Das Hotel in der Nähe des Parks Bellver wird gerade renoviert. Überall Gehämmere und Gequietsche. Holger Huber sitzt auf der Terrasse und bleibt gelassen. Er ist Lauteres gewöhnt. Seit 25 Jahren organisiert er das Wacken Open Air, das größte Metal-Festival Europas. Jetzt kommt er mit einem neuen Projekt nach Mallorca: Der zweiten Ausgabe der Full Metal Cruise. Fünf Tage Metal auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer. 2.000 Fans passen aufs Schiff. Zum Abschluss gibt es am Mittwoch (15.04.) ein großes Landkonzert in Es Gremi. Es spielen Baron Rojo, FYRE! und Psideralica.

Herr Hübner, ein Metal-Festival auf einem Kreuzfahrtschiff: Widerspricht das nicht allem, wofür der Rock'n'Roll steht?

Nein, überhaupt nicht. Auch der Metaller wird älter und hat keinen Bock mehr, auf einer Wiese zu pennen, wie etwa beim Wacken-Festival. Da sucht man sich neue Urlaubswege. Und es gibt kaum etwas Besseres, als ein paar freie Tage mit ein paar Gleichgesinnten auf einem Schiff zu verbringen.

Auf dem Schiff bewegt man sich auf engem Raum. Gibt es getrennte Bereiche für Künstler und Publikum?

Man hat direkten Kontakt zu den Musikern, kann mit ihnen reden und sich Autogramme holen. Sie haben normale Kabinen wie alle anderen auch. Zudem essen alle in den gleichen Restaurants und laufen sich ständig über den Weg. Das geht auf einem normalen Konzert nicht. Das Wir-Gefühl der Metal-Szene passt gut aufs Schiff.

Sie haben 2013 die erste Full Metal Cruise organisiert. Wie kamen Sie auf die Idee?

Wir hatten schon in den 1990er Jahren mal eine Fahrt von Hamburg aus gemacht, haben das aber damals nicht weiterverfolgt. In der Karibik gibt es seit wenigen Jahren das Festival "70.000 Tons Of Metal". Die haben uns gefragt, ob wir mitmachen wollen. Amerika war uns aber zu weit weg.

In diesem Jahr organisieren Sie noch eine andere Full Metal Cruise durch die Nordsee. Im nächsten Jahr geht es nach Österreich in ein Ski-Gebiet. ist dieses Premiumsegment die Zukunft des Festivals oder eher ein Spaß nebenbei?

Es ist ein Nischensegment, mit dem wir Metalfans neue Optionen bieten können. Etwa auf dem Berg in Österreich: Statt der normalen Aprés-Ski-Musik läuft Metal. Dort kann man unter sich sein. Wichtig ist, dass wir wie in Wacken die Einheimischen einbinden können.

Wie werden solche Events in der Szene angenommen?

Bei der ersten Kreuzfahrt gab es Kritik von wegen Kommerzialisierung. Das hatten wir diesmal nicht mehr. Viele haben erkannt, dass wir versuchen, den Metallern neue Möglichkeiten zu bieten. Generell ist es eine Frage der Einstellung. Nur weil einer Kommerz schreit, muss es das nicht unbedingt sein.

Die Metalszene hat in den vergangenen Jahren viel mediale Aufmerksamkeit bekommen, unter anderem gab es Dokus über Waken. Wie hat sich in Ihren Augen die gesellschaftliche Sicht auf die Szene verändert?

Es hat sich viel verändert, insbesondere die Doku "Full Metal Village" von der Südkoreanerin Cho Sung-hyung hat einen großen Einfluss gehabt. Seitdem werden Metalfans nicht nur mit schwarzer Kleidung, langen Haaren und umgedrehten Kreuzen assoziiert, sondern auch mit Höflichkeit und Toleranz. Gleichzeitig heißt diese Entwicklung auch nicht, dass uns die Sponsoren die Türen einrennen. Für die ist es nicht Mainstream genug. Da kann man mir wieder Kommerz vorwerfen, aber diese Marken würde ich natürlich gerne dabei haben.

Ist das nicht auch ein bisschen schade, wenn einen plötzlich alle nett finden?

Natürlich wollen wir auch Underground bleiben. Unser Auftreten ist ja keine Fassade, sondern unser Leben.

Neben den Äußerlichkeiten geht es vor allem um die Musik. In welcher Verfassung ist Heavy Metal im Frühjahr 2015?

Wir brauchen ganz dringend Nachwuchs, der die ganzen Dinosaurier ablöst. Bands wie AC/DC, Motörhead oder Deep Purple wird es in fünf Jahren nicht mehr geben. Die letzte neue Band, die Stadien füllt, ist Volbeat aus Dänemark. Aber da gehen viele Metaller auch nicht mehr hin, weil es zu sehr Mainstream ist. Zudem sind viele deutsche Bands eher im Ausland als in der Heimat bekannt.

Woran liegt es, dass keine jungen Bands nachrücken?

Das ist die Entwicklung der Musikindustrie. Zwar kaufen Metalfans noch überdurchschnittlich viele Platten. Aber es gibt viel Masse und wenig Klasse. Und die Klasse, die es gibt, wird nicht ausreichend gefördert. Es liegt jetzt eher an den Konzertveranstaltern, Bands aufzubauen. Das ist sehr kostspielig und man überlegt sich genau, welche Bands man aufbaut.