Programm: Beethoven und Brahms. Interpreten: Soojin Anjou, Elsa Brown und Pablo Bercellini vom Berliner Symphonie Orchester. Der Ort: ein umgebauter Hühnerstall in Andratx.

Wenn am Samstag (23.5.) im Veranstaltungssaal der Kulturvereinigung Sa Taronja rund hundert Besucher - viel mehr gehen nicht rein - das zweite Konzert der „Serenata Berlin 2009“ hören, sind sie zugleich Zeugen einer einzigartigen Kulturinitiative. Dass hochklassige Instrumentalisten seit 2006 auf regelmäßiger Basis in dem Dorf auftreten, hat zwei Gründe: Tina Horne, die Betreiberin des Kulturvereins, ist eine kreative Macherin. Und die Musiker der Berliner Symphonie scheinen verrückt nach Mallorca zu sein. Sie spielen gratis. Ihr einziger Lohn ist eine Woche Urlaub bei Tina.

Ihren Ausgang nahm die Kammermusikreihe, die von Ostern bis Oktober ungefähr jeden Monat ein Konzert bietet, mit einem Zufallstreffen in einer Bar in Palma. Ein urlaubender Musiker schwärmte über die Insel und seufzte: „Wie schön wäre es, wenn ich das mit meinen Kollegen genießen könnten!“ Worauf Horne sagte: „Dann kommt doch und spielt etwas!“

Geboren war das Projekt „Serenata Berlin“. Der Deal: Sa Taronja bezahlt Flug und Aufenthalt, die Musiker geben gratis ein Konzert und spielen damit für den Verein die Kosten herein. Und das Publikum in Andratx kann für lächerliche Eintrittspreise Kammermusik auf internationalem Niveau genießen. Manchmal - wenn man im Restaurant saß und die Tür zum Probenraum offen stand - auch gratis.

Es war zu schön, um wahr zu sein …

Im zweiten Jahr die ersten Probleme: Die Flugkosten stiegen, ein großer Sponsor stieg aus, die Rechnung ging nicht mehr auf. Die rettende Idee kam von den Musikern: Das Repertoire ist eingeübt, das Ensemble auf der Insel, warum nicht ein zweites Konzert geben und an einen anderen Veranstalter verkaufen?

Es funktionierte. Nicht nur fürs Publikum, nicht nur für Sa Taronja. Auch die Musiker des Berliner Symphonie Orchesters sind so begeistert von der „Serenata Berlin“, dass die polnische Violinistin Kamila Glass sehr auf eine gerechte Verteilung der begehrten Tickets nach Andratx achten muss. Sie sitzt am Berliner Ende des Organisationstelefons und hat sich im vergangenen Jahr sogar mal „freigekauft“, um in Andratx eine Woche verbringen zu können. Das heißt, dass sie einen Ersatzmusiker für die Symphoniker aus eigener Tasche bezahlte. Nicht nur, weil es ihr bei Tina Horne so gefiel. „Kammerkonzerte sind bei Musikern sehr beliebt“, erklärt sie. „Und für Andratx können wir uns Besetzung und Repertoire frei aussuchen. Das ist paradiesisch!“

Paradies - so nennt Tina Horne auch ihr Haus, in dem sie die Musiker zu Gast hat. Rund um die Serenata Berlin hat sich unterdessen ein Geflecht von Minisponsoren gebildet, die das Projekt am Leben und den Klangkörper bei Laune halten. Sa-Taronja-Organisator Jan Kobrzinowski, auch er Musiker, singt ein Loblied auf den Autovermieter Hasso und berichtet von Privatleuten und kleinen Firmen, die auch mal ein paar Flaschen Wein vor der Tür stehen lassen.

Übrigens mache sich der „Hühnerstall“ erstaunlich gut als Konzertsaal: „Diese verwinkelte Eisenkonstruktion, der Steinfußboden und das Ziegeldach erzeugen zufällig eine Superakustik für Kammermusik.“

Für die Konzerte steht endlich auch ein gutes Klavier bereit, das allerdings erst zur Hälfte bezahlt ist. Sa Taronja bietet die Tasten virtuell zum Verkauf an: 88 Stück à 88 Euro. Gut 40 sind bereits weg.

Trotzdem knirscht es finanziell, denn im Krisenjahr 2009 wurde noch kein einziges Konzert weiterverkauft. Kamila Glass bangt: „Ich will gar nicht wissen, wie viel Tina aus eigener Tasche reinstecken muss.“ Die Angesprochene wiederum hofft auf private Interessenten … „Ein erstklassiges Kammerensemble ab 600 Euro, das gibt es sonst nirgendwo.“

Konzert der Serenata Berlin am 23.5. um 21 Uhr in Sa Taronja, Andratx, mit Werken von Beethoven und Brahms. Eintritt: 20 Euro (bis 16 J. gratis). Tel.: 971-23 52 68. www.serenataberlin.com

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