Claudio Marini benutzt gerne Bilder aus der Welt des Automobils, um zu beschreiben, was das neue Tristán ausmacht. Nach der Generalüberholung im Winter sei das 25 Jahre alte Lokal jetzt ein Oldtimer mit dem Komfort eines Maybach und dem Motor eines Ferrari, sagt der Geschäftsführer von Mallorcas bekanntestem Gourmet-Tempel.

Der Ferrari-Motor blubbert im Hintergrund und schneidet Fleisch. Gerhard Schwaiger, seit dem Beginn verantwortlicher Küchenchef im Tristán, geht nicht auf seine Funktion als Renn­aggregat ein. Stattdessen übt sich der Koch in zufrieden klingendem Understatement: „Vorher waren wir ein Lokal mit jugendlichem Gartenfeeling, jetzt sind wir ein Lokal mit erwachsenem Gartenfeeling."

Dem, der das Tristán aus den vergangenen Jahren kennt, werden die Neuerungen auch ohne Vergleiche auffallen. Beim morgendlichen Spaziergang entlang der Luxusyachten im Hafen von Puerto Portals ist eine ganze Brigade von Putzkräften dabei, dem nun rundum verglasten Lokal auch zu optischem Glanz zu verhelfen. Überall wird gewischt und poliert: die komplett zu öffnenden Glaselemente, der Teakholzboden, das neue gewölbte Glasdach, unter dem Holzapplikationen den Lichteinfall dämpfen, gemeinsam mit darüber befindlichen Sonnensegeln. Die öffentliche Putzvorführung sei zugleich eine Botschaft, sagt Geschäftsführer Marini. „Die Leute sollen sehen, wie sehr wir uns anstrengen, damit alles perfekt wird."

Noch bis vor wenigen Monaten war das Tristán eine Art luxuriöses Gartenzelt aus Aluminium und Kunststoff. 19 Jahre lang führte das Restaurant als einziges auf Mallorca zwei Michelin-Sterne. Den Verlust eines Sterns Ende vergangenen Jahres schreiben die Tristán-Chefs Marini und Schwaiger vor allem „Mängeln im Außenbereich" zu. Allerdings habe man die schon vor dem Sternverlust erkannt, so Marini. Die Modernisierung des Restaurants sei bereits

seit Februar 2009 geplant gewesen.

Dennoch hat der eingebüßte Stern das Nobellokal ins Herz getroffen. Die Wunde trägt man freilich mit dem Stolz und Lebensmut des frisch Operierten. Nicht nur die neue Außenhülle wurde transplantiert, auch der Küchenbereich kam unters Messer. Effizientere Laufwege für die Servicekräfte wurden geschaffen, das Zusammenspiel der verschiedenen Küchen verbessert. Neben dem Schlemmer-Lokal, das nur am Abend öffnet, ist das zum Patio ausgerichtete Bistro del Tristán mit insgesamt 100 Plätzen mittlerweile mehr als ein abgespeckter Ableger der Sterneküche. Es sei nach 16 Jahren ein eigenständiges Lokal mit eigener Klientel, sagt Claudio Marini. Der Küchenbereich vom Bistro wurde nun vergrößert.

Zusammen mit der vor dem Bistro angesiedelten Lounge-Bar wirken die Angebote der Tristán-Gruppe wie der Stufenplan eines Gourmet-Seminars. In der Bar findet zwischen 12 und 18 Uhr auf schwarz-weißem Designermobiliar der Grundkurs statt. Die Karte mit dem Schwellenangst lindernden Titel „Petit Lunch by Gerhard" bietet zum Beispiel Warmes Baguette mit iberischem Schweinerücken, Tomaten und Blauschimmelkäse für 9 Euro oder Schwarzen Kalamar für 9,50 Euro.

Auf der Bistro-Terrasse, im Fortgeschrittenen-Seminar, gehen Preis und Angebot ein bis zwei Stufen nach oben. Ganz oben, im Tristán, lernen unerfahrene Gourmets, dass man auch bei nur einem Stern so viel zahlt wie zuvor. „Wir hätten uns ja selbst 25 Jahre lang verraten, wenn wir unsere Preise nach Michelin-Sternen ausgerichtet hätten", sagt Gerhard Schwaiger. „Bei uns zahlt man selbstverständlich für das Produkt." Daran habe sich nichts geändert.

Veränderungen gibt es aber doch, worauf die Überschrift der Tristán-Speisekarte unmissverständlich hinweist: „Die Zeiten ändern sich, und wir uns mit ihnen." Gemeint ist eine größere Menüauswahl und mehr Freiheiten, einzelne Menükomponenten miteinander zu kombinieren. Im „neuen" Tristán kann man wählen zwischen zwei und sechs Gängen, mit Preisen zwischen 82 und 155 Euro. Zudem hält das Lokal ein Tapas-Degustationsmenü bereit (nur tischweise), wahlweise mit fünf oder sieben Gängen, und Preisen von 129 und 159 Euro. Gourmetkunden wollen nicht bevormundet werden, begründet Marini die neue Vielfalt.

Das Team aus dem extrovertierten, in der Nähe von München aufgewachsenen Italiener Marini und dem Schwaben Schwaiger mit seiner Ausstrahlung eines ruhenden Vulkans verschweigt nicht, wohin die Reise mit dem runderneuerten Oldtimer Tristán gehen soll. „Wir wollen den zweiten Stern zurück", sagt Marini. „Und wenn wir den haben, wollen wir auch noch mehr." Und mit welchem Kraftstoff fährt das Führungsduo? „Leidenschaft, Vision, Akribie", sagt Marini. „Wir sind unterschiedliche Typen, aber wir haben beide den Drang, uns immer steigern zu wollen."

Restaurant Tristán, Di - So 20 - 23 Uhr, Tel.: 971-67 55 47, El Bistro del Tristán, 13 - 15.30 und 19 - 22.30 Uhr (im Sommer 13 - 15.30 und 19.30 - 23 Uhr), Tel.: 971-67 61 41, Local No 1, Edificio Capitania, Puerto Portals

www.grupotristan.com