Auf Katalanisch gesungener Pop erobert die Charts – das hatte es in Spanien so noch nicht gegeben. Eine Band aus Barcelona, Manel, steht derzeit ganz oben. Und ­Antònia Font, eine Kultband aus Mallorca, könnte sie dort bald ablösen: Nach zwei Jahren Pause hat die Gruppe um Joan Miquel Oliver am Wochenende ein neues Album namens „Lamperetes" veröffentlicht, das am 25. und 26. April im Teatre Principal in Palma auch live vorgestellt werden soll.

Steht da eine ganz neue, weil katalanischsprachige Ära an? „Nun mal langsam", meint dazu Musikproduzent Miquel Ángel Sánchez (Xocolat). „Das bedeutet nicht, dass plötzlich ganz Spanien katalanische Musik konsumiert, sondern es ist nur ein Symptom für eine durch illegale Downloads veränderte Marktsituation." Während es früher für regionale Gruppen unmöglich gewesen sei, etwa mit einer Madonna-CD zu konkurrieren, reichten heute 10.000 treue Käufer in Katalonien, um ein Album spanienweit in luftige Höhen zu katapultieren, „weil insgesamt weniger verkauft wird".

Das ändert nichts an der Morgenluft, die durch die Szene bläst. Nach Konzerten in Palma und Barcelona wollen die fünf Mallorquiner durch ganz Spanien touren, wo sie zwar keine Stadien füllen, aber so manchen Saal. „Auch von der nationalen Presse wird die Szene heute ganz anders wahrgenommen", gesteht Sánchez zu.

Joan Miquel Oliver und seine Kumpel interessiert die Eroberung des Hit-Himmels wenig. „Wir machen die Musik, die wir von anderen Gruppen gerne hören würden", sagt Oliver. Und die ist musikalisch oft originell, manchmal überraschend ruhig, doch dank einer Mischung aus Poesie und Ironie mit Tiefgang ausgestattet: Antònia Font (den Namen haben sie von einer Studienkollegin geliehen) singt seit 14 Jahren über eher merkwürdige Themen wie Weltraum, Technik und – in „Lamperetes" – Fortschritt, garniert mit Betrachtungen zum Alltag, zum Menschsein, subtil auch zur Politik: Das Cover zeigt Palmas Gesa-Gebäude („schön") und den neuen Kongresspalast („grässlich").

Die Fans sind entzückt: Die Konzerte in Barcelona sind schon jetzt ausverkauft, in Palma steht Ähnliches zu erwarten.

Teatre Principal, Palma, Montag (25.4.) und Dienstag (26.4.), 21 Uhr, Eintritt: 16 - 20 Euro.

Beth: Es gibt Wichtigeres als den Erfolg

In das Panorama der Rückbesinnung auf die eigene Kultur passt auch Elisabeth Rodergas Cols. Unter dem Namen Beth wurde sie 2003 durch den Eurovision Song Contest bekannt. Seither drängt die vor 30 Jahren in Barcelona geborene Sängerin und Schauspielerin in ernsteres Terrain. 2010 veröffentlichte sie ihr erstes Album auf Katalanisch („Segueix-me el fil"), das durch Verkäufe in Katalonien auf eine respektable Position in den spanischen Charts vorstieß. Wichtiger als Hitlisten ist ihr nach eigenem Bekennen humanitäres Engagement: Vor kurzem reiste die zierliche Katalanin nach Haiti, um Kinder in einem Lager der Erdbebenzone mit einem Musik-Workshop aufzumuntern.

Teatre de Petra, Freitag (15.4.), 21 Uhr, Eintritt: 10 Euro.

Christina Rosenvinge: Leise Lieder mit Literatur

Christina Rosenvinge, Tochter eines Dänen und einer Britin, geboren in Madrid, liest Valéry, Celan, die Bibel. Weil ihre Lieder unter inspirierenden Bedingungen zustande kommen – ihr letztes Album komponierte sie quasi unter einem Baum auf Formentera –, ist das Resultat poetisch und manchmal erfrischend gewagt: Als in Madrid 2005 das Windsor-Gebäude brannte, sammelte sie Papier auf, das aus den Büros segelte, und pickte sich Sätze für ein Lied heraus. Ihr letztes Album, das ofenfrische „La joven Dolores", ist noch mal eine Spur nachdenklicher. Keine fetzige Party-Musik, sondern Poesie mit Gitarre.

Teatre de Muro, Freitag (15.4.), 21.30 Uhr, Eintritt: 15 Euro.

Josephine Foster: Moderner Folk hält alles aus

Die aus Colorado stammende, heute in Spanien lebende Folksängerin und Liedermacherin testet furchtlos und musikalisch kompetent die Grenzen des Genres aus: In ihren Alben hat sie klassische Komponisten wie Schumann, Schubert und Brahms verarbeitet, deutsche Volkslieder aus dem 19. Jahrhundert und – auf ihrer jüngsten CD „Anda Jaleo" (2010) – eine mythische Sammlung spanischer Volkslieder namens „Las Canciones".

Teatre Xesc Forteza, Palma, Dienstag (19.4.), 21 Uhr, Eintritt: 12 Euro.

Nito Mestre: Es waren ­einmal zwei Superstars

Fragen Sie einen Argentinier nach Sui Géneris, und er wird leuchtende Augen bekommen. Unter diesem Namen mischten von 1971 bis 1975 zwei knapp 20-Jährige die spanischsprachige Rockmusik auf. Der eine hieß Charly García; Aus ihm wurde trotz oder wegen intensiven Kokain­konsums eine Art lateinamerikanischer Frank Zappa. Der andere hieß Nito Mestre, hatte im Laufe der Jahrzehnte nicht ganz so viel Erfolg, ist aber dennoch ein gestandener Musiker. Dieser Tage lässt er in Palma den Mythos Sui Géneris noch einmal aufleben. Großartige, melodische Songs mit einer Prise pubertärer Weltschmerz.

Sala Assaig, Palma, Samstag (16.4.), 22 Uhr, Eintritt: 25 Euro.

In der Printausgabe vom 14. April (Nummer 571) lesen Sie außerdem:

- Thema Thelen: Auf den Spuren des Fabulierers

- Zugabe am Ostersonntag: Kuhn jazzt doppelt

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