Es ist erst ein paar Wochen her, dass das Schweizer Ehepaar im Rathaus Calvià im Südwesten von Mallorca vorstellig wurde, um seine Pläne für den Bau eines Altersruhesitzes vorzulegen und eine Lizenz zu beantragen. 1,5 Millionen Euro hat das Paar für das rund 10.000 Quadratmeter große Grundstück in der Urbanisation Son Font nahe dem Ort Calvià bezahlt. Laut den bisherigen Bauvorschriften in der Großgemeinde hätte hier ein 250 Quadratmeter großes Haus plus Pool entstehen dürfen.

Doch jetzt kommt den Investoren die Baupolitik der in Calvià regierenden Sozialisten in die Quere: Das Rathaus hat einen neuen Raumordnungsplan (PGOU) auf den Weg gebracht und hierfür einen einjährigen Genehmigungsstopp für Lizenzen in bestimmten Gebieten erlassen. In Son Font beispielsweise, das mit am stärksten betroffen sein dürfte, soll die bebaubare Fläche auf 150 Quadratmeter schrumpfen, der Bau von Pools ganz und gar untersagt werden.

Das Beispiel des Schweizer Ehepaares erzählt Immobilienunternehmer Lutz Minkner, der entsetzt ist vom Coup im Rathaus Calvià. Die Entscheidungen seien mit heißer Nadel gestrickt, so Minkner, der Vergleiche zu Pippi Langstrumpf zieht, nach dem Motto: „Ich mach' mir die Welt, wie sie mir gefällt". Gebiete, wo schon seit Jahrzehnten gebaut werde, sollten plötzlich wieder als ländliches Gebiet eingestuft werden. Der Unternehmer warnt vor Entschädigungsforderungen in dreistelliger Millionenhöhe und prognostiziert einen Gang der Betroffenen nach Brüssel.

Im Rathaus kann man die Aufregung von Investoren und Baufirmen über das „verkappte Moratorium" nicht nachvollziehen. Offenbar hätten einige aus der ersten Lektüre des Entschlusses irrige Schlüsse gezogen, heißt es in einer Pressemitteilung vom 14. November, mit der die Gemeinde auf einen ersten Protestschrei reagierte. Der Lizenzenstopp sei eine sinnvolle und gewöhnliche Maßnahme im Vorfeld neuer Bebauungsvorschriften - man müsse verhindern, dass Fakten geschaffen würden, die den künftigen Vorschriften widersprächen.

Die Überarbeitung des sogenannten PGOU (Plan General de Ordenación Urbana) ist ein zentrales Projekt der Linksregierung im Rathaus von Calvià, an dem seit Beginn der Legislaturperiode 2015 gebastelt wird. Ziel: die weitere Zersiedelung der Großgemeinde bremsen und mehr Grünflächen schaffen. Derzeit ist der erste Entwurf, der trotz der Kritik der oppositionellen Volkspartei nicht im Gemeinderat zur Abstimmung kam, zwei Monate lang öffentlich ausgelegt, auch eine Ausstellung im Plenarsaal ist in Vorbereitung. Innerhalb eines

Jahres soll der Gemeinderat dann über den endgültigen Entwurf des PGOU abstimmen.

Die Entwürfe und der Lizenzenstopp werden derzeit von Investoren und Bauträgern intensiv studiert. „Das kam schon sehr überraschend", meint Hans Lenz, Managing Director bei Engel & Völkers Mallorca Southwest. Zum Glück sei man nicht selbst betroffen. Aber die Entscheidung habe nicht nur kurzfristige Folgen für Bauträger und Grundstücksbesitzer, sondern sorge auch auf Jahre für Rechtsunsicherheit, warnt Lenz: „Man weiß schließlich nicht genau, was danach passiert."

Dabei will Jaume Carbonero, Leiter des Baudezernats in Calvià, eigentlich Ordnung in den Bebauungsplan bringen, wie er der MZ am Telefon erklärt. Da gibt es ­beispielsweise in Peguera oder Magaluf sogenannte RU-T-Zonen, in denen sowohl Wohnungsbau als auch touristische Nutzung erlaubt sind. „Das führt zu Verwirrung, wir wollen nur einen der beiden Nutzungstypen genehmigen." In Gebieten mit der Kennung EQ-R soll der private Wohnungsbau eingeschränkt werden. Dann wären da die sogenannten falsos urbanos, Gebiete, die nicht die Voraussetzungen für städtisches Gebiet mitbrächten, so Carbonero - entgegen der Entscheidungen der PP-Vorgängerregierung in Calvià. Betroffen vom Lizenzenstopp sind weiterhin speziell küstennahe Grundstücke. Der Sozialist Carbonero betont allerdings, dass je nach definiertem Gebiet weiterhin Genehmigungen etwa für den privaten Hausbau oder Renovierungen ausgestellt würden. Auch Lizenzen, die vor mehr als drei Monaten beantragt worden seien, blieben beim Vergabestopp außen vor.

Landschaftsschutz hin oder her - das hätte man sich vorher überlegen müssen, statt jetzt nachträglich die Spielregeln zu ändern, lautet der Tenor der Investoren. Zumal es bei vielen Vorhaben eben nicht um Spielgeld, sondern hohe Investitionen geht, wie Projektmanager Peter Germann vom Bauträger Domus Vivendi mit Verweis auf eine Reihe von Betroffenen in der Gemeinde zu bedenken gibt. „Wir haben jedenfalls tief durchgeatmet, dass wir nicht betroffen sind."