Volle Strände, leere Galerien. Das soll sich ändern. Antoni Vera, zuständig dafür, dass die Balearen im Ausland als kultureller Hotspot wahrgenommen werden, hat diese Woche fünf Künstler nach Berlin geschickt. Es ist die erste Initiative des neuen Leiters des Instituts Ramon Llull auf den Balearen.

Die Auswahl dieser Kulturbotschafter hat Vera der Kuratorin Gudi Moragues anvertraut. Die hat ihre Aufgabe gut gemacht und von den Besten, die die hiesige Kunstszene prägen, fünf eingeladen: Den Wahlibizenker Erwin Bechtold (geboren 1925 in Köln), Ñaco Fabré (geboren 1965 in Palma), Guillem Nadal (geboren 1957 in Sant Llorenç), Pep Llambías (geboren 1954 in Alaró) und Robert Ferrer i Martorell (geboren 1979 in Valencia).

Elf Tage lang zeigen sie in dem 400 Quadratmeter großen Veranstaltungsraum „Forum Factory" zwischen Checkpoint Charly, Jüdischem Museum und Unter den Linden abstrakte Kunst vom Mittelmeer. Die Ausstellung heißt „IllArt" (Ill von Illes, Inseln) und läuft bis 18. März. Sie bietet rund 20 großformatige Werke – Malerei und Zeichnungen auf Leinwänden und Papier, Skulpturen, Installationen – und findet zeitgleich zur Internationalen Tourismusmesse ITB statt, rund zehn Kilometer vom Messedamm entfernt.

Diese Nachbarschaft ist beabsichtigt – Antoni Vera soll Kulturtouristen locken –, letztlich aber nicht förderlich. Denn wo dort Ferien verkauft werden, ist hier Anti-Idylle inszeniert: Die farbarmen Arbeiten lassen sich mit gewichtig-reduziert (Bechtold), lyrisch-minimalistisch (Fabré), informell-sinnlich (Nadal), analytisch-rational (Llambías) und präzise-verschlüsselt (Ferrer) umschreiben. Die Kuratorin hat die Werke unter den großen Schirm „Natur und Umgebung", gestellt, unter den eigentlich jede Art von Kunst passen würde.

Gemeint ist damit wohl – aber das kann man gestandenen zeitgenössischen Künstlern nicht antun – ein halb-touristischer Ansatz, bei dem die landschaftliche Vielfalt und der touristische Reiz des Archipels künstlerisch vermittelt werden und beim Berliner Publikum vielleicht Sehnsucht wecken sollen. Der Begriff Landschaftsmalerei darf natürlich nicht fallen und ist auch nicht treffend.

Und trotzdem: Das mediterrane Licht, die Leichtigkeit des Südens, der landschaftliche Reiz drängten sich bei der Präsentation in Palma ins Gespräch, auch deshalb, weil in Berlin zeitgleich Wanderwege durchs Welterbe Tramuntana oder Kajaktouren rund um Formentera vorgestellt werden.

Unmut war zu spüren über das ewige Wahrnehmungsproblem, dem ernst zu nehmende Künstler ausgesetzt sind, die in einem Ferienparadies arbeiten. Anders ausgedrückt: Den Schaden, den die Postkarten-Industrie anrichtet, versuchen Bechtold & Co auszumerzen. Ihre Bilder vermitteln: Es gibt auch intelligentes Leben auf Mallorca.

So sagte Pep Llambías, der in Schwarz-Weiß arbeitet: „Für mich ist Mallorca einfach mein Hauptquartier. Klar – alles, was einen umgibt, fließt in die Kunst ein, aber das mit dem mediterranen Licht hat mit mir nichts zu tun."

Und Robert Ferrer, der bei seinen beweglichen Installationen aus Methacrylat-Linsen, Glitter und Papier offensichtlich mit dem Faktor Licht arbeitet, sprach zwar vom „ungefilterten Lichtspektrum der Insel, das ich unter dem Londoner Himmel nie gesehen habe", aber von impressionistischen Schwärmereien über Mallorca wollte er nichts wissen.

Was die Künstler in Berlin ausrichten sollen, darüber haben Antoni Vera und sein Team vom IRLl lange diskutiert. Die Frage nach dem Zielpublikum tauchte auf. In London soll dieselbe Ausstellung zeitgleich zur Tourismusmesse WTM im Herbst gezeigt werden und mehr Raum zum Austausch mit der dortigen Kunstszene bieten. Projekt-Managerin Karen Müller, zuständig für den Bereich Bildende Kunst beim IRLl, ist realistisch und zugleich hoffnungsfroh. Sie vertraut auf Mallorcas hochkarätige Kunstszene und deren Lockruf. „Gute Kunst überzeugt immer, es ist nur eine Frage der Zeit."

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 8. März (Nummer 616) lesen Sie außerdem:

- Der Skulpturengarten vom Hotel La Residencia

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