Alles fing mit Joan Bibiloni und ­José Milán an, damals in den 70er Jahren. Die beiden Mallorquiner traten vier Jahre lang spanienweit als Gitarren-Duo auf, spielten akustische Folk- und Popmusik aus Spanien und den USA, waren in Barcelona Vorgruppe von Supertramp und nahmen eine Single namens „Duelling Banjos" auf, duellierende Banjos. Der Titel verrät es: Die beiden Virtuosen zupften, was das Zeug hielt, auch auf Banjos oder Mandolinen. Der titel­gebende Song des Albums kam 1972 im Soundtrack des US-amerikanischen Abenteuerfilms „Deliverance" (Beim Sterben ist jeder der Erste) groß raus. Es folgte eine LP namens „Milan & Bibiloni" und wenig später die Trennung. Joan Bibiloni ist bis heute einer der wichtigsten Musiker Mallorcas, und José Milán hat sich seither vor allem als Produzent und Lehrer einen Namen gemacht.

Zu Mallorcas Bluegrass-Szene gehört in dritter Generation auch Guillermo Femenias. Er hat bei ­Bibiloni-Schüler Nando González gelernt, wie man amerikanische Volksmusik mit Offbeat und schwindelerregendem Tempo spielt. González lebt seit den 90er Jahren in Madrid, wo er als Musiker und Schauspieler erfolgreich ist. Femenias ist auf der Insel geblieben und hat im Sommer 2012 ein neues Kapitel in Mallorcas kurzer Bluegrass-Geschichte geschrieben: Er präsentierte die Band Pilgrims, mit seiner Frau Marta Ambròs (Mandoline, Backgroundgesang) und vier anderen Musikern (Ángel Matesanz, Banjo, Enrique Pastor, Geige/Fiddle, Pablo Disalvo, Bass und Beatriz Calderón, Sängerin und Mandoline).

In nur einem Jahr hat sich das Sextett zur spanienweiten Bluegrass-Referenz gemausert. Standen sie im vergangenen Sommer noch im städtischen Kleintheater Mar i Terra auf der Bühne, werden sie dieses Jahr zehn Konzerte auf dem Festland geben, in Madrid, Jaén, Soria, Gandía und Alicante. Die Kulturstiftung der Sparkasse La Caixa hat sie als eine von sechs Gruppen für das Programm Diver­songs 2013 ausgewählt, neben Sahara-Blues und Afro-Jazz. „Eigentlich passen wir nicht richtig dazu", sagt Femenias, „weil wir als ­Mallorquiner amerikanischen Folk spielen." Das Programm will Spaniens kulturelle Vielfalt sichtbar machen und besonders die Musik außereuropäischer Immigranten ins Rampenlicht stellen. Musikalische Vielfalt bieten die Pilgrims zwar schon, aber „echt" sind sie eigentlich nicht. Außer der Sängerin Beatriz Calderón, die Halbamerikanerin ist, sind alle „Pilger" hispanisch geprägt. Ein Argentinier, ein Madrilene und drei Mallorquiner begleiten Calderón bei klassischen Songs wie „Sawing on the Strings" oder „The High Road". Zu ihren Vorbildern gehören ­Sierra Hull, Alison Krauss oder Tim O´Brien. Wer sich wundert, wie Mallorca und US-Folk zusammen passen, kann sich von Femenias aufklären lassen: „Universelle Lebensfreude" nennt er als Grund für den Erfolg des Bluegrass auf Mallorca.

Die sechs professionellen Musiker verbindet ihre Leidenschaft für das fidele Genre aus den Bergen von Kentucky und Tennessee, ihre Kunstfertigkeit und ihre Freude am Spielen. Ansonsten geht jeder eigene Wege: Beatriz Calderón bietet Kurse für Familien an, die nach einem US-amerikanischen System frühkindliches Musikempfinden und zugleich Eltern-Kind-Bindung fördern (music together). Enrique Pastor und Marta Ambrós sind Dozenten am Musikkonservatorium von Palma, Guillermo Femenias ist Privatlehrer für Gitarre, und auch Ángel Matesanz und Pablo Disalvo leben von der Musik. „Es ist heutzutage nicht leicht, für sein Können eine angemessene Gage zu bekommen", sagt Calderón. Deshalb sind die sechs so schwer beschäftigt, dass sie kaum Zeit zum Proben finden, geschweige denn eine Webseite zu bauen oder gar ein Album einzuspielen.

Nach einem Jahr Bühnenerfahrung - unter anderem im Club des Hotel Formentor - sind sie nun bis Herbst ausgebucht.

Die nächsten Gelegen­heiten, sie zu erleben, sind diesen Sonntag, 9.6. in Palma, am 22.6. in Canyamel und am 9.9. in Mahón. Das Konzert in Palma beginnt um 20 Uhr im Teatre ­Xesc Forteza, Pl. Prevere Miquel Maura, 1. Eintritt 9 Euro (Erwachsene), 3 Euro (Kinder). Vorverkauf: ­www.­generaltickets.com

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 6. Juni (Nummer 683) lesen Sie außerdem:

- Palmas neuer Künstlercampus: Ses Voltes mit neuen Betreibern

- Die Entdeckung der Zeitlosigkeit: Retrospektive von Rolf Schaffner