Ein Mann in schwarzen Gehrock stapft über einen Kiesstrand. Am Horizont öffnet sich zwischen zwei mächtig aufragenden Felsen der Blick auf das grün schimmernde Meer. „Dieser Strand war einst ein Festplatz für ­Kannibalen" murmelt ein rauschebärtiger Alter in Kniebundhosen und Strohhut, der im Sand nach Knochen buddelt.

Mallorca-Kennern ist der ­Kannibalenstrand aus der Anfangsszene des Films „Cloud Atlas" nur zu vertraut: Es ist die Mündung des Torrent de Pareis bei Sa Calobra - eine der beliebtesten Touristenattraktionen der Insel.

Der bildgewaltige Spielfilm der US-amerikanischen Kultregisseure Lana und Andy Wachowski („Matrix") und des Deutschen Tom Tykwer („Lola rennt") wurde im Sommer 2011 teils auf Mallorca gedreht (siehe Kasten). In Spanien läuft er ab Februar 2013 unter dem Titel „El atlas de las nubes".

Das fast dreistündige, verschachtelte Epos entstand außerdem in Schottland und in den Filmstudios Babelsberg. Es erzählt in sechs Handlungssträngen, die in verschiedenen Epochen angesiedelt sind, von Menschen, die gemeinsam nach der Freiheit suchen. Eine der Storys führt in die pazifische Inselwelt des Jahres 1849. Als atemberaubende Kulisse diente den Filmemachern Mallorcas bergige Nordwestküste rund um Sóller und Sa ­Calobra mit ihren Felsen, Buchten und vorgelagerten Inselchen. Eine Hauptrolle spielt das historische Segelschiff „Earl of Pembroke", das während des Drehs wochenlang im Hafen von Sóller lag.

497 Jahre und fünf Handlungsstränge später ist wiederum Mallorca Schauplatz des Geschehens: Auf Hawaii hausen nach einem verheerenden Krieg nur noch primitive Stämme. Ziegenhirte Zachary alias Tom Hanks klettert mit Meronym (Halle Berry), der Botschafterin des technisierten Volks der ­„Prescients", über einen schwindelerregenden Grat auf die Spitze eines Berges.

„Da oben wohnt der Teufel", glaubt Zachary zu wissen, während Meronym auf dem Gipfel eine futuristische Totenstadt mit Funkstation vermutet. Mallorca-Fans wissen: Der Berg ist der Puig Major, mit 1.445 Metern die höchste Erhebung der Insel. Im Hintergrund sind andere Tramuntana-Höhen auszumachen, wie etwa der Puig de s´Alcadena bei Alaró.

Auch wenn die Landschaft für die Filmszenen vielfach nachträglich bearbeitet, verfremdet und aufgehübscht wurde: Für Inselkenner gibt es so manches spannendes Rätsel zu knacken. Zu welchem Ort gehört das gelbe Kirchlein, das im Hintergrund der Sklavenkolonie zu sehen ist? An welchem Teil der Küste finden sich die markanten Felszacken?

Und so ist Mallorca der heimliche Star dieses Films: Immer wenn die rasante Handlung innehält, die Kamera über spektakuläre Landschaften gleitet, das Auge ausruhen kann, hat das mit der Insel zu tun, die hier prächtig in Szene gesetzt ist. Für Mallorca-Liebhaber und solche, die es werden wollen: Unbedingt empfehlenswert.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 22. November (Nummer 655) lesen Sie außerdem:

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