Es ist ein furchtbarer Tag, um Sa Bassa Blanca zu besuchen. Es regnet in Strömen. Traurig stehen die überdimensionalen Fabelwesen aus Granit im Außenbereich des Geländes auf der Halbinsel bei Alcúdia herum. Dass heute keine Besucher hier sind, verstärkt die Trostlosigkeit des Moments, die eigentlich so gar nicht zu diesem so besonderen Museum passt. Gabriel Barceló greift zu Regenschirmen, bevor wir uns auf einen Rundgang machen. Immer wieder bedauert er das schlechte Wetter.

Seit zwei Monaten ist der 33-Jährige nun Direktor des Museums, das zur Stiftung des Künstlerpaares Yannick und Ben Jakober gehört. Zuvor hatte der Mallorquiner sieben Jahre lang Projekte in Boliviens Hauptstadt La Paz aufgebaut. Zwei Jahre arbeitete er für die spanische Botschaft als Kultur­referent, danach baute er fünf Jahre lang das spanische Kulturzentrum in dem süd­amerikanischen Land auf.

Nun steht er einem der beeindruckendsten Kunstschätze Mallorcas vor. Sa Bassa Blanca wurde 1993 eröffnet und beherbergt mehrere Dauer- und temporäre Ausstellungen. Von jeher ist das Museum von einem pädagogischen Interesse geprägt. Fast jeden Tag besuchen Schulklassen die von Gärten geprägte Anlage mit dem eindrucksvollen Hauptgebäude des Ägypters Hassan Fathy.

Dort werden zurzeit unbekannte marokkanische Künstler ausgestellt. In einer Sokrates genannten Halle, ein Stück vom Hauptgebäude entfernt, werden alte indianische Kultur­güter und andere archäologische Artefakte in Verbindung mit moderner Kunst ausgestellt. Und dann gibt es noch „Nins", das Herzstück der Jakober-­Stiftung, eine ebenso schaurige wie faszinierende Dauerausstellung von Kinderporträts aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, die von Ben Jakober und Yannick Vu komplett der Stiftung vermacht wurde.

Herr Barceló, Sa Bassa Blanca wurde erst kürzlich offiziell in die Liste der Museen Mallorcas aufgenommen. Was bedeutet dies für Ihr Haus?

Wir wurden zusätzlich auch zum bien de interés cultural ernannt, also zum geschützten Kulturgut. Uns erfüllt das natürlich mit großer Zufriedenheit. Dass wir nun zum Museums-Netz gehören, verleiht uns zudem eine größere Sichtbarkeit in der Kulturlandschaft. Es gibt uns auch die Chance, besser mit unterschiedlichen Institutionen zusammenzuarbeiten.

Sie haben jahrelang in Bolivien im Kunstbereich gearbeitet. Wo unterscheiden sich La Paz und Mallorca hinsichtlich der Bedürfnisse bei der Kunst­vermittlung?

Wenn man sich die beiden Orte von Weitem anguckt, meint man, dass die Unterschiede sehr groß sind. Dennoch gibt es eine Gemeinsamkeit: Das Bedürfnis und das Interesse, die Auseinandersetzung mit Kunst schon an die ganz Kleinen heranzutragen. Es muss eine Gewohnheit, eine Selbstverständlichkeit werden, dass Kinder in Museen gehen, die Kunstwelt kennenlernen und so etwas über sich und die

eigene Kultur erfahren.

Was machen Sie bei Kindern anders als bei Erwachsenen bei der Kunstvermittlung?

Kinder müssen spielerisch lernen. Zum Beispiel in unserer Dauerausstellung „Nins" mit den Kinderporträts. Dort lassen wir sie Details in den Bildern suchen. Etwa einen Hund, einen Schmetterling oder ein Blumenstrauß in der Hand des Porträtierten. Dann erarbeitet man mit den Kindern zusammen, wofür diese Symbole stehen. Etwa, dass ein Blumenstrauß bedeuten kann, dass es sich um ein posthumes Porträt handelt. Im Kern geht es darum, dass Kinder etwas lernen, ohne es zu merken.

Sie haben sich in ihrer Karriere viel mit Fotografie auseinandergesetzt. Werden wir diesen Einfluss ab jetzt in Sa Bassa Blanca sehen können?

Nein. Ich bin zwar ein großer Fan der Fotografie, aber dies hat nichts mit meiner Arbeit als Museumsdirektor zu tun. Das Hauptziel der Stiftung ist die Restauration und Bewahrung des spanischen Kultur­erbes, mit besonderem Augenmerk auf Malerei und Bildhauerei. Insofern wird die Fotografie ein privates, sicherlich bereicherndes Interesse meinerseits bleiben. Das Museum wird sich aber nicht in diese Richtung entwickeln.

Welche Vorstellungen haben Sie für Sa Bassa Blanca? Wie wird sich das Museum unter Ihrer Federführung weiterentwickeln?

Wir arbeiten sehr viel mit Eigentum der Stiftung. Ein Ziel wird es sein, die Verbreitung und Förderung der Kunstwerke voranzutreiben, die wir hier ausgestellt haben. Dazu gehört auch, dass wir immer wieder Kunstwerke an andere Institutionen verleihen. Auch den pädagogischen Bereich wollen wir weiter ausbauen. Nach und nach wollen wir zusehen, dass wir die bisher ungenutzten Ressourcen des Museums ausschöpfen.

Zum Beispiel?

Etwa beim Aussichtspunkt, der sich auf dem Hügel auf dem Gelände befindet. Dort ist eine Camera Obscura installiert. Wir wollen sie in Zukunft für verschiedene Aktivitäten nutzen, die den Besuchern Kenntnisse über die Theorie des Lichts vermitteln. Das hätte dann doch etwas mit meiner Leidenschaft fürFotografie zu tun. Ansonsten liegt mir auch sehr viel daran, das Zusammenspiel zwischen Natur und Kunst weiter auszubauen. Im Grunde geht es also darum, die Grundzüge dieses einzig­artigen Ortes weiter zu vertiefen. Es gibt einige Pläne, bisher ungenutzte Räume zu nutzen, aber das wird eher nächstes Jahr sein. Ich bin noch nicht so lange da, in den ersten Wochen habe ich mich vorrangig damit beschäftigt, die bisherigen Ausstellungen und

Aktivitäten zu unterstützen.

Was schwebt Ihnen für 2016 vor?

Ich möchte nicht zu sehr vorausgreifen. Aber wir wollen neue Wege erarbeiten, um mit zeitgenössischen Künstlern zusammenzuarbeiten.

Welchen Einfluss haben Yannick Vu und Ben Jakober auf das Tagesgeschäft des Museums?

Dadurch dass Yannick die Präsidentin und Ben der Sekretär der Stiftung ist, sind die Rollen klar verteilt. Wir besprechen uns häufig, besonders natürlich, wenn es um heikle Themen geht, bei denen etwa die Meinung der Präsidentin gefragt ist. Sie haben beide einen unglaublichen Erfahrungsschatz. Sie haben hier ihr Herzblut reingesteckt, das merkt man an jeder Ecke. Meine Aufgabe ist es jetzt erst einmal, diese ganze Arbeit in mich aufzusaugen und dann zu sehen, welche neuen Projekte man aus diesem Geist heraus angehen kann.

Museu Sa Bassa Blanca, Es Mal Pas, Alcúdia. Di-Sa 9.30-12.30, 14.30-17.30 Uhr. Di: Eintritt frei, sonst 9/12/15 Euro (je nach Anzahl der Ausstellungen), Infos: www.fundacionjakober.org