Die US-Schriftstellerin und Kunsttheoretikerin Lucy R. Lippard schreibt in ihrem Buch „On the beaten track: Tourism, art and place", dass man ein Reiseziel nicht nach seiner Schönheit aussucht, sondern nach dem Versprechen, das es beinhaltet. Welche Auswirkungen dieses Versprechen auf die Realität von Städten in der heutigen Zeit hat, das untersucht nun die Ausstellung „Ciu­tat de Vacances" im Museum Es Baluard.

Zwei Jahre lang hat das Museum an dem Projekt gearbeitet, das in Zusammenarbeit mit dem Kulturzentrum Arts Santa Mònica in Barcelona, dem Instituto Europeo di Design aus Venedig und dem Museum für Zeitgenössische Kunst in Alicante entstanden ist. Im Grunde eine Kooperation vier südeuropäischer Städte, die die Folgen des Massentourismus am heftigsten zu spüren bekommen haben.

„Kunst bedeutet Leben und es ist unsere Aufgabe, am Puls des Lebens dranzubleiben, das uns umgibt, und uns damit auseinanderzusetzen", sagt die Kuratorin der Ausstellung, die Es-Baluard-Direktorin Nekane Aramburu. Obwohl das Projekt auf Mallorca erdacht wurde, ist Palma nur die zweite Station der Ausstellung, wenngleich sie hier in einem viel größeren Maßstab gezeigt wird. Zuvor wurde sie Mitte Mai bei der Biennale in Venedig im Museo di Palazzo Grimani gezeigt.

Insgesamt sind 16 Künstler oder Kunstkollektive an der Ausstellung beteiligt. „Wir haben Künstler ausgesucht, die sich bereits mit Tourismus auseinandergesetzt hatten", so Aramburu. Ein Großteil der Arbeiten wurde aber für diese Ausstellung geschaffen. „Die Ausstellung konzentriert sich auf zwei Themengebiete", sagt die Kuratorin. „Zum einen die Dichotomie zwischen dem Privaten und dem öffentlichen Raum. Zum anderen den Mythos des Tourismus, der bereits im 19. Jahrhundert entstand."

Es entsteht eine gelungene Mischung aus der persönlichen Perspektive, etwa die Videoinstallation „Turismo sin documentos" des Kubaners Adrian Melis, der ohne gültige Ausweispapiere von Barcelona nach Basel und wieder zurückreist. Oder der Außenperspektive wie bei der mallorquinischen ­Künstlerin Marina Planas, die mit 1029 Postkarten von Hotels auf der Insel eine ganze Wand bestreitet. Sie stammen aus dem Archiv

ihres Großvaters, dem Fotografen Josep Planas i Montanyà, der von den 50er-Jahren an die Bebauung der Küsten als Postkartenfotograf begleitet hat.

Die Ausstellung beinhaltet aktionistische Kunst wie eine Videoinstallation des Kollektivs Left Hand Rotation, das eine gentrifizierungskritische Aktion in Santa Catalina zeigt. Aber auch in sich ruhende, distanzierte Werke wie die Fotografien des spanischen Fotografen Miguel Trillo, der an der Playa de Palma jugendliche Reisende abbildet.

Die Leere nach dem touristischen Sturm wird in einigen Arbeiten, unter anderem in den Bildern des Projekts Idensitat, behandelt.

Als Kontrapunkt dazu stehen die überdimensionalen Fotografien von Massimo Vitali, die die von Touristen völlig überlaufene Promenade Ramblas in Barcelona ablichtet. Neben den strikt abbildenden Arbeiten gibt es auch einen Raum mit einem eher „poetischen" Zugang zum Thema, wie ­Aramburu es nennt. Dort stehen etwa Licht­skulpturen des baskischen Künstlers Juan Aizpitarte.

Um der Ausstellung einen gewissen wissenschaftlichen Rahmen zu geben, hat Aramburu vier Analysetexte zu Tourismus und Gentrifizierung in Auftrag gegeben, die ebenfalls bereitliegen. „Im Grunde haben wir eine eigene kleine touristische Stadt in unseren Ausstellungsraum gebaut", sagt Nekane ­Aramburu. Tatsächlich erlaubt die Vielfalt der Arbeiten, die Thematik unterschiedlich zu erfassen. Gleichzeitig ist es, so sehr die Arbeiten die Tristesse eines über alle ­Maße schlagenden Tourismus abbilden, schwer, sich dem Gefühl zu entziehen: Irgendwo dahinter schlummert das Versprechen, das zu finden, was man immer gesucht hat.

Ciutat de Vacances, Es Baluard, Vernissage am 25.5. um 20 Uhr