Wenn Àngels Fermoselle auf ihrem Laptop durch die Fotos scrollt, die sie vor zwei Jahren auf dem Gelände der alten Kaserne Son Busquets in Palma de Mallorca geschossen hat, ist es wie eine Zeitreise. Lang gestreckte Gebäude mit grünen Fensterläden, leicht schrägen Dächern und weiß getünchten Wänden. An einer sind Einschusslöcher zu sehen. „Da ist wohl bei einer Schießübung etwas danebengegangen", sagt Fermoselle. Große Platanen rahmen die geteerten Wege. Auch eine alte Kapelle ziert das Gelände. „Die Gebäude sind größtenteils in akzeptablem Zustand und haben sehr viel Potenzial", sagt die 59-Jährige und deutet auf eines der Dutzenden Fotos, auf dem der Schriftzug „El hogar del soldado" (das Soldatenheim) über einem Hauseingang geschrieben steht.

Es war in den 50er-Jahren, als das spanische Militär die Kaserne direkt an der Carretera Valldemossa errichten ließ. Auf 111.000 Quadratmetern lebten über Jahrzehnte an die 1.000 Artilleriesoldaten - bis das Gelände 2001 geräumt wurde. „Seitdem steht es leer, aber das Militär lässt es bis heute bewachen, deshalb gibt es keine Spuren von Vandalismus", berichtet Fermoselle.

Sie ist Vizepräsidentin des Denkmalschutzvereins Arca. Gemeinsam mit den anderen Aktiven im Verein engagiert sie sich in ihrer Freizeit dafür, dass historische Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden - oder zumindest mit angemessenem Respekt behandelt werden. „Manchmal kommt es einem so vor, als würden die Politiker nur Prunkbauten wie die Kathedrale und das Schloss Bellver als schützenswert ansehen, dabei gibt es so viele Bauten, die ebenfalls ein Stück Geschichte transportieren", so Fermoselle. Auch im Fall von Son Busquets kämpft sie dafür, dass die Gebäude nicht der Abrissbirne zum Opfer fallen. „Bereits zum Regierungswechsel in Palma vor zwei Jahren haben wir Ideen angebracht, wie man das Gelände nutzen könnte, ohne alles dem Erdboden gleichzumachen, aber wir wurden nicht erhört."

Denn das Rathaus hat eigene Pläne. 831 Sozialwohnungen sollen in Son Busquets entstehen, in denen rund 2.500 Menschen für wenig Geld wohnen können. Die balearische Landesregierung hat dem am Freitag (1.12.) zugestimmt. Welche baulichen Schritte konkret ­eingeleitet werden, liegt jetzt in der Hand des Rathauses. Überlegt wird, bis auf das große Hauptgebäude, in dem früher die Büros der Offiziere untergebracht waren, fast alle bestehenden Bauten abzureißen und durch neue Gebäude zu ersetzen. „Wir finden die Idee, Sozialwohnungen zu errichten, super. Aber das ist auch möglich, wenn man die meisten Kasernengebäude erhält", so Fermoselle. Zwar hätten die Sachverständigen im Rathaus stets positiv auf die Ideen der Denkmalschützer reagiert. Die Politiker aber würden nicht darauf eingehen. Die Bitte um einen Termin mit dem Baudezernenten José Hila blieb bislang unbeantwortet.

Gabriel González, Vorsitzender der Nachbarschaftsvereinigung Tramuntana, Cas Capiscol und Son Busquets steht in Kontakt mit der Stadtverwaltung. Als Reaktion auf die Genehmigung durch die Landesregierung hat er am Montag (4.12.) einen Termin mit dem Bürgermeister bekommen. „Seit 14 Jahren warten wir darauf, dass etwas passiert", sagt er. Den Anwohnern ist das weitläufige leer stehende Gelände ein Dorn im Auge. Es spalte die umliegenden Viertel und sei nicht schön anzusehen. Seit der Schließung der Kaserne stritt er stellvertretend für seine Nachbarn mit den jeweiligen Machthabern im Rathaus um die Zukunft von Son Busquets. „Mit der jetzigen Stadtverwaltung haben wir endlich einen Konsens gefunden, und dann kommt Arca und will dazwischenfunken", schimpft er. Er habe kein Verständnis für das, was die Denkmalschützer fordern. „Und sie haben auch nie das Gespräch mit uns Anwohnern gesucht".

Geht es nach Arca, dann würden die Bauten renoviert. In den großen Hallen, in denen früher die Militärfahrzeuge geparkt wurden, können sich die Denkmalschützer Supermärkte, Fitnessstudios oder kleine Werkstätten und Lofts vorstellen. „Diese Gebäude sind ideal, um eine funktionelle und kulturell attraktive Infrastruktur unterzubringen", so Fermoselle. Die Sozialwohnungen könnten ihrer Meinung nach in den Unterkünften an der Carretera Valldemossa entstehen, die ebenfalls auf der Abrissliste stehen. „Das ist Quatsch, im Sommer gab es einen Brand, die Hallen sind mittlerweile halb zerstört", wettert Gabriel González. Zudem seien sie im Weg, wenn Straßen entstehen sollen, die Son Busquets zum Verbindungsstück der angrenzenden Viertel machen könnten. Und auch die von Rathaus und Anwohnern angedachte Parkanlage rund um die Wohnhäuser würde durch die Hallen nur gestört.

„Mit dem Komplettabriss würde die Stadt wieder ein wenig von ihrem Charakter verlieren", hält Fermoselle dagegen. Die Bauten seien ein Stück Zeitgeschichte, das konserviert werden müsse. „Wir werden weiter dafür kämpfen", sagt sie und klingt fast ein wenig militärisch. Auch die Architektenkammer der Insel hat in Studentenprojekten fiktive Pläne entwickelt, die den alten Kasernenbauten eine neue Funktion zukommen lassen. Die Anwohner wollen von alledem nichts wissen. Gabriel Gónzalez: „Wir haben bereits Lösungen. Und die sollen endlich umgesetzt werden."