Herbert Hundrich ist schon lange dort, wo viele hinwollen. Er lebt seit 25 Jahren von der Kunst, er besitzt auf Mallorca ein riesiges Atelier, und er hat einen Hund, der aufpasst, dass keine Katzen über frisch gemalte Aquarelle laufen. Trotzdem hat der 62-jährige geborene Ostfriese vor sieben Jahren beschlossen, sich aus dem Betrieb zurückzuziehen und alles in Frage zu stellen, was er bisher geschaffen hatte.

Am Donnerstag (11.11.) eröffnet Hundrich im Palmyra Sculpture Centre in Establiments unter dem Titel „Night x Day" eine Ausstellung mit großformatigen Werken, die für den neuen Hundrich stehen. War er bislang bekannt für großflächige Streifenbilder, Aquarelle und Steinskulpturen, so heißt sein neuer Werkstoff Polyester, ist seine neue Prämisse eine noch radikalere Abkehr vom Endgültigen: Kein Kunstwerk befindet sich im Endzustand, jede Skulptur kann zersägt und neu zusammengesetzt werden.

Schuld daran sind – überspitzt formuliert – die Israelis und Palästinenser. Der Hintergrund: Hundrich ist nicht „nur" Maler und Bildhauer. Mit seiner Kunst will er eigentlich nichts „sagen", denn „wenn ich etwas Konkretes bezwecken möchte, mache ich nicht Kunst, sondern ein kulturpolitisches Projekt."

Dabei hilft ihm seine enorme Bandbreite als Künstler. Er hat Filme gedreht, hat mit Performances und Installationen Aussagen zu konkreten Themen vermittelt. Und er hat an Projekten wie Woodhouse teilgenommen, einer Art Friedens-

camp für Jugendliche aus Nahost, in dem kreatives Arbeiten Gemeinsamkeit schafft. „Konflikt­situationen wie diese strahlen auf die Kunst aus", sagt Hundrich. „Wenn ich von Israelis und Palästinensern verlange, ihre tief sitzenden Denkstrukturen zu hinterfragen, muss ich das auch von mir selbst als Künstler verlangen."

Tut er. Schon mehrere Male hat Hundrich einen Schlussstrich gezogen und neu angefangen. 1994 etwa spazierte er mit Zeichenblock und Sechs-Farben-Aquarellkästchen in die Wüste von New Mexico, um das Malen neu zu lernen. Vor sieben Jahren ging er noch radikaler vor, da gebrauchte er nur noch Papier und Bleistift. Ausgehend von diesen Versuchen arbeitete er nahezu fünf Jahre lang an einer neuen Sprache.

Nicht ganz ohne Prämisse: Seit langem hatte er davon geträumt, das Leichte und Fließende des Aquarells mit dem Soliden der Bildhauerei zu verbinden. Das Material Polyester bot ihm diese Möglichkeit. „Handwerklich ist das eine große Herausforderung, denn es handelt sich um eine Flüssigkeit, die erst mit einer zweiten Komponente erstarrt."

Jahre vergingen, bis er Verfahren und Material gebändigt hatte und mit den Resultaten zufrieden war. Verblüfft sei er dann über die Wirkung seines, wie er sagt, „absichtslosen Tuns" gewesen. Als er eines seiner riesigen Polyester-Skulptur-Bilder das im Palmyra zu sehen sein wird, einem Freund zeigte, sagte der, er könne das Werk unmöglich erwerben. „Es war keine Frage des Geldes, sondern der Konsequenzen. Er meinte, er müsse für dieses Bild einen ganzen Raum leer machen und sich dabei auch selbst in Frage stellen." Da habe er, Hundrich, nur noch gedacht: Wow!

„Night x Day / Hundrich", Palmyra Sculpture Centre, Establiments. Samstage und Sonntage von 16 bis 20 Uhr oder nach Absprache. Tel. 600-96 29 55. Bis 11.12.