Bernardí Roig ist ein kleiner Mann mit großer Ausstrahlung. Sein teils langer, teils kurzer Bart und die runde Brille mit den gelben Gläsern fallen sofort auf, auch der große Ring und die Zigarre, die er zwischen den Fingern hält, ziehen den Blick auf sich. Sein Styling hat etwas Diabolisches, erinnert an einen Ziegenbock und weckt Erinnerungen an Figuren und Porträts, die der 52-jährige Künstler immer wieder ausgestellt hat. Nun lädt er zum Ateliergespräch nach Binissalem, denn Roig will eine Ausstellung im Es-Baluard-Museum bewerben. Ab dem 20. April werden dort 14 Filme von ihm gezeigt, die er in den vergangenen 18 Jahren gedreht hat, „neben der verkäuflichen Arbeit", wie er betont. In den Filmen geht es um den Philosophen Ludwig Wittgenstein, um dessen Leben und Gedankenwelt.

In fremde Welten

Die fasziniert Roig offensichtlich, so wie er sich immer wieder gerne in fremde Welten begeben hat. In die des deutsch-österreichischen Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt aus dem 18. Jahrhundert zum Beispiel, nach dessen schmerzgeplagten Porträts 2012 die Ausstellung „Walking On Faces" in der Alten Seehandelsbörse entstanden ist. Oder das Werk des spanischen Filmregisseurs Luis Buñuel. Dessen Arbeit hat einen Teil der Ausstellung „Vox Clamantis in Deserto" inspiriert, die er 2014 in der Kapelle von Jule Kewenigs Galerie in Palma gezeigt hat.

Roig denkt gerne und anscheinend fortwährend. Er spricht schnell, spannt Bögen zwischen den Assoziationen, die durch seinen Kopf jagen, auch nachts, erzählt er, „dann wird die Nacht zur Hölle." Man spürt diese Besessenheit, diesen hohen Anspruch, diese absolute Hingabe an die künstlerische Arbeit, wenn man das hohe, komplett weiß gestrichene und eingerichtete Studio des Künstlers im Ortszentrum betritt. Seit acht Jahren arbeitet er in dieser ehemaligen Bodega, ein großer, heller, ebenerdiger Raum mit einem kleinen, abgetrennten Büro. Figuren stehen herum, Bündel von Neonröhren hängen an der Wand, Kohleporträts hängen verkehrt herum. Im Büro ist eine Wand voll mit Zeitungsfotos, Bildern aus Werbeanzeigen oder Reportagen, alles Porträts. „Wenn ich eine Blockade habe, was mir ständig passiert, komme ich hier rein und denke," sagt er in dem kleinen Arbeitsraum und pafft Rauchwölkchen in die Luft.

Lebendiger Monolog

Das Gespräch ist ein lebendiger Monolog, eine flüssige Erzählung zu diesem und jenem, was Roig umtreibt, womit er sich beschäftigt, immer wieder verliert er sich, wendet sich dem Gegenüber aber schnell wieder zu, bleibt dabei höchst präsent, fasst mal zusammen, mal vertieft er, spricht von der Phillips Collection in Washington DC, wo er 2014/2015 ausstellte, „damit war ich als Künstler endgültig etabliert", sagt er.

Und er spricht von einer Ausstellung in Unna in Nordrhein-Westfalen, die er im November eröffnen wird, im Zentrum für Internationale Lichtkunst, das in einer alten Brauerei untergebracht ist. Das Licht ist ein zentrales Element in Roigs Werk. Seine Neon­röhren sind ein Angriff, sie zwingen die Betrachter, die Augen zuzukneifen oder zu schließen. „Dann können sie nicht anders, als den Blick nach innen zu wenden", sagt Roig und freut sich. Er will uns da haben, wo unsere Gedanken und Assoziationen leben und einander jagen. Wir sollen uns mit unseren inneren Dämonen auseinandersetzen, fordert er, so wie seine Figuren von dickleibigen Männern mit offenen Hosen, die abwesend wirken, gefangen in ihrer Welt.Zwei Besuche zum Preis von einem

Zu den Filmen will er nicht viel sagen, man müsse sie sehen, meint er. Geografisch und metaphorisch behandelt jeder Film eine Station in Wittgensteins Leben, das Haus in Wien oder die Reste seiner Denkerhütte in einem norwegischen Fjord. Die Eintrittskarte erlaubt dem Besucher übrigens den zweimaligen Besuch, für einmal ist es wohl zu viel. Roig warnt, dass die Filme keine allzu leichte Kost sind. Die Schau ist koproduziert vom spanischen Kulturministerium, sie wird in Spanien auf Wanderschaft gehen. Der Künstler hat die Filme bereits jetzt dem Museum Es Baluard geschenkt, als Hommage an seine Insel, wie er sagt. Obwohl er in Palma geboren ist und auf Mallorca auch die meiste Zeit lebt und arbeitet, ist er doch außerhalb bekannter als zu Hause. „Jetzt, wo ich älter werde, möchte ich Mallorca etwas geben", sagt er nachdenklich.

Für ihn ist die Schau etwas Besonderes, denn die Filme sind ein persönliches und kostspieliges Projekt, gefördert und begleitet von seinen treuesten Sammlern, die auch zur Vernissage kommen. „Das sind richtige Sammler", sagt er, „die häufen nicht nur Fetische in ihren Häusern an, die begleiten meine kreativen Prozesse." Sie leben in Belgien, Österreich, Deutschland, wo Roig von mehreren Galeristen vertreten wird. Er fühlt sich diesen Ländern sehr verbunden. „Ich stamme zwar vom Mittelmeer", sagt er in seinem Atelier, „aber ich fühle mich der großen Kultur Mitteleuropas verbunden, deren Schwere und Tiefe."

Bernardí Roig. Films 2000-2018, Vernissage: 20. April, 20 Uhr. Kunstmuseum Es Baluard, Palma, bis 2. September.