Die ältere Dame wirkt freundlich, wie sie da im zweiten Stock des CaixaForum in Palma de Mallorca sitzt und ohne Punkt und Komma von den 45 Tagen berichtet, die sie in der von Armut geplagten indischen Region Andhra Pradesh verbracht hat. Die Reise finanziert hatten die Stiftungen Vicente Ferrer und Obra Social La Caixa. Insbesondere die Rolle der Frau solle sie fotografisch untersuchen, so der Auftrag an Cristina Carcía Rodero, die erste spanische Fotografin, die für die renommierte Agentur Magnum gearbeitet hat. Herausgekommen sind 80 Fotos, die seit Mittwoch (7.2.) unter dem Titel „Tierra de sueños" (Land der Träume) im ehemaligen Grand Hotel von Palma gezeigt werden.

Hier und da sind in der Ausstellung Porträts zu finden, bei denen man das Gefühl hat, dass García Rodero den Menschen tatsächlich begegnet ist. Auf diese intensive Art, wie es nur die richtig guten Fotografen vermögen. Die den Menschen durch ihre Kamera hindurch in die Seele blicken. Das Bild einer jungen Frau am Tag ihrer Hochzeit, aufgenommen vor einem leuchtend gelben Hintergrund, ist so ein Beispiel.

Aber in vielen anderen Momenten wirken die Bilder wie genau das, was sie sind: Werbe­bilder für die Stiftung Vicente Ferrer. Man sieht all die sicherlich positiven Initiativen, die in der bitterarmen Region durchgeführt werden. Aber so intensiv und ansprechend die Farben auch sein mögen, so beschränkt ist ihre fotografische Aussage. Bei einigen der Bilder fehlt die künstlerische Rechtfertigung, sie in einem solchen Rahmen zu zeigen.

Zwar kann man García Rodero keinen Sensationalismus vorwerfen, dafür sind die Bilder zu zurückhaltend und respektvoll mit ihren Protagonisten. Aber sie spiegeln ein wenig die Einstellung wider, die die Fotografin bei der Präsentation der Ausstellung immer wieder an den Tag legt. Wie ein Wasserfall erzählt sie Anek­dote um Anekdote, Schnappschüsse einer anderthalbmonatigen Reise nach Indien. Immer wieder fällt die Beobachtung, dass die Menschen dort so herzlich und so dankbar seien, trotz dieser schrecklichen Armut. Und sie so viel lächelten.

Das mag zwar alles stimmen. Aber es klingt ein wenig nach den „guten" Eingeborenen, denen man helfen kann. Die paternalistische Erste-Welt-Perspektive, so scheint es in Palma, hat die Fotografin auch nach jahrzehntelangen Reisen durch die Welt nicht abgelegt.

Es bleibt ein etwas fader Einblick in eine farbenfrohe Welt. Zwar erzählen die Bilder für sich genommen Geschichten, aber es fehlt der Kontext. Herausgekommen ist eine Aneinanderreihung von Einzelschicksalen, die von menschlicher Aufopferungs­gabe zeugen, aber das große Ganze verbergen. Zu vorsichtig sind die Bilder, um aufzurütteln, und bunt genug, um sich einfach an den vielen Farben zu erfreuen.

Cristina García Rodero, Tierra de sueños, CaixaForum Palma, ­Plaça de Weyler, 3, bis 13.5.