Der Anfang ist gemacht. Vor wenigen Tagen meldete das spanische Crowdinvesting-Portal Housers den ersten Deal auf Mallorca: Eine Wohnung in Palma wurde für rund 200.000 Euro gekauft, finanziert von 318 Anlegern. Sie versprechen sich davon zunächst eine Rendite aus Mieteinnahmen, später Gewinn nach dem Verkauf der Wohnung.

Solches Immobilien-Crowdinvesting breitet sich derzeit in Europa aus und lässt Banker erschaudern, denn mit den neuen Internet-Plattformen ist eine Finanzierungsalterna­tive entstanden, die einerseits Banken-Kredite teilweise unnötig werden lässt, andererseits Sparern lukrativere Anlagemöglichkeiten in Aussicht stellt, als die Banken derzeit zu bieten haben. In Deutschland werden bereits Großprojekte mit Millionenvolumen so mitfinanziert - und das führende Portal hatte bereits eine Delegation für Verhandlungen nach Mallorca geschickt, wie die Mallorca Zeitung erfahren hat.

Fünf Prozent Rendite und mehr für Anleger - aber mit Risiko

Aber der Reihe nach. Was genau ist eigentlich Immobilien-Crowd­investing? In Deutschland gibt es mittlerweile mehr als ein halbes Dutzend Internetplattformen wie Exporo oder Zinsland, die Immobilienprojekte veröffentlichen, die noch Geldgeber benötigen. Dahinter stecken Bauträger, die sich über das Crowdinvesting fehlendes Geld besorgen möchten. Ein Großteil wurde oft bereits „klassisch" von Banken oder anderen Finanzinstituten zugesagt, ein Restbetrag soll bei einem „Schwarm" (Englisch: crowd) von Anlegern eingesammelt werden.

Wer investieren möchte, kann das meist schon ab 500 Euro tun. Da die Abwicklung über das Internet erfolgt, ist es einfach, schnell und kostengünstig, eine Vielzahl von Investoren zusammenzubekommen. In Aussicht gestellt werden Zinsen von derzeit vier bis sieben Prozent p.?a. Die Laufzeit liegt bei zwölf Monaten bis fünf Jahren. Das ist genau genommen die Dauer des Kreditvertrages zwischen dem Geldgeber und dem Bauträger. Für diese Zeit bekommt er Zinsen sowie bei Vertragsablauf das investierte Kapital zurück.

Fast hätte Marktführer Exporo vor Kurzem die erste Mallorca-Immobilie ins Angebot genommen, wie Vorstand Simon Brunke auf Anfrage erklärte. „Es gab die Finanzierungsanfrage für eine Radsportler-Anlage im Süden von Mallorca. Es ging dabei um mehrere Millionen Euro. Wir haben das mit einem Expertenteam vor Ort geprüft und das Projekt für gut befunden. Allerdings wollten wir zur Risikobegrenzung nur einen Teil der Finanzierung unseren Anlegern anbieten. Daran scheiterte der Deal letztlich."

Mallorca den meisten Deutschen vertrauter als ein Ostseeheilbad

Der Immobilienmarkt Mallorca sei aber wegen des Aufwärtstrends beim Tourismus und den Immobilienpreisen hochinteressant, Finanzierungsanfragen hätten gute Chancen, heißt es sowohl bei Exporo als auch bei anderen Crowd-Plattformen in Deutschland. „Unsere Anleger haben unter anderem bereits ein Projekt im Ostseeheilbad Zingst mitfinanziert - Mallorca ist den meisten Deutschen sicher noch viel vertrauter", so Exporo-­Vorstand Brunke.

Wie bei beim spanischen Portal Housers sind bei deutschen Immobilien-Crowd-Plattformen die Investitionsziele oft in kurzer Zeit, manchmal nur in wenigen Tagen erreicht. Das heißt: Es ist genug Geld zusammengekommen, das Angebot wird geschlossen. Das spiegelt den aktuellen „Anlagenotstand" wider, der sich derzeit für Sparer aus den niedrigen Zinsen und teils sehr hohen Aktienkursen sowie Immobilienpreisen ergibt.

Wohin derzeit noch investieren?

Die in Aussicht gestellten Renditen von bis zu sieben Prozent beim Immobilien-Crowdinvesting und die einfache Abwicklung per Internet wirken verlockend. Aber die Anleger sollten sich auch der Risiken bewusst sein. Während sie bei Housers Anteilseigner einer S.L. werden, haben sie bei deutschen Portalen wie Exporo zumeist den Status eines Darlehensgebers für den Bauträger, und zwar in Form eines sogenannten „Nachrangdarlehens".

Das bedeutet: „Im Falle der Insolvenz oder der Liquidation des Kreditnehmers muss ein Nachrangdarlehen erst nach der Befriedigung anderer, vorrangiger Gläubiger getilgt werden", sagt die auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwältin Katia Genkin aus Düsseldorf. Ein Crowd­-Investor steht bei einer Pleite ziemlich weit hinten in der Gläubiger-Kette. Ein Totalverlust ist möglich. „Immobilien werden zwar selten vollständig wertlos", so Rechtsanwältin Genkin weiter. „Bei schlechtem Management könnten jedoch Verbindlichkeiten entstehen, die den Immobilienwert übersteigen."

Risiko prüfen und verringern

Der Anleger sollte daher nicht nur genau prüfen, ob das Projekt auf dem Papier überzeugend klingt, sondern auch, ob die Macher im Hintergrund vertrauenswürdig sind. Gute Portale stellen ausführliche Informationen zur Verfügung und geben eine Risikoeinschätzung ab. Und: Mit der Investition von kleineren Beträgen in mehrere Projekte mit kurzen Laufzeiten lässt sich das Risiko verringern. Der in Palma ansässige Finanzierungsfachmann Daniel Pires, der vor allem für deutsche Immobilienkäufer auf Mallorca die Hypotheken von spanischen Banken vermittelt, sagt dem Immobilien-Crowdinvesting eine große Zukunft voraus: „Die teils schwerfälligen Banken werden sich noch um­gucken. Je ausgereifter die Technik der Portale und ihre Risiko­bewertungen werden, desto größer wird ihr Anteil an den Finanzierungen. Früher gaben die Anleger ihr Erspartes erst der Bank, die es dann als Kredit weiterreichte. Künftig werden immer mehr Anleger direkt selbst zum Kreditgeber - und die Banken bleiben außen vor."