Er macht sozialkritisches, politisches Körpertheater, arbeitet gleichermaßen mit Körper und Sprache und ist damit sehr kreativ: Hannes Langolf gehört zu den wichtigsten europäischen Choreografen und Performern. Bald wird der gebürtige Würzburger in Porto Cristo sein, um dort einen dreitägigen Workshop vom 6. bis zum 8. Oktober zu geben.

Ein Künstler, der international arbeitet, seit 15 Jahren in London lebt und jetzt in einem kleinen Küstenort an der Mittelmeerküste auftritt. Langolf findet das spannend: „Gerade an abgelegenen Orten muss man die Militanz pushen und Klientel etablieren", sagt er beim Telefoninterview mit der MZ, welches er von einem Londoner Café aus führt. Was er damit meint, werden die 20 Teilnehmer sicherlich erleben, die an dem Kurs teilnehmen können. Angemeldet haben sich bisher Schauspieler und Tänzer, die auf Mallorca leben und arbeiten.

Menschen wie Joan Miquel Artigues. Der erfahrene Schauspieler war gerade in der ersten Staffel der Polizeiserie „Treufoc" des Regionalsenders IB3 als ­Co-Protagonist zu sehen und steht kurz vor den Dreharbeiten zur zweiten Staffel, die nach Weihnachten anlaufen soll. Eine seiner künstlerischen Facetten. Eine andere ist Körpertheater, wie er es mehrere Jahre lang mit Marta Barceló bei rund 30 Festivals in neun Ländern gezeigt hat. Das Stück, ein dynamischer, mehrfach prämierter Elfminüter, heißt „Remor" und spielt in einer drei mal vier Meter kleinen Holzbox. Die Aufführung hat Artigues geholfen, internationale Kontakte zu knüpfen. Einer davon ist Hannes Langolf. Artigues will Mallorcas Osten mehr kulturelles Leben einhauchen und tritt für gute Kultur in der Provinz ein, zuletzt bei einem ähnlich angelegten Workshop mit Pep Ramis, dem Co-Direktor der katalanischen Tanzkompagnie Mal Pelo.

„Langolf habe ich bei einem Festival kennengelernt", erzählt Artigues in Manacor, wo er den Probenraum „L'estudi de la rotonda" betreibt. „Mich fasziniert an ihm, wie er Stimme und Körper gleichermaßen beherrscht." Auch Artigues wird bei dem Workshop mitmachen. Zurzeit arbeitet er für die Theatermesse Fira de Manacor an einem Solo zum Jonas-Mythos und dem Verlust der Intuition. Premiere ist am 22. Oktober. Der Text dazu stammt von ihm, nun möchte er an Körpersprache und Bewegung arbeiten. „Ich werde Hannes darum bitten", sagt er, „das Wort aus meinem Körper zu holen."

Das ist eine von Langolfs Spezialitäten. Begonnen hat er seine Karriere als zeitgenössischer Tänzer, nachdem er 2003 die London Contemporary Dance School abgeschlossen hatte. 2007 wurde er Mitglied bei der Kompagnie DV8 Physical Thea­tre, wo er 2015 als Hauptdarsteller und Kreativpartner in dem Stück „John" hervorragende Kritiken bekam. Das Stück basiert auf zahlreichen Interviews mit britischen Männern zum Thema Sex und Liebe. Er hat mit der deutschen Choreografin Susanne Linke gearbeitet, mit der britischen Akram Khan Company und mit vielen anderen. Derzeit treibt er seine Solo-Karriere voran. Im Frühjahr hatte das Stück „Dandelion" in Athen Premiere (siehe Foto), das er mit der griechischen Choreografin Emira Goro und fünf weiteren Darstellern konzipiert hat, im Auftrag der Onassis-Stiftung.

Das Stück widmet sich, wie alle Werke von Langolf, dem Innenleben des Menschen und seiner Beziehung zum Umfeld, mit teilweise hartem Realismus und großer Ernsthaftigkeit. „Mich interessiert es, menschliche Geschichten so klar und detailliert wie möglich zu erzählen", sagt er, „dazu brauche ich die Stimme und den Körper." Die Sprache des Tanzes reiche dazu nicht aus, sagt er, denn Langolf will nicht nur poetisch oder metaphorisch arbeiten und sich schon gar nicht „auf die Ästhetik des Tanzes" beschränken. „Andererseits vermitteln Körpersprache und Bewegung subtile Aspekte eines Themas", sagt er, „sie wirken auf einer anderen Ebene und erreichen das Publikum direkter als Worte."

Das soll man bei Langolfs Workshop nachvollziehen können. Als Textgrundlage dienen in seinen Kursen Interviews der Teilnehmer, die sich dann an eine Figur herantasten und die verbal und körperlich erarbeiten. „Jeder könnte am Ende eine Miniperformance geben", sagt Langolf, „30 Sekunden, drei Sätze, was immer." Techniken sind Yoga, Atemübungen, Gesang und viel Arbeit mit dem Körper, zum Beispiel beim Ausloten des eigenen Ausdrucks und der Suche nach der Grenze zum abstrakten, stilisierten Bewegungsablauf. Langolf genießt bei seiner Arbeit als Lehrer vor allem den Aspekt des Spielerischen. „Wir können experimentieren, es gibt keinen Produktionsdruck", sagt er.

Der Workshop mit Hannes Langolf findet am Freitag (6.10.) von 16 bis 20 Uhr, und am Samstag und Sonntag (7. und 8.10.) von 10 bis 19 Uhr statt. Er steht Profis und engagierten Laien offen, die Erfahrung mit Stimm- oder Körperarbeit haben. Kosten: 150 Euro. Anmeldung im Internet: http://bit.ly/2f7BgDU. Adresse: C./ d'en Gual, 31 (Junta de Districte).Mehr Infos: Facebook L'estudi de la rotonda