Im Februar ist es ein Jahr her, dass Francisco Copado (Palma, 1977) zum Leiter der Fundació Pilar i Joan Miró ernannt wurde. Damals ging ein Sturm der Entrüstung durch die Medien und Künstlerverbände. Sie kritisierten, Copado habe nicht die in der öffentlichen Ausschreibung verlangte Erfahrung als Leiter einer Kulturinstitution. Tatsächlich konnte der Mallorquiner bis auf einen Master im Bereich Kulturmanagement und ein längeres Praktikum keine relevanten Referenzen vorweisen. Doch die Stadt Palma, die in der Stiftung den Ton angibt, hielt zu Copado. Auch die Familie Miró gab dem studierten Kunsthistoriker ihren Segen. Und so darf Copado das Stiftungsmuseum 2017 in das 25. Jahr seines Bestehens führen. Er ist ein freundlicher, ruhiger Mann mit grauen Haaren und schwarzem Bart, der beim Interview Sneakers zum Anzug trägt.

Herr Copado, als Sie Ihren Job übernahmen, herrschte ein paar Wochen ziemliches Chaos. Mittlerweile hat sich die Situation aber scheinbar beruhigt. Wie blicken Sie auf Ihr erstes Jahr zurück?

Ich habe mich von den Diskussionen in den Anfangswochen nicht beirren lassen und vom ersten Tag an meine Arbeit getan. Das erschien mir am vernünftigsten. Und das war auch einer der Gründe, warum wir in diesem Jahr erfolgreich arbeiten konnten.

Woran machen Sie diesen Erfolg fest?

Das zeigt sich beispielsweise bei den Besucherzahlen. Vergangenes Jahr hatten wir 56.000 Museumsbesucher. Das sind 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Zudem haben wir einige Stellen besetzen können, die bisher vakant waren. So haben wir unter anderem zwei Erzieherinnen eingestellt.

Es heißt, ein Großteil der Besucher komme aus dem Ausland.

Das stimmt. Rund 85 Prozent der Leute, die zu uns kommen, leben nicht hier. Miró hat international einen hervorragenden Ruf. Viele Menschen schätzen die Gelegenheit, den Arbeitsort eines so berühmten Künstlers besuchen zu können. Wir reagieren auf das Interesse, indem wir unter anderem Führungen in verschiedenen

Sprachen anbieten.

Was fasziniert die Menschen so an Joan Miró?

Er war einer der großen Universalkünstler des 20. Jahrhunderts. Sein Werk ist unheimlich facettenreich und sein Denken, seine Arbeitsweise waren im steten Wandel. Es gibt natürlich auch andere Häuser wie die Fundació Miró in Barcelona oder das Centre Pompidou in Paris. Unser Standortvorteil ist, dass wir uns wirklich mit seinen Arbeitsprozessen auseinandersetzen können.

In diesem Jahr feiert die Stiftung den 25. Jahrestag der Eröffnung des Museums. Was haben Sie da vor?

Das Museum wurde am 19. Dezember 1992 eröffnet, wir feiern aber schon mal vor. Bisher sind zwei Ausstellungen geplant. Ab 16. März zeigen wir im Espai Cubic eine Installation der Künstlerin Patricia Mato Mola. Sie war 2015 die Gewinnerin des stiftungseigenen Preises „Premi Pilar Juncosa i Sotheby´s". Am 23. Juni dann

eröffnen wir die Ausstellung „Miró mai vist". Hier zeigen wir Arbeiten, die Miró ab 1956 bis zu seinem Tod im Jahr 1983 in Palma fertiggestellt hat, die aber auf Mallorca noch nie ausgestellt wurden. Auch soll die Ausstellung erläutern, wie sich die Wahrnehmung Mirós in der

mallorquinischen Öffentlichkeit in dieser Zeit entwickelt hat.

Ihr Vertrag dauert noch ein Jahr mit der Option auf eine Verlängerung um weitere zwei Jahre. Macht man da auch längerfristige Pläne?

Abgesehen davon, dass wir weiter ein spannendes Programm bieten wollen, werden wir in die Räumlichkeiten investieren müssen. Das Taller Sert, also das Atelier von Miró, etwa braucht eine umfassende Renovierung. Die Gelder sind schon abgesegnet.

Welche Rolle soll die Forschung über Miró in Zukunft spielen?

Zum einen haben wir hier das Stipendium „Pilar Juncosa i Sothe­by´s", das schon seit mehreren Jah-

ren jungen Leuten die Möglichkeit gibt, Forschung zu Miró zu betreiben. Zum anderen würden wir gern nach fast drei Jahren Vakanz die Stelle des Konservators in diesem Jahr neu besetzen, zu seinen Aufgaben gehört auch die Forschung.

Wenn so eine wichtige Stelle so lange nicht besetzt wird: Wer macht dann diese Arbeit?

Viel ist natürlich auf der Strecke geblieben, wie etwa Veröffentlichungen und eben generell der Bereich der Forschung. Andere Aufgaben haben wir unter den Mitarbeitern aufgeteilt. Aber das ist natürlich alles andere als ideal. Deshalb habe ich nach meinem Amtsantritt darauf gepocht, die Stelle schnell auszuschreiben, was Mitte Mai 2016 passiert ist.

Die öffentliche Ausschreibung der Konservatorenstelle birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial. Nicht nur, dass lange Zeit kein Nachfolger für die letzte Konservatorin Maria Lluïsa Lax gesucht worden war. Zwei Mitglieder der Auswahlkommission, die Vertreterinnen von der Balearen-Uni und vom Museu de Mallorca, sind bereits zurückgetreten. Zudem berichtete die Zeitung „Ara Balears" im Oktober 2016 von Gerüchten um die Bevorteilung einer der Bewerberinnen. So sollen die Zulassungsbeschränkungen zu ihren Gunsten angepasst worden sein. Für das Kulturressort der Stadt Palma wäre es nach der Benennung Copados und dem Hickhack um den Solleric-Leiter Fernando Gómez de la Cuesta, der nach nur 54 Tagen im Amt wieder entlassen wurde, bereits die dritte umstrittene Personalentscheidung.

Um diese Ausschreibung gibt es bereits Streit. Wie bewerten Sie die Diskussionen?

Alles, was ich sagen kann, ist, dass die Prozesse bei uns vollkommen transparent sind. Es ist wahr, dass zwei Personen aus der Auswahlkommission ausgetreten sind, aber sie wurden sofort ersetzt. Auch eine interne Untersuchung, die wir angestrengt haben, hat ergeben, dass bisher alles korrekt abgelaufen ist. Wir hoffen, dass wir im Februar die Suche abschließen, damit die neue Kraft im März bei uns anfangen kann.

Sind Sie besorgt, dass der Ruf der Stiftung unter einer neuen Personaldiskussion nachhaltig Schaden nehmen würde?

Es besorgt mich nicht übermäßig, allerdings habe ich das natürlich im Auge. Man muss sich bei solchen Diskussionen fragen, wer sie anstrengt und aus welchen Gründen. Wer hat einen Vorteil davon? Aber es besorgt mich nicht in dem Sinne, als dass es meine tägliche Arbeit behindern würde. Ich habe schließlich auch noch genug anderes zu tun.

Bevor Sie Ihre Stelle antraten, lebten Sie über zwei Jahre in Barcelona. Wie sehen Sie die mallorquinische Kreativszene seit Ihrer Rückkehr?

Ich erlebe eine sehr lebendige, künstlerisch sehr interessante Szene. Es gibt einen Austausch zwischen den Kunstschaffenden und den Institutionen. Zudem sind die Kommunikationswege häufig vergleichsweise kurz, da es sich um eine relativ kleine Szene handelt. Allerdings glaube ich, dass die Institutionen die Künstler nicht immer ausreichend fördern, was unter anderem an mangelnden Budgets liegen kann. Ich glaube auch, dass man die Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren immer noch intensivieren und verbessern könnte.