Von Brigitte Kramer

Die Arbeiten verbindet ein Trend, den die Leiterin der Biennale, Flora Pescador, ausgemacht hat: „Nachhaltigkeit, soziale Integration, Zugänglichkeit, Menschlichkeit", nannte sie als Ideen, die heute hinter guter Architektur in Spanien stehen. Oder auch: Die besten Architekten integrieren Tageslicht und Frischluft in ihre Bauten, verwenden umweltfreundliche Materialien, betten die Häuser in das Umfeld ein, denken an die Menschen, die sie nutzen, und passen sie an deren vitale und organisatorische Bedürfnisse an: In Spanien und anderswo gibt es immer mehr Gebäude zum Wohlfühlen.

Der Hauptpreis der Biennale 2007 ging an die katalanische Architektin Carme Pinós für einen Büroturm in der mexikanischen Stadt Guadalajara. Eine Fassade aus verstellbaren Holzlamellen verleiht den drei Einzeltürmen des 63 Meter hohen Wolkenkratzers Leichtigkeit. Zudem haben alle Arbeitsräume direkten Lichteinfall und sind gut belüftet. Neonlicht und Air-Condition seien überflüssig, so Pinós.

Den erstmals verliehenen Preis für städtische Wohnanlagen bekamen der Mallorquiner Jaume Coll und die Kanadierin Judith Leclerc für einen großen Eckbau in Barcelonas Ensanche-Viertel. Sieger aus La Coruña

Als bestes Werk von Nachwuchsarchitekten prämierte die Jury das „Centro de las Artes" in der galicischen Stadt A Coruña, in der eine Tanzhochschule und eine Bibliothek untergebracht sind (Entwurf: Victoria Acebo und Ángel Alonso). In dem würfelartigen Bau aus holzverschaltem Beton, Metall und Glas wurde besonders die räumliche Umsetzung seiner doppelten Nutzung gelobt sowie die „netzartige Brechung der Innenräume" und deren Effekt von Weite und Leichtigkeit.

Großformatige Fotos auf dynamisch angeordneten Stellwänden zeigen nun in Palma diese und 29 weitere Arbeiten. Es ist das erste Mal, dass dieses Best of zeitgenössischer spanischer Architektur auch auf den Balearen sehen. Die Wanderausstellung „IX. Bienal Española de Arquitectura y Urbanismo" war in den 18 Jahren seit der Gründung der Biennale immer an den Balearen vorbeigezogen. „Jetzt sind wir endlich auf dem aktuellen Stand", sagte der Dekan der Architektenkammer Mallorcas, Luis

Corral, bei der Präsentation der Schau am 10. April.

Corral nutzte die Gelegenheit, um die Balearen architektonisch in Bezug zu anderen spanischen Regionen zu setzen. Keiner der 32 ausgewählten Bauten stehe auf dem Archipel, so Corral, doch es gebe einige Verbindungen zur spanischen Architektur-Elite, allen voran die drei nun prämierten Architektenbüros.

Carme Pinós hat die Grünanlage Parc de ses Estacions am Bahnhof von Palma entworfen. Der Park wurde unter der konservativen Stadtregierung mehrmals verändert und schließlich „völlig zerstört", wie der derzeitige Baureferent Jaume Carbonero (PSOE) bei der Eröffnung der Schau ergänzte. „Ich verspreche hiermit öffentlich, dass so etwa unter meiner Verantwortung nicht passieren wird," sagte er. Jaume Coll, 44-jähriger Architekt aus Palma, hat zusammen mit Judith Leclerc die Musikhochschule der Balearen entworfen, die 1999 in der Insel-Hauptstadt eröffnet wurde.

Victoria Acebo und Ángel Alonso, die prämierten Nachwuchsarchitekten, haben im vergangenen Jahr den von der damaligen Landesregierung unter Jaume Matas ausgeschriebenen Wettbewerb zum Bau des neuen Messegeländes der Balearen am Flughafen gewonnen. Ob das Mammutprojekt (110 Millionen Euro) jemals gebaut wird, ist unklar. Alonso und Acebo haben sieben Jahre lang an ihrem Entwurf gearbeitet, der seitens der wechselnden Regierungen mehrmals verändert worden war.

Womit Baureferent Jaume Carbonero beim Thema „staatliche Bauvorhaben" angelangte. Die gute Schule der öffentlichen Ausschreibung von Bauaufträgen zeige erste Erfolge, sagte er. Und: Sozialer Wohnungsbau, wie ihn die Stadt betreiben wolle, sei mit Qualität vereinbar.

Die prämierte Anlage von Coll-Leclerc in Barcelona ist hierfür ein Beispiel. Rund um die Uhr benutzt wird die lichtdurchflutete Anlage, in der um einen begrünten Innenhof herum 45 Sozialwohnungen von 40 Quadratmetern Grundfläche, eine Krippe, ein Kindergarten, eine Grundschule sowie 410 Parkplätze untergebracht sind. Aluminium, Holz und Glas lassen ein Gefühl von Leichtigkeit, Helligkeit und Größe aufkommen. Die Autoren wollten Räume wie „kleine Lebensgenüsse" schaffen.

In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

Palmas Weg zur Kulturmetropole

Vernetzt und verschränkt: Anett Stuth in der Galería Maior

Verknotet und verschlungen: Frank Stella bei Pelaires