Es wird eine Welturaufführung ohne roten Teppich und Blitzlichtgewitter. Möglicherweise kommt nicht mal der Regisseur, denn seine Frau erwartet in dieser Zeit ein Kind. Am Freitag (23.4.) um 20.30 Uhr wird in den Cines Porto Pi in Palma zum ersten Mal „Meins" gezeigt. Das Besondere: Der auf Mallorca gedrehte 80-Minuten-Streifen ist das Werk eines deutschen Immobilienunternehmers namens Christian Pfleger, der bis dahin nur einen zweiminütigen Kurzfilm gemacht hatte - als Abschlussarbeit eines 7-Tage-Crashkurses im Filmemachen.

An seiner ersten filmreifen Inszenierung wirkte der heute 39-Jährige als Kind mit, wenn die Mutter ihn und seinen Bruder aufforderte, kleine Teufel zu spielen, damit die Zöllner nicht auf die Idee kamen, dass die beiden Nervensägen im VW-Bus auf Schmuggelgut saßen. Die Mutter lebte als Hippie auf Ibiza, handelte mit Kunsthandwerk (oder was gerade „ging") und kurvte im Winter in Marokko, Frankreich oder auf dem spanischen Festland von Markt zu Markt.

Wegen des Wanderlebens besuchte Pfleger um die 20 verschiedene Schulen. Später lebte er in Holland und Costa Rica, 1997 zog er nach Mallorca. Hier etablierte er sich rasch als Immobi­lienunternehmer mit einem Büro direkt gegenüber vom Parlament. Spezialität: Wohnungen in der Altstadt.

Warum kratzte er vor vier Jahren sämtliche Ersparnisse zusammen und erbettelte Kredite, um einen Spielfilm zu drehen? „Mich nervte, dass ich künstlerisch nichts zustande brachte", erzählt Pfleger. „Ich kann nicht singen, nicht malen, aber Filme haben mich immer fasziniert."

Vor etwa zehn Jahren nahm er als Statist an Dreharbeiten für Werbespots teil. Das hieß: stundenlanges Warten und wenige Minuten Action. Doch während sich seine Kollegen langweilten, fand Pfleger die Drehtage extrem spannend. Er beobachtete, wer auf dem Set was tat, und fühlte ein Kribbeln. Allmählich erwachte der Wunsch, einen Film zu drehen. Er begann, an einem Drehbuch zu arbeiten und Mitstreiter zu suchen. Doch niemand wollte mitziehen. Dann riet eine Freundin: Mach das Ding einfach selbst!

Ein paar Jobs als Statist waren ihm als Vorbereitung für seine ­Cineastenkarriere dann doch zu wenig. Also belegte er einen einwöchigen Kurs bei der Mallorca Film Academy, „bei dem man von allem ein bisschen lernte". Am letzten Tag stand ihm für zwei Stunden eine Crew zur Verfügung, um ein Filmchen zu drehen.

So kurz das Kürslein war - nun hatte er Kontakte. Darüber ­hinaus las Kursleiter Lou Bender das Drehbuch und gab ihm wichtige Tipps. Zum Beispiel, dass in den ersten zwölf Minuten eines Films etwas passieren muss, das den Zuschauer an den Stuhl fesselt. „Hatte ich nicht, musste ich einbauen."

Pfleger fand Schauspieler, die zwischen anderen Verpflichtungen Zeit und Lust hatten, für wenig Geld an einem kuriosen Projekt mitzuwirken - in den Hauptrollen: Johannes Helmig und Tina Grawe -, sowie eine Crew, die sich zum Teil aus Studenten der Mallorca Film Academy (heute München Film Academy) zusammensetzte. Wie viel ihn der Spaß kostete, will Pfleger nicht sagen. Nur so viel: „Andere leisten sich einen Porsche, ich habe halt einen Film gemacht."

Im März 2006 wurde gedreht. Der Film erzählt die Geschichte einer Frau, die ihren Ex-Freund kidnappt, um ihn mit Gewalt zurückzugewinnen. Um Geld zu sparen, siedelte Pfleger die Handlung an nur fünf Drehorten an. Und brachte etwas Bemerkenswertes zustande: Obwohl als Geldgeber, Drehbuchautor und Regisseur quasi der Gott dieser Produktion, ließ er die Profis machen. Der Cutter etwa schmiss gnadenlos eine aufwendig produzierte Szene raus, für die ein kompletter von insgesamt 17 Drehtagen draufgegangen war. Pfleger: „War eben so."

Nach einer Aufführung für Schauspieler, Crew und geladene Gäste im Ocimax, Palma, vertrieb er den Film als DVD per Internet. Um die 1.500 Kopien konnte er bisher absetzen. Warum die späte Premiere? Pfleger zuckt die Achseln. „Für die Zulassung war einiges an Papierkram zu erledigen, das hat sich so dahingeschleppt."

Schon arbeitet er am nächsten Drehbuch: eine fiktive Geschichte auf dem Ibiza der 70er Jahre. Fürs Ambiente kann er sich direkt aus seinen Kindheitserinnerungen bedienen.

„Meins", Spielfilm in Deutsch mit span. Untertiteln, ab 18 J., 23.-29.4., Centro Porto Pi.

In der Printausgabe vom 15. April (Nummer 519) lesen Sie außerdem:

- Kunst und Kalorien: Art Palma Brunch mit elf Galerien

- „Ai Quaquin!": Das Theater um die Rückkehrer

- Der väterliche Patriarch: Gabriel García Márquez

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