Steuerpflichten aufmerksam gemacht (Grunderwerbsteuer, Stempelsteuer usw.).

Die Einkommensteuer taucht auf dem Radar nicht auf. Einer der möglichen Gründe mag sein, dass sie noch in weiter Ferne liegt: Die Sonnenscheins haben für die Einreichung/Bezahlung bis zum 31. Dezember 2016 Zeit. Ebenfalls erklärt ihnen niemand, dass die Steuer­behörde sich nicht meldet, um auf diese Verpflichtung hinzuweisen, sondern einfach nur abwartet.

Nehmen wir an, beim Gespräch unter Freunden wurden die Sonnenscheins darauf aufmerksam gemacht, dass neben der Grundsteuer auch die Einkommensteuer fällig wird. Nun stellt sich die Frage, wie das funk­tioniert. Im Prinzip sehr einfach: Zur Berechnung des fiktiven Nutzwertes zieht man den Katasterwert heran, der wiederum aus den Grundsteuer­bescheiden zu ersehen ist. Sofern die Katasterwerte in der betroffenen Gemeinde in den vergangenen zehn Jahren revidiert wurden, sind 1,1 Prozent dieses Wertes der fiktive Nutzwert (ansonsten 2 Prozent), und darauf wird für 2015 eine Steuer von 19,5 Prozent fällig (ab 2016 sind es 19 Prozent). Bei einem Katasterwert von 200.000 Euro wäre das ein Steuerbetrag von 429 Euro, den sich die beiden teilen - denn jeder muss für seinen 50-prozentigen Anteil an der Immobilie eine eigene Erklärung einreichen, das sogenannten Modelo 210.

Doch nun zu den komplizierenden Faktoren:

1) Das Modelo 210 wird für alle möglichen Nichtresidenten-Erklärungen verwendet, bis hin zur Erklärung eines Gewinns beim Verkauf einer Immobilie. Ergo sagt es wenig aus, wenn man die Auskunft erhält: Sie müssen das Modelo 210 ausfüllen.

2) Wenn die Sonnenscheins ihre Immobilie zeitweilig vermieten, wird die Selbstnutzungssteuer nur anteilig gemäß der Anzahl der Tage ohne Vermietung fällig. Die Mieteinnahmen sind mit gesonderten Quartalserklärungen zu versteuern - wieder mit dem Modelo 210.

3) Wenn die Sonnenscheins ihre Immobilie ganzjährig vermieten, wird keine Selbstnutzungssteuer fällig.

4) Wenn die Sonnenscheins die Immobilie mit einer Nießbrauchsregelung erworben haben, müssen nur die Inhaber des Nießbrauchsrechts die Selbstnutzungssteuer abführen, nicht aber die Inhaber des „bloßen Eigentums".

5) Die Sonnenscheins renovieren. Da während der Arbeiten keine Nutzung möglich ist, wird auch keine Selbstnutzungs­steuer fällig, meinen sie. Falsch: Die Steuer fällt nur weg, solange eine Immobilie sich im Baustadium befindet oder umfassend saniert wird (rehabilitación) gemäß Definition durch das spanische Steuergesetz.

6) Die Sonnenscheins haben eine Bruchbude gekauft, die sie irgendwann renovieren wollen. Nach ihrem Dafürhalten ist eine menschenwürdige Nutzung nicht möglich, daher dürfte auch keine Selbstnutzungssteuer anfallen. Wieder falsch: Sofern zu irgendeinem Zeitpunkt eine Bewohnbarkeitsbescheinigung (Cédula de habitabilidad) für die Immobilie eingeholt wurde, gilt sie für die Steuerbehörde selbst dann als nutzbar, wenn das Papier (10 Jahre Gültigkeit) längst abgelaufen ist. Von der Selbstnutzungssteuer befreien nur die folgenden Umstände: Wenn eine Bewohnbarkeitsbescheinigung beantragt, jedoch abgelehnt wurde, wenn ein Gutachten die Unbewohnbarkeit bestätigt oder in den oben erwähnten Fällen (Bau und Sanierung).

7) Wenn die Sonnenscheins eine Immobilie mit mehreren Einträgen in Grundbuch und Kataster erworben haben (Beispiel: Wohnung, Parkplatz, Abstellraum) oder eine zweite Immobilie dazukaufen, wird für jede Immobilie oder Teilimmobilie gemäß Katastereintrag pro Person eine Erklärung nötig.

8) Seit Kurzem verlangt die Steuer­behörde, dass gemeinsam mit der Erklärung eine Ansässigkeitsbescheinigung des Wohnort-Finanzamtes eingereicht wird, sofern man den günstigeren Steuersatz für EU-Bürger in Anspruch nimmt. Wenn diese nicht vorliegt, werden für EU-Bürger 24 Prozent Steuern fällig anstatt 19,5 bzw. 19 Prozent (für 2015 bzw. 2016).

9) Wird für einen Yachtliegeplatz eine Selbstnutzungssteuer fällig?

Kurioserweise nein, obwohl der Liegeplatz in der Vermögensteuer als Immobilie eingestuft wird und dort sehr wohl zu deklarieren ist. Deutsche Steuerbürger sollten berücksichtigen, dass Spanien die Daten ihrer spanischen Immobilie ab September 2017 für das Jahr 2016 dem deutschen Finanzamt mitteilt.

Asesor Fiscal - Steuerberater Dipl. Kfm. Willi Plattes und Thomas Fitzner arbeiten im internationalen Steuerbüro European@ccounting in Palma de Mallorca.