Die Nit de l´Art geht in ihre 19. Ausgabe und hat dieses Jahr, zumindest was das Datum angeht, Neuigkeiten parat: Statt wie üblich an einem Donnerstag, wird die große Kunstsause dieses Jahr an einem Samstag (19.9.) statt­finden. Zumindest für das breite Publikum. Denn die Veranstalter setzen auf Konflikt­vermeidung und haben das Event zweigeteilt: die Fachbesucher auf der einen Seite, die Häppchen­jäger auf der anderen. Bereits am Donnerstag (17.9.) gibt es ab 19 Uhr in der Galerie Pelaires eine Diskussionsrunde mit Fachleuten aus der Kunstwelt. Am Freitag ziehen dann eingeladene Künstler, Sammler und Galeristen durch die Ausstellungen.

In den vergangenen Jahren war immer wieder Kritik laut geworden, die Nit de l´Art sei zu einer glitzer-glänzenden Bussi-Bussi-Veranstaltung verkommen. Kein Anlass mehr, um sich mit Kunst zu beschäftigen, sondern nur noch ein Vorwand, um sich nach dem Sommerurlaub in die Arme zu fallen oder auch übereinander wieder das Maul zu zerreißen. Mit der Neuordnung soll nun dafür gesorgt werden, dass jeder das bekommt, was er braucht.

„Wir wollten dafür sorgen, dass die Profis sich wieder in Ruhe dem widmen können, wofür sie da sind: der Kunst", sagt Eva Shakouri von der Galerie La Caja Blanca. Kleiner ist das ­Programm deshalb nicht geworden. 35 Ausstellungen werden in 21 Galerien, Museen und an anderen Orten gezeigt. Darunter sind auch große Schauen, deren Eröffnung auf die Nit de l´Art abgestimmt ist: Das Museum Es Baluard etwa zeigt schon ab dieser Woche „Reproductibilitat 2.0" mit Werken aus dem Macba in Barcelona, das CaixaForum Flüchtlings-Fotografien des US-Amerikaners Brian Sokul (s. S. 28). Ein weiteres Highlight wird eine Schau im Casal Solleric mit chinesischer Fotografie, die im Essener Museum Folkwang gerade Teil der auf mehrere Häuser verteilten und jetzt zu Ende gehenden „China 8"-Schau war.

Einen Einblick in die Ausstellungen der Galerien gewähren auch dieses Jahr wieder Führungen von Introart. „Die zeitgenössische Kunst hat ihre eigene Sprache, die für Laien manchmal sehr schwer zu dechiffrieren ist", sagt Montserrat Torras Planas, die die Rundgänge organisiert.

Zur Auswahl stehen zwei Routen, die jeweils anderthalb Stunden dauern und einen kleinen Überblick über das bieten, womit sich die Galeristen in diesem Jahr präsentieren. Tour Eins besucht La Caja Blanca, wo sich die ecuadorianische Künstlerin María José Argenzio mit Kolonialismus und gefälschter Geschichte ihrer Heimat auseinandersetzt. Im Kultur­zentrum Pelaires arbeitet der Künstler Rafa Munárriz mit Labyrinthen, die Verkehrswege durch die Stadt symbolisieren. Der Peruaner Alberto Borrea untersucht in der Galerie Xavier Fiol sowohl die Einwanderungspolitik der USA als auch den globalen Tourismus. Der Koreaner Eok Seon Kim stellt in der Galerie von Pep Llabres ästhetische Hasenkäfige aus. Der Deutsche Künstler Ignacio Uriarte setzt sich in L21 mit Zeit und Zahlen auseinander.

Die zweite Route beginnt im ABA Art LAB. Dort bastelt die Künstlerin Katharina Pfeil aus verschiedenen Materialien ein „Labor Gottes" zusammen. In der Galería Maior präsentiert der vielprämierte Künstler José Manuel Broto abstrakte Kompositionen. Tomás Absolon pendelt in seinen Gemälden in der Galeria Kewenig zwischen Abstraktion und Darstellung. Der Abschluss findet in der Galeria Horrach Moyá statt, wo zum einen die Ausstellung „Pictures" von Girbent sowie „Memoria Infinita" von Vasco Araújo gezeigt wird.

Im vergangenen Jahr seien die Touren auf reges Interesse gestoßen, sagt Torras - und das bei sehr unterschiedlichen Zielgruppen. „Sicher waren auch einige Leute dabei, die sehr viel Ahnung von Kunst hatten und die Galerien dennoch von einem Experten erklärt bekommen wollten. Aber gleichzeitig war etwa auch eine Gruppe älterer Damen dabei, die von dem Projekt gehört hatten und sich dachten: Das probieren wir mal aus."

Die Touren finden auf Spanisch, Katalanisch, Englisch und bei genügend Teilnehmern auch auf Deutsch statt. Die maximale Teilnehmerzahl bei den Rundgängen ist zwölf. Die Leitung der Touren übernimmt die 22-jährige Kunsthistorikerin Virginia Garí. Die Führungen finden dienstags bis samstags bis zum 17. Oktober statt (www.introart.es oder Tel.: 608-01 98 80).

Der Kritik, der die Nit de l´Art in den letzten Jahren begegnet ist, will sich Torras nicht anschließen. „Ich empfinde die Nit de l´Art immer noch als sehr positive Initiative. Mit Ausnahme von den Feiern zu Sant Sebastiá sind die Straßen nie so voll wie zu diesem Event." Verstehen kann sie die Bedenken allerdings schon. „Die Nit de l´Art hatte von Anfang an zwei Ziele: Den Menschen die Kunst näher bringen und gleichzeitig den Galeristen eine Plattform zu bieten, um bekannter zu werden und ihre Kunst an die Sammler zu bringen. In den vergangenen Jahren hat sich die Kunstnacht zu einem Volksfest gewandelt, und einige haben Sorge, dass der kommer­zielle Aspekt verloren geht." Galerien seien schließlich ganz normale Unternehmen, die ihr Geld durch den Verkauf von Kunst verdienen müssten. Dennoch, die Freude der Besucher sollte der wichtigste Aspekt bleiben: „Wenn die Kunst eine Ausrede ist, um sich zu treffen, dann ist das eine verdammt gute Ausrede."

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 10. August (Nummer 802) lesen Sie außerdem:

- Fotos von Brian Sokol im CaixaForum

- "Spaniens Musikszene ist extrem sexistisch": Mädchenband Hinds

- Balearische Bühnenkunst: die Messe Fira B!