Als die 47-jährige Journalistin und Kunstkritikerin Cristina Ros im Februar 2008 von Palmas damaliger Bürgermeisterin Aina Calvo per Dekret in den Direktorensessel des Kunstmuseums Es Baluard gehoben wurde, erntete der Vorgang Kritik. Nicht so die Person: Ros bewies Mut zum Experiment, erweiterte die Bandbreite des Programms und öffnete das Museum mit originellen Angeboten für breite Publikumsschichten. Für ihren Nachfolger, der theoretisch am 5. Februar sein Amt antreten sollte, ist seitens der verantwortlichen Institutionen – Balearen-Regierung, Inselrat und Rathaus Palma – noch nicht einmal die Ausschreibung erfolgt. Im Gespräch zieht sie Bilanz und rückt den Begriff Kulturtourismus zurecht.

Am 27.1. wird die Ausstellung von Esther Ferrer eröffnet. Angesichts der Budgetkürzungen die Frage: Was kann das Es Baluard 2012 sonst noch machen?

Sehr wenig. 2009 hatten wir ein Jahresbudget von vier Millionen Euro, 2010 waren es 15 Prozent weniger, 2011 noch einmal 10 Prozent weniger und für 2012 wurden die Zuschüsse um 35 Prozent gekürzt. Wir mussten Projekte wie eine gemeinsam mit dem Centro de Arte Contemporáneo de Málaga geplante Ausstellung von William Kentridge stoppen.

Können Sie die Sparzwänge verstehen?

Jemand hat einmal gesagt: Wenn du Kühlschränke verkaufen willst, musst du Kultur machen. Man könnte das abwandeln: Wenn du Tourismus verkaufen willst, musst du Kultur machen.

Das Konzept des Kulturtourismus scheint aktuell unter die Räder zu kommen.

Generell herrscht hier wohl eine grundlegend falsche Einstellung vor. Salzburg hat die Festspiele und zieht massenhaft Besucher an, aber die Festspiele werden nicht primär als Touristenattraktion organisiert, sondern weil die Kultur ein Bestandteil der Stadt ist. Auf Mallorca hingegen fördert man nach dem Gießkannenprinzip Projekte und Projektchen mit dem erklärten Ziel, die Insel für Touristen interessant zu machen. Das funktioniert nicht, da fehlt Kontinuität, da fehlt ein Projekt. Wir müssen Kultur als etwas Umfassendes begreifen und die Insel zunächst einmal für uns selbst interessant machen, dann wird sie das auch für andere. Und Mallorca hat ein unglaubliches Potenzial, das viel zu wenig genutzt wird.

Haben Sie es genutzt?

Beispiel: Ausstellung Anselm Kiefer. Die kam zustande, weil ein deutscher Sammler hier einen Feriensitz hat und uns die Werke zur Verfügung stellte. Wir hatten Besucher, die dafür aus Lateinamerika und aus den USA angereist waren. Dabei haben wir diese Ausstellung nicht primär als Reise-Incentive organisiert, sondern um den Mallorquinern die Gelegenheit zu bieten, Kiefers Schaffen kennenzulernen. So wie ich mir generell vorgenommen hatte, interessante Künstler vorzustellen.

Was hatten Sie sich bei Ihrem Amtsantritt sonst noch vorgenommen?

Ich wollte erreichen, dass das Es Baluard von der Bevölkerung als etwas Eigenes angenommen wird, und das wurde, glaube ich, erreicht: Wir haben 350.000 Besucher im Jahr, rund 12.000 nehmen an unseren Workshops teil und noch einmal 12.000 kommen zu Veranstaltungen wie Film- und Konzertreihen. Womit ich auch meine Zielsetzung als erfüllt sehe, das Museum zu einer Plattform unterschiedlichster Ausdrucksformen zu machen.

Ihr größter Fehlschlag?

Drei Jahre lang habe ich gespart, wo ich konnte, um einen Budgetüberschuss zu erzielen. Mit dem Ersparten wollte ich einige Probleme des Museums lösen, zum Beispiel, dass wir zu wenig geeigneten Lagerraum für Kunstwerke haben. So habe ich 550.000 Euro auf die Seite gelegt, kann damit nun aber nichts machen: Die drei Trägerinstitutionen schulden uns noch 950.000 Euro fürs vergangene Jahr und ich muss die Reserven aufbrauchen, damit das Museum überhaupt weiterarbeiten kann.

Sehen Sie für die finanziellen Probleme einen Ausweg?

Die Regierung in Madrid bereitet ein Gesetz für Mäzenatentum vor. Wenn man private Zuwendungen im kulturellen Bereich steuerlich begünstigen würde, wäre schon viel gewonnen.

In der Printausgabe vom 5. Januar (Nummer 609) lesen Sie außerdem:

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