Es ist düster im Teatre Principal in Palma, die Stimmung nahezu depressiv. Die Scheinwerfer sind aus, das Bühnenbild besteht aus einer grauen Steinmauer und dunklen bedrohlich wirkenden Büschen sowie schwarzen Vorhängen. Leicht vorzustellen, dass sich hier auf der Bühne bald menschliche Dramen abspielen werden, wenn ab dem 6. Juni dreimal die Oper „Norma" von Vincenzo Bellini aufgeführt wird. Im krassen Gegensatz zu der Atmosphäre im Theater empfängt Andrés Salado die MZ mit überschwänglicher Freude. Der 34-jährige Madrilene, der für den gesamten musikalischen Teil zuständig ist, hat ein einnehmendes Wesen. Strahlend erzählt er, dass er in Palma inzwischen seine fünfte Oper leitet. „Dieses Theater gibt mir jedes Jahr die Chance auf eine Premiere, das ist wunderbar."

Salado gehört zu den besten spanischen Dirigenten seiner Generation und arbeitete unter anderem bereits eineinhalb Jahre an der Oper in Wien. Deshalb spricht er leidlich gut Deutsch, auch wenn er das Interview lieber auf Spanisch führt. „Norma" inszeniert Salado gemeinsam mit dem Teatro di San Carlo aus Neapel, die Oper ist, was das Spektakel auf der Bühne angeht, eine italienische Produktion. Die Protagonisten wiederum engagierte der Intendant des Teatre Principal, Carlos Forteza. Das mache die Sache komplizierter, aber auch interessanter.

International angesehene Spitzenleute

Salado ist von den Hauptdarstellern begeistert. „Da hat Forteza wirklich international angesehene Spitzenleute verpflichtet", sagt der Madrilene. Die wichtigste Rolle fällt dabei der Spanierin Yolanda Auyanet zu, die die Norma verkörpert - eine der anspruchsvollsten Stimmen, die es in der Welt der Oper gibt. „Die Rolle hat mehrere Schwierigkeiten: Zum einen ist die Norma einen großen Teil der Zeit auf der Bühne und hat einen großen Gesangspart, zum anderen muss sie ein riesiges Stimmregister haben, kräftig singen können, aber auch das eher leichtfüßige Belcanto beherrschen", erklärt Salado.

Und als ob das noch nicht genug wäre, muss die Norma auf der Bühne auch noch schauspielerisch alles bieten. „Sie ist ja alles in einer Person, Priesterin, zurückgewiesene Liebhaberin, Mutter - es ist ein ständiger innerer Kampf, den ­Yolanda Auyanet absolviert. Und da muss sie überzeugend rüberkommen", sagt Salado.

Konservative Inszenierung

Norma ist eine gallische Priesterin, die zur Zeit der römischen Besetzung eine heimliche - und natürlich verbotene - Beziehung mit dem römischen Feldherrn Pollione (Sergio Escobar) führt. Zwei Kinder sind aus dieser Liaison bereits entstanden. Doch Pollione hat sich in eine der Tempelnovizinnen von Norma, die junge Adalgisa (Ketevan Kemoklidze), verguckt. Als es zu einer Begegnung der drei kommt, werden die Beziehungen offengelegt, und Norma schwört Pollione Rache. Sie will ihre beiden Kinder töten, bringt es aber nicht übers Herz. Stattdessen gibt sie das Zeichen für den Kampf gegen die Römer. Pollione wird gefangen genommen, entsagt aber Adalgisa nicht. Da lässt Norma einen Scheiterhaufen für eine Priesterin errichten, die ihr Keuschheitsgelübde gebrochen hat. Sie meint damit sich selbst. Pollione ist überwältigt und folgt Norma in den Tod.

Die Inszenierung ist konservativ, die Handlung wurde nicht verändert, die Kostüme sind klassisch und opulent. Die beiden mallorquinischen Sänger Antoni Lliteras und Inma Hidalgo haben wichtige Nebenrollen bekommen. „Es ist ein aus meiner Sicht lobenswerter Versuch, internationale Stars mit lokalen Künstlern zusammen auf die Bühne zu bringen", findet Salado.

Ein Erlebnis für Augen und Ohren

Nicht ganz ohne ist die Oper für zwei Kinder aus dem Chor des Teatre Principal. Sie stellen die beiden Söhne von Norma und Pollione dar. Üblicherweise beschränkten sich die Rollen von Kindern in Opern auf Statistentätigkeiten. „Bei Norma liegen die beiden Jungen zu Beginn des zweiten Aktes auf einem Bett allein auf der Bühne. Dann kommt Norma und hebt ein großes Messer hoch, um sie zu erstechen", sagt Salado.

Für die richtige Stimmung auf der Bühne sorgen neben den dunklen Bildern („95 Prozent der Oper spielen nachts", sagt Salado) auch zwei überdimensionale Beamer an der Decke, die einen dreidimensionalen Hintergrund an die Wand projizieren. Es soll eben ein Erlebnis für Augen und Ohren werden.

„Norma" wird am 6. und am 8. ­Juni um 20 Uhr und am 10. Juni um 18 Uhr im Teatre Principal in Palma aufgeführt. Dauer ohne Pause: 2:25 Stunden. Karten für 10 bis 65 Euro