Wenn man sich die am Dienstag (14.11.) im Casal Solleric eröffnete Ausstellung über journalistische Karikaturen der vergangenen 80 Jahre auf den Balearen anschaut, ergibt sich ein recht eindeutiges Bild über die Zeichner. Nicht, dass sie sich in ihrem Stil ähneln würden, bei Weitem nicht. Der leichte, minimalistische Strich eines Res oder eines Pedro Sureda ist ebenso vertreten wie die deformierten, aber dennoch fast fotorealistischen Prominentenporträts von Marcelo Pinto. Und dazwischen die ganze Vielfalt, die sich inmitten dieser Extreme bewegen kann.

Nein, es ist vielmehr der Karikaturist selbst, der sich offenbart. Alle 24 Zeichner sind männlich. Und sie machen sich Sorgen. Das ist nicht verwunderlich. Der Job der Karikatur ist es, einen aktuellen Sachverhalt pointiert und bissig zu kommentieren. Doch es gibt Themen, die sich mehren: die Bedrohung der Insel durch zu viel Tourismus, die Bedrohung der Sprache durch Überfremdung und zentralistische Politik, die Bedrohung der Umwelt durch rücksichtslosen Bauwahn und ganz generell die Bedrohung von allem, was gut und gerecht ist, durch die konservative Volkspartei PP.Eher wenig konservativ

So konservativ oder neoliberal eine Zeitung auch sein mag, ihre Karikaturisten sind es in der Regel nicht. Oder zumindest suggeriert es diese Ausstellung so. Vielleicht gibt rechte Politik aber auch mehr für Kommentare her.

Natürlich sind die Vignetten, die in der Franco-Diktatur entstanden sind, eher harmlos und eher Kalauer als ein bissiger politischer Kommentar. Oder sie handeln von Fußball. Aber schon in den 60er-Jahren findet sich etwa bei Pedro Sureda in der Zeitung „Baleares" eine Karikatur, die sich kritisch mit dem Bauboom

auseinandersetzt.

Das ist aber weit entfernt von einer Karikatur des Duos tuelús, bestehend aus Bartomeu Seguí und Ferran Aguuló, die den ehemaligen Balearen-Premier Bauzá in Militäruniform abbilden, der wie Charlie Chaplin in „Der große Diktator" mit einer Weltkugel spielt, auf der das PP-Logo steht. Ansonsten behandeln die Bilder die ganze Bandbreite mallorquinischer Politik. Von der PalmArena über das Gesa-Gebäude und immer wieder bis zur Sprachpolitik. So wird das Sprachgesetz für die Schulen der vergangenen Legislaturperiode, TIL, bei Jaume Balaguer und Albert Herranz zum Trojanischen Pferd.Für zwei Kaffee wird es reichen

Und auch das Thema Tourismus findet häufig statt. All-inclusive wird beim Zeichner Bibi zu einem Touristen, der mit der Frau des Hoteliers ins Bett geht. Und den Einfluss der Deutschen porträtiert derselbe Zeichner mit einem durch einen Deutschen Finca-Besitzer versperrten Wanderweg und einer vom TUI-Marathon blockierten Straße.

Spanische und internationale Politik wird ebenfalls kommentiert. Osama Bin Laden taucht genauso auf wie Ex-Premier Aznar, die Erinnerung an Charlie Hebdo wie der Konflikt um die katalanische Unabhängigkeitserklärung vor wenigen Wochen.

Ganz hübsch ist etwa Arpos Kommentar zur spanischen Rentenpolitik. Zwei ältere Herren unterhalten sich: „Rajoy sagt, wenn wir ihn wählen, kriegen wir mehr Rente", sagt einer. „Na, für zwei Kaffee wird es wohl reichen", antwortet sein Freund. „Mit Milch?", fragt der Erste. „Na, jetzt mal nicht übertreiben."

Herz und Gehirn

Aber die Ausstellungsmacher haben sich auch die Mühe gemacht, Beispiele auszuwählen, die etwas abseitiger, vielleicht auch etwas poetischer sind. So lässt der Zeichner Res ein Herz und ein Gehirn sprechen. „Woran denkst du?", fragt das Gehirn. „Was fühlst du?", fragt das Herz zurück.

Insgesamt sind Bilder aus katalanisch-, spanisch-, englisch- und - im Fall der MZ - deutschsprachigen Zeitungen vertreten. Unser Karikaturist Pau hat eine Auswahl der Vignetten aus unserem Blatt zusammengestellt, die seit 2003 allwöchentlich auf Seite 16 erscheinen.

Es ist eine schöne, aber keine leichte Ausstellung. Zwar macht es Spaß, sich durch die Karikaturen zu lesen, aber sie setzen eine große Portion Wissen vo­raus, nicht nur Sprachkenntnisse. Denn die Karikatur lebt natürlich vom Kontext ihrer Zeit, in der sie entstanden ist. Das setzt teilweise eine gute Kenntnis innermallorquinischer Politiksperenzchen von vor mehreren Jahrzehnten voraus. Andererseits gibt es auch Karikaturen wie zum Beispiel von Pedro Sureda aus der Zeitung „Baleares" von vor über 50 Jahren, in der ein Mann auf das Meer hinausblickt, auf dem ein Segelboot fährt: „Immerhin verdreckst du nicht das Meer", sagt er. Manche Probleme haben eine längere Halbwertzeit.

Humor gràfic i premsa a les Illes Balears, Casal Solleric, bis 10.12., Eintritt frei