Das Wort Mäzen lässt Bilder wohlhabender europäischer Fürsten und Kaufleute entstehen, die Maler und Musiker finanzierten, Sandro Botticelli in Florenz, Joseph Haydn in Wien oder Henri Matisse und Pablo Picasso in Paris. Die Medicis, die Esterházys oder Angehörige amerikanischen Geldadels wie Gertrude Stein standen hinter diesen Künstlern. Auch sie haben es ermöglicht, dass Europa als Hort der Kultur gilt.

Ginge es nach Jaume Gomila, dem Leiter der balearischen Kulturbehörde, sollte das Mäzenatentum auf Mallorca wieder aufblühen. Vielleicht sollte man es zeitgemäßer bürgerschaftliches Kulturengagement nennen. Das ist derzeit auf den Balearen gar nicht so einfach, denn es gibt kein Gesetz, das greift.

Noch in diesem Jahr dem Parlament vorlegen

Was die Vorgängerregierung 2015 erarbeitet hat, ist nicht wirksam, denn es fehlt ein entscheidender Anhang: Mit welchen Steuervergünstigungen sollen private Geldgeber dazu animiert werden, Kultur, Wissenschaft und technologische Entwicklung zu fördern? Und was soll mit welchen Vergünstigungen bevorzugt werden? Gomila hat sich deshalb das „Llei de mecenatge cultural, científic i de desenvolupament tecnològic“ vorgenommen und will es ändern. Noch dieses Jahr will er den Entwurf im Balearen-Parlament einreichen.

Er will mit dem Gesetz Einfluss nehmen und bestimmten Bereichen mehr Förderung zukommen lassen. „Das derzeitige Balearen-Gesetz ist die Kopie eines nordspanischen Gesetzes“, erklärt er, „die dortige Kulturlandschaft hat aber nichts mit unserer Realität zu tun.“ So sollen die Förderung von Volksgut, Denkmalschutz, inseleigenen Kulturphänomenen oder immateriellem Erbe besonders begünstigt werden.

Es kommt auf den Prozentsatz an

Das Prinzip ist einfach: Der Staat oder die Region verzichten bei der Steuererklärung des Gönners auf einen festgelegten Prozentsatz der Einkommenssteuer oder einer anderen Steuer, je nachdem, wie viel dieser gegeben hat. Dieser Prozentsatz ist wichtig. Er kann dazu animieren, viel, wenig oder gar nichts zu geben.

In Spanien gilt seit 2015: Spenden von bis zu 150 Euro können zu 75 Prozent von der Steuer abgesetzt werden, Zuwendungen darüber zu 30 bis 40 Prozent. Das spanische Gesetz fördert also vor allem die Gabe kleiner Geldmengen. Für Crowdfunder ist das gut, für Menschen, die mehr Geld geben wollen, weniger. Frankreich gilt als großes Vorbild, denn dort werden seit 2003 Gönner mit 60 Prozent Steuerabzug belohnt. Privatleute haben dort 2014 zwei Milliarden Euro in Kulturförderung fließen lassen, 2004 waren es noch 900 Millionen.

Spanien will nicht, die Balearen können nicht

Diese kulturfreundliche Steuer­politik muss sich ein Staat aber leisten wollen, denn er verzichtet auf Steuereinnahmen. Spanien kann oder will das nicht. Und die Balearen haben eigentlich auch einen zu kleinen Haushalt, um wirklich großzügig Steuern zu erlassen. „Wir wollen auch andere Begünstigungen bieten, nicht nur ökonomische“, sagt Gomila.

In Deutschland wirkt das bereits: Für viele Spender ist nicht die Steuerbefreiung motivierend, sondern der Imagegewinn und das wohl vom protestantischen Glauben beeinflusste Denken, dass man uneigennützig seinem Land dienen sollte. Das zeigen die Public Private Partnerships (PPP), die privat-öffentlichen Mischfinanzierungen beim Bau der Hamburger Elbphilharmonie oder des Museums der Moderne in Berlin. Eine ähnliche Einstellung ermöglicht auch in den USA das große privatwirtschaft­liche Engagement.

Ein paar Mäzene gibt es natürlich schon

Auch auf den Balearen gibt es großes privates Engagement: Verleger Pere Serra hat dem öffentlichen Museum Es Baluard einen Teil seiner Sammlung als Leihgabe überlassen. Liz und Reinhard Mohn, Vorsitzende der deutschen Bertelsmann-Stiftung, haben in Alcúdia die Bibliothek Can Torró gestiftet. Der Österreicher Josef Egger hat den Unterstützerkreis der Balearen-Sinfoniker gegründet und organisiert Benefizkonzerte.

Schließlich betreiben auch die Stiftungen einheimischer Unternehmer Kulturförderung: Die Hoteliersfamilie Barceló richtet die Literaturtage und den Premi Formentor aus, die Camper-Stiftung betreibt in Alaró einen Think Tank zu Fragen zu Pädagogik, Design oder Nachhaltigkeit.Der Geiz der Hoteliers und Immobilienunternehmen

Das reicht Jaume Gomila und vielen balearischen Kulturtreibenden aber nicht. Cristina Gómez, Kulturmanagerin und Erfinderin der Kulturtage Think Up Culture, bei denen es darum geht, Geldgeber und Kunstschaffende zusammenzubringen, beklagt „den Geiz“ großer Hotel- und Immobilienunternehmen der Balearen. Sie seien misstrauisch und verschlossen, sagt sie. Auswärtige Unternehmer der Wassersport- oder Immobilienbranche seien zugänglicher.

Das Problem der Balearen liege auch darin, dass viele Festivals oder Veranstaltungen auf den Inseln ein so kleines Budget und ein so kleines Publikum hätten, dass der Steueranreiz und Imagegewinn für Gönner recht klein sei. „Wir können eben nicht mit einem Sonar-Festival locken“, sagt Gómez in Anspielung auf das Musikfestival in Barcelona, das mehr als 100.000 Besucher hat.

Mallorca braucht also vor allem uneigennützige Philanthropen, noble Gönner wie Jorge Virgili. Der Banker lebt in Madrid. Seine Leidenschaft gehört der Kunst. Er kauft und verleiht Bilder, die ihn berühren, aber nicht unbedingt teuer sind, zum Beispiel von Esteban Lisa. Derzeit hängen einige davon in der Fundació March. Auf die Steuererklärung hat seine Leidenschaft keinen Einfluss. „Kunst macht uns zu besseren Menschen“, sagt er, „dieses Erbe möchte ich der Welt hinterlassen.“