Wenn neue Immobilienprojekte auf Mallorca auf den Markt kommen, reihen sich meist die Superlative aneinander: noch luxuriöser, noch weitläufiger, noch tollerer Blick. Vor allem an Villen und exklusiven Anlagen hat die Bauwirtschaft in den vergangenen Jahren verdient.

Dabei sucht die Masse der Kunden genau das Gegenteil: Wohnungen, die mit mallorquinischen Durchschnittsgehältern abbezahlt werden können, dafür aber auch kleiner ausfallen dürfen. „Im Bereich von 40-Quadratmeter-Wohnungen gibt es praktisch nichts, obwohl die Nachfrage riesig ist", sagt Luis Martín, Vorsitzender der Vereinigung der Bauträger auf den Balearen (Proinba). Auch auf Seiten der Investoren sei das Interesse enorm - wären da nicht die restriktiven Bebauungsgesetze auf den Inseln.

Die Zielgruppe der Käufer und Mieter für diese Mikro-Apartments oder minipisos mag nicht die kaufkräftigste sein, ist auf Mallorca aber in jedem Fall quantitativ stark vertreten: die zahlreichen Mitarbeiter der Tourismusbranche, die oftmals nur für die Saison eine Bleibe suchen, junge Leute, die endlich zu Hause ausziehen wollen, Berufsanfänger, eine immer größere Zahl von Singles...

Von Frankfurt nach Palma

Dieser Wohnungsbedarf weckt nun auch das Interesse deutscher Investoren und Bauträger, die gemeinsam ein Projekt für 140 Mikro-Apartments in Palma vorgestellt haben. Mercurius Real Estate, eine Tochtergesellschaft des gleichnamigen Finanzdienstleisters in Frankfurt am Main baut und vertreibt bereits Ein-Zimmer-Apartments in deutschen Innenstädten. Der Bauträger Domus Vivendi wiederum ist bereits seit 20 Jahren auf Mallorca präsent, vor allem aber im Luxussegment mit Projekten wie Elements in Puerto Portals.

Die Balearen-Hauptstadt haben die beiden Partner als idealen Standort für ähnliche Projekte wie in Deutschland ausgemacht. In einer Pressemitteilung heißt es: „Dem stetigen Bevölkerungszuwachs der Stadt steht, wie generell in Spanien, ein nach wie vor knappes Angebot an Mietwohnungen gegenüber." Palma verzeichne nach Madrid und Barcelona spanienweit die höchsten Mietpreise. Deswegen wolle man das Konzept der teilmöblierten Mikro-Apartments sozusagen nahtlos auf das mallorquinische Ballungszentrum übertragen. Derzeit werde der Bauantrag zur Einreichung vorbereitet, man hofft auf die Genehmigung durch Palmas Rathaus im ersten Halbjahr 2019, Details würden noch bekannt gegeben.

Überhitzter deutscher Markt

Es ist aber nicht nur die erwartete Nachfrage in Palma, die hinter dem Projekt steht, sondern auch die Lage in Deutschland. Der Immobilienbaumarkt sei stark überhitzt, speziell am Firmensitz in Frankfurt, heißt es bei Mercurius Real Estate. In Folge des immer knapper werdenden Angebots ziehe es die Anleger zunehmend ins Ausland. Den Investmentbetrag des Objekts gibt die Gesellschaft mit 40 bis 45 Millionen Euro an.

Auch Luis Martín vom balearischen Bauträgerverband verzeichnet ein steigendes Interesse europaweit agierender Investmentfonds an Projekten mit minipisos. Nachdem nicht nur in Deutschland, sondern etwa auch in skandinavischen Ländern bereits Erfahrungen mit diesem Modell gesammelt wurden, müsse nun auch Mallorca folgen.

Martín trommelt schon länger für die Mikro-Apartments und sieht nun erste Anzeichen dafür, dass auch Mallorcas Politik die Zeichen der Zeit erkannt habe. Vor allem im Stadtbezirk Palma hat der Proinba-Vorsitzende Spielräume ausgemacht, da die Stadtverwaltung im Gegensatz zu den anderen Inselgemeinden ­weitergehende Zuständigkeiten bei den Bauvorschriften habe - ansonsten sind die Vorgaben vor allem Kompetenz des Inselrats. Aber auch die Gemeinden Manacor, Inca oder Alcúdia seien attraktive Standorte für Projekte mit minipisos.

Bislang sei das Hauptproblem die Begrenzung der Bauhöhen und das Limit für die Zahl der Wohneinheiten pro Fläche, so Martín. Dabei gehe es nicht darum, die Insel zuzubetonieren oder mit 20-stöckigen Gebäuden die Küste zu verschandeln, beteuert der Bauträger-Lobbyist. Aber was spreche dagegen, die Limits etwa in Palmas Ausfallstraßen aufzuweichen?

Auch das Argument, dass erst einmal leer stehende Bestandsimmobilien auf den Markt gebracht werden müssten, statt neue Gebäude aus dem Boden zu stampfen, lässt Martín nicht gelten. Die häufig weitläufigen Apartments im Zentrum von Palma seien viel zu groß und zu teuer für die Zielgruppe der Mikro-Apartment-Bewohner. Gefragt seien vielmehr Wohnungen mit 35 bis 50 Quadratmetern sowie ein oder zwei Schlafzimmern. Diese könnten in zwei- oder dreistöckigen Gebäuden entstehen, mit Gemeinschaftsräumen etwa für die Aufstellung der Waschmaschine. „Je nach Preis für das Grundstück würden solche Apartments dann mit Angeboten von 90.000 bis 100.000 Euro auf den Markt kommen."

Wie hoch die Miete der minipisos ausfallen könnte, ist noch ungewiss. Die Frage wird auch sein, wie Palma das Problem der Ferienvermietung in den Griff bekommt. Sie gilt einerseits mit als Grund für die Wohnungsnot, könnte aber auch - falls die Stadt mitspielt - einen Anreiz für Mikro-Apartments darstellen.