Miquel Barceló wollte helfen. 35.000 Euro sollte das Bild mindestens bringen, das er für eine solidarische Kunstversteigerung am Samstag (22.12.) in Porreres eigens gefertigt und gespendet hatte. Doch die großzügige Gabe des teuersten lebenden Künstlers Spaniens an eine Gruppe von zehn jungen Leuten aus seinem Dorf Felanitx war leider unnütz.

Die Betroffenen wollten Geld eintreiben, um Strafen und Anwaltskosten zu begleichen - insgesamt brauchen sie voraussichtlich rund 77.000 Euro. Das Gerichtsverfahren startet im kommenden Juni. Doch mehr als knapp 6.000 Euro kamen nicht zusammen. Viele der 69 Werke - gespendet von 40 Künstlern der Gegend - fanden zwar Käufer. Doch für das mit Abstand teuerste Werk, Barcelós „bitxos crucificats" (Gekreuzigtes Getier), ein Schwarz-Weiß-Bild in Mischtechnik auf Papier, hatte niemand genügend Geld. Dennoch wurde die Versteigerung als Erfolg bewertet. „Sie hat einmal mehr gezeigt, dass das Volk nicht schweigt und schlechte Regierende nicht toleriert", sagte die Sprecherin der Angeklagten, Maria Pizà.

Das Volk war tatsächlich gekommen. Rund 300 Inselbewohner wollten den Betroffenen ihre Unterstützung bezeugen. Diese waren im Sommer 2011 mit der Ortspolizei von Felanitx in eine gewalttätige Auseinandersetzung geraten. Inselratspräsidentin Maria Salom und andere Politiker der Volkspartei (PP) hatten den Ort besucht und waren dabei von Demonstranten mit Beschimpfungen empfangen worden. Später eskalierte die Situation, wie auch in anderen Gemeinden in den vergangenen eineinhalb Jahren. Es kam zu Gewalt und dem Einsatz von Tränengas.

Die Folgen waren Geldstrafen des spanischen Innenministeriums und eine Strafanzeige der Gemeinde wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses sowie Respektlosigkeit gegenüber Amtspersonen. Die Widerständler sind seitdem inselweit bekannt: Sie waren die ersten, die zivilen Ungehorsam auf drastische Weise zeigten. Seitdem sind sie die Gesichter einer Gesellschaft, die sich nichts mehr gefallen lässt.

Sie tragen Rastahaare, sind gepierct, haben Tattoos, laufen in abgewetzten Klamotten herum. Sie studieren, suchen Arbeit, erledigen Gelegenheitsjobs. Sie sind zwischen 17 und 30 Jahre und sie sind die Zukunft Mallorcas. Ihre Unterstützer, die am vergangenen Samstagabend ins Auditorium von Porreres kamen, trugen keine Rastafrisuren. Damen mit blondierten Föhnfrisuren, glatt Gescheitelte, Kahlköpfige waren darunter, und natürlich auch viele Durchschnittsmallorquiner mittleren Alters. Sie alle finden „die Sache mit den Jugendlichen aus Felanitx" skandalös, wie ein Rentner aus Porreres sagte. Nicht um Kunst zu erwerben, sondern aus Solidarität hatte er sich ins Auditorium gesetzt. Mehr als 150 andere hatten sich dagegen eingetragen und ein Pappschild mit einer Nummer geben lassen sowie die Liste der Kunstwerke, die es zu ersteigern gab.

Zwei Wochen lang waren die Originale in Felanitx ausgestellt gewesen. Zur Versteigerung selbst wollte das PP-regierte Dorf den Angeklagten aber keinen Ort zur Verfügung stellen, „unter immer neuen Vorwänden, kein Pförtner, defekte Technik und so weiter", sagte Miquel Ángel Lobo, einer der Angeklagten. Die Gemeinde Porreres dagegen zeigte sich solidarisch und überließ den Veranstaltern das Auditorium im Zentrum.

Das füllte sich fast ganz und wurde Bühne für eine sehr zivilisierte Art, Ungehorsam zu zeigen. Zwischen Skulpturen von Ferran Aguiló, Keramiktellern, Fotos von Uferlandschaften oder Aktbildern fanden sich Arbeiten des Graffitikünstlers Marc Peris, Eisenskulpturen von Jaume Canet und andere Beispiele für die vielfältige Unterstützung. Kein einziger Künstler habe abgesagt, erzählt eine der Betroffenen, die junge Künstlerin Mariona Obrador. Auch sie stellte eine Serie von drei Arbeiten zur Verfügung, die sie nach den Ereignissen gefertigt hatte.

Zu den interessantesten Arbeiten gehörten, neben Barcelós teuflischen Echsen am Kreuz, eine Serie von zehn Aquarell- und Tuschezeichnungen von Rafel Joan. Sie tragen den Titel „Flit Felanitx". Flit ist der Name einer bekannten Insektizid-Marke in der Sprühdose. Der Künstler hat sie in Anlehnung an das Tränengas verwandt. Auch dieses Werk wurde eigens für die Versteigerung gefertigt. Comicartig entwickelt Rafel Joan darin eine Verbindung der ähnlichen Wörter sowie der Ereignisse im August 2011. Die Zeichnungen sind als Postkarten für einen Euro zu kaufen, der Erlös kommt den Betroffenen zugute.

Vielleicht führt diese Methode des emsigen Geldsammelns zum Erfolg, auch wenn niemand 35.000 Euro auf einen Schlag locker machen konnte. Die Veranstalter haben zwar zu Künstlern Kontakt, nicht aber zum Kunstmarkt, der sich in Palma zentriert. Die Künstlerin und Angeklagte Mariona Obrador hatte Galerien und Museen der Hauptstadt angemailt, um sie über „die Versteigerung eines Barceló" zu informieren, wie sie sagt, „von unserer Sache habe ich erst am Ende geschrieben." Doch dass in der Provinz das Leben tobt, davon konnte sich von der städtischen Kunstszene keiner überzeugen. Obradors Mails waren unbeantwortet geblieben.

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