Wenn Verstöße gegen das Baurecht auf Mallorca in der Vergangenheit oft ungesühnt blieben, hatten die Lokalpolitiker im Rathaus einen entscheidenden Anteil daran: Sie ließen zu, dass die „Bausünden" verjährten oder Geldbußen nicht angewandt wurden. Das könnte den Politikern ab 2018 teuer zu stehen kommen: Dann drohen laut dem neuen Bodenordnungs- und Flächennutzungsgesetz auf den Balearen (Ley del Suelo) Geldbußen in einer Höhe, die dem Wert des illegalen Bauprojekts entsprechen.

„Das ist einer von vielen Punkten, aber lange nicht der wichtigste", meint Lluís Corral, Generaldirektor für Raumordnung bei der Landesregierung, gegenüber der MZ über das Gesetzesprojekt, das jetzt Vertretern der Baubranche sowie Umweltschützern vorgestellt wurde. Der frühere Vorsitzende der Architektenkammer will bis Jahresende ein Regelwerk vorliegen haben, das nicht nur Spekulation und Korruption unterbindet, sondern auch langfristig für Rechtssicherheit sorgt und einfacher umgesetzt werden kann.

Das Gesetzesprojekt beruht zwar „zu 80 Prozent" auf einem 2014 von der konservativen Vorgänger­regierung beschlossenen Regelwerk. Doch es werden investorenfreundliche Passagen gestrichen und Restriktionen aufgenommen, die Verstöße strenger ahnden und einer weiteren Zersiedelung Mallorcas vorbeugen sollen.

Keine Frage - die Baupolitik auf Mallorca wird auf allen Ebenen restriktiver. So prüft derzeit auch der Inselrat, die Mindestgröße von ländlichen Baugrundstücken zu erhöhen - das sei wegen der Attraktivität der Ferienvermietung nötig.

Streitpunkt der Ley del Suelo ist etwa eine von der PP beschlossene Amnestie für illegale Bauten auf dem Land, die die Linksregierung mit ihrem Machtantritt 2015 auf Eis gelegt hatte. Sie galt für Verstöße, deren Verjährungsfrist von acht Jahren abgelaufen war und die nicht zur Anzeige gebracht worden waren. Das Gesetzesprojekt eliminiert die Amnestie nun vollständig - rechtzeitig, bevor Ende des Jahres die Übergangsregelung auslaufe, so Corral. Zudem sollen Verstöße künftig erst nach 15 Jahren verjähren - dann sind zwar keine Strafen mehr möglich, es dürfen aber auch keine Lizenzen für Umbauten oder Sanierungen ausgestellt werden. Und nicht nur das: Sanktionen sollen auch die Firmen riskieren, die illegale Häuser mit Wasser oder Strom versorgen.

Gar nicht erst spekulieren

Neu ist auch eine Art Spekulationsbremse: Im Fall von Umwidmungen müssen Gemeinden eine Studie über den realen Wertzuwachs vorlegen - wenn Investoren deutlich mehr abschöpfen, soll die Differenz der öffentlichen Verwaltung zufallen. Andererseits sollen Investoren, die größere Baugrundstücke in Erwartung steigender Preise vom Markt längere Zeit zurückhalten, mit Geldbußen belegt oder gegen Ausgleichsleistungen gezwungen werden können, das Gelände anderen Bauherren zu überlassen.

Dabei geht es nicht nur um die Verhinderung möglicher Spekulation, wie Corral erklärt: „Wir wollen, dass das bereits vorhandene Bauland maximal genutzt wird, statt neues zu erschließen." Zu dieser Zielsetzung passt auch, dass die Linksregierung von der PP beschlossene Erleichterungen für die Legalisierung noch nicht erschlossener Urbanisationen aus dem Gesetz kippen will.

Machtzuwachs für Inselrat

Im Gesetzestext schwingt ein nicht zu überhörendes Misstrauen gegenüber den Rathäusern mit, in denen in der Vergangenheit allzu oft gemauschelt wurde. Den Kommunen fällt zwar laut Gesetz die Vergabe von Baugenehmigungen und die Kontrolle von Verstößen zu - doch die Landesregierung will nun die Rolle von Mallorcas Inselrat stärken. Bislang ist dessen Agentur für Baudisziplin nur für die 15 Gemeinden zuständig, die ein vorheriges Abkommen mit dem Inselrat abgeschlossen haben. Das neue Gesetz soll dem Consell darüber hinaus die Kontrolle über alle Gebiete einer Gemeinde einräumen, die in Folge eines Landes- oder staatlichen Gesetzes unter Schutz stehen. Paradebeispiel sind die sogenannten ANEI - Landschaftsschutzgebiete, in denen besonders strenge Regeln für jegliche Bebauung gelten.

Saftige Geldbußen für alle

Darüber hinaus droht die Landesregierung den Bauherren drakonische Geldstrafen an: Sie sollen künftig in Extremfällen und auf dem Land bis zu 300 Prozent des Wertes eines illegalen Bauprojekts betragen. Aber auch in Ortskernen können die Geldbußen bis zu 100 Prozent ausmachen. Weil in der Vergangenheit zudem viele Bauherren über Jahre hinweg Abrissbescheide aussaßen, soll es auch Geldstrafen für die Verschleppung solcher Anordnungen geben. Angedacht sind zehn Prozent des Wertes des Bauprojekts - und zwar pro Monat und über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr, falls weiterhin nichts passiert. Zur Rechenschaft gezogen werden können schließlich auch die politisch Verantwortlichen in Rathäusern für den Fall, dass sie zulassen, dass Verfahren verjähren oder Geldbußen nicht angewandt werden. Auch hier entsprechen die Strafen dem Wert des Bauprojekts.

Derzeit ist das Gesetzesprojekt öffentlich ausgelegt. Der Zeitplan sieht vor, es im Mai ins Balearen-Parlament einzubringen und vor Jahresende zu verabschieden, damit es unmittelbar in Kraft tritt. Ob es mit dem geplanten „maximalen Konsens" klappt, ist jedoch derzeit fraglich. Der Verband der Gemeinden kritisierte, vorab nicht ausreichend konsultiert worden zu sein. Und PP-Fraktionssprecherin Margalida Prohens sprach von geplanter „Abzocke" und „Enteignung".