Man könnte Wolfgang Löhnert zunächst für einen Träumer halten, für einen eloquenten Spinner. Aber dieses Attribut hat sich der Anwalt aus Wien nicht verdient, dafür hat er schon zu viel auf die Beine gestellt. Seit 19 Jahren organisiert er im Nebenberuf unter dem Titel „Sommerakademie in Griechenland" Kreativurlaub auf einer Insel. Im zweiten Nebenberuf ist er Präsident der Ludwig Salvator-Gesellschaft in Wien und betreibt eine Internetseite, für die er nach und nach sämtliche Werke des von ihm bewunderten Habsburgers einscannen lässt. Bis Ende dieses Jahres sollen 80 Prozent des mehr als 50 oft mehrbändige Titel umfassenden Lebenswerks von Ludwig Salvator (1847-1915) online einsehbar sein.

An Ideen, wie man den Erzherzog in die Gegenwart befördern kann, fehlt es ihm nicht. Aber warum sollte man einem exzentrischen Blaublütler so viel Aufmerksamkeit schenken?

Wer bei Löhnert den Knopf „Ludwig Salvator" drückt, kann für längere Zeit die Ohren auf Empfang stellen. Was der Wiener an seinem Landsmann, der im 19. Jahrhundert zeitweise auf Mallorca lebte und den gesamten Mittelmeerraum bereist und beschrieben hat, faszinierend findet, ist nicht in wenigen Worten erklärt. Aber ein Satz deckt vielleicht einen Großteil dieser Faszination ab. „Es gibt kaum ein aktuelles Thema, bei dem ich Ludwig Salvator nicht einflechten kann."

Die Probe aufs Exempel: Was hätte der Autor des mehrbändigen Werks „Die Balearen" über die Aufstände in den arabischen Ländern gesagt? „Ludwig Salvator hat sich anderen Kulturen mit Neugier und vor allem mit Respekt genähert", erklärt Löhnert. „Die Araber lobte er als vornehm. Wozu sie fähig seien, hätten ja schon die Mauren bewiesen. Das Einzige, was ihnen fehle, sei die Freiheit."

Ein visionäres Statement. Wie kam ein traditionell erzogener Adeliger vor mehr als 100 Jahren auf solche Gedanken? „Wer Ludwig Salvator wirklich verstehen will, muss ihm nachreisen", sagt Löhnert, der genau das tut. Kaum ein vom Erzherzog beschriebener Winkel ist Löhnert unbekannt, und der Wiener machte bei seinem Nach-Reisen eine erstaunliche Entdeckung: „Die von Ludwig Salvator beschriebene Schönheit der Orte hat sich bis heute erhalten." Über die Schriften des Adeligen, sagt Löhnert, hätten sich ihm „Tür und Tor" geöffnet, habe er die besonderen Qualitäten des Mittelmeerraums verstanden.

Der Habsburger sei nicht nur ein Universalgelehrter, sondern auch ein „Universalliebender" gewesen, und als solcher hätte er sich in den Mittelmeerraum sozusagen verknallt. „Aufgrund seiner Neugier und seines von Liebe bestimmten Zugangs hat er begriffen, dass es sich um einen zusammenhängenden Kulturraum handelt, dass die Anrainerländer des Mittelmeers kulturell enorm viel gemeinsam haben." Daher eignet sich Ludwig Salvator, so Löhnert, ideal als „Integrationsfigur des Mittelmeerraums".

Einige seiner Ideen seien natürlich Zukunftsmusik, gesteht Löhnert zu, doch das hindert ihn nicht, zum Beispiel laut von einer neuen Nixe zu träumen, also einem originalgetreuen Nachbau jener Yacht, mit der Ludwig Salvator durch die Welt reiste. „Sie könnte als internationales Friedensschiff die Küste entlang fahren, und man könnte jedem mediterranen Land für ein Jahr die Möglichkeit geben, damit seine Kultur zu vermitteln."

Die Chancen für eine solche Ini-tiative stehen momentan schlecht, weil die Figur des Erzherzogs nur auf Mallorca einigermaßen bekannt ist, nicht jedoch in jenen Regionen, die er seinerzeit bereist und beschrieben hat, und schon gar nicht in seiner Heimat. „Er hat kein einziges Werk über Österreich verfasst", erklärt Löhnert. „Und hat auch nie hier gelebt." Nur begraben ist der Adelige, standesgemäß, in der Kapuzinergruft in Wien.

Auch von einem Kinofilm oder einer TV-Serie spricht Löhnert, aber das sind zugegebenermaßen Träume. Andere Ideen hingegen sind bereits im Stadium der Vorbereitung. So arbeitet der erfahrene Touristiker an der Organisation von Ludwig-Salvator-Themenreisen, die im Jahr 2013 Premiere feiern könnten. Ebenfalls für „mittelfristig realisierbar" hält er einen Ludwig-Salvator-Preis für Verdienste um Kultur, Wissenschaft und Umwelt im Mittelmeerraum „Mit einem Festakt in Son Marroig oder Miramar."

www.ludwigsalvator.com

In der Printausgabe vom 5. Mai (Nummer 574) lesen Sie außerdem:

- Europäerin des Jahres: Tina Horne im Porträt

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