Von Silke Droll

Palmas Promenade Paseo del Borne hieß noch Paseo Generalísimo Franco, am Strand wachte die Guardia Civil darüber, dass die Frauen sich nicht im Bikini zeigten, und deutsche Urlauber fürchteten die Auswirkungen des Olivenöls auf ihre Verdauung. Anfang der 60er Jahre, in der Spannung zwischen alter Sitte und Moral und der Modernisierung der Gesellschaft, wies vielen deutschen Touristen der Reiseführer „Urlaub auf Mallorca" den Weg durch die damals immer beliebter werdende Ferieninsel. Das Werk von dem Autor Heinz Görz aus dem C. Bertelsmann Verlag stammt aus dem Jahr 1960 und spiegelt den Beginn einer mittlerweile ein halbes Jahrhundert andauernden Romanze wider: Auf der Mittelmeerinsel fanden die Deutschen eine spannende Kombination aus Tradition und Exotik.

Aus der Stimme von dem Autor Heinz Görz klingt grenzenlose Begeisterung. „In Mallorca und die Balearen muß man verliebt sein", jubelt er gleich im ersten Satz und wird gleich darauf poetisch. Auf der Insel falle der Morgen wie schimmernder Brokat vom Himmel. Für einen Aufenthalt dort verspricht er eine wahre Katharsis von Körper und Seele. „Man ahnt plötzlich, daß man in den vergangenen Jahren manches falsch gemacht und manches versäumt hat. Man sieht mit einem Male ein, wie unsinnig Hast und Jagd nach Erfolg sind und wie wertvoll Beschaulichkeit und Ruhe sein können." Mallorca erscheint als wahres Paradies, dessen Betreten aber unbedingt die Beachtung der detailgenauen Tipps aus dem Buch erfordert. „Sie werden einfachen und ehrlichen Menschen begegnen. Man wird Sie als Gast und Freund empfangen, wenn Sie als solcher auftreten." Oft wirkt der Text wie eine Anleitung, die ein wohlmeinender Vater für seine naiven Kinder verfasst hat. „Nie darf man auf den Balearen Kopf und Nacken der prallen Sonne aussetzen. Falsche Eitelkeit bringt nur schmerzhaften Sonnenbrand oder sogar eine völlige körperliche Erschöpfung ein." Und immer wieder leuchtet in dem Text zwischen den raren Schwarz-Weiß-Fotos aus den frühen Tourismusboom-Jahren das Mallorca einer vergangenen Zeit. So schreibt Görz etwa in seinen Tipps zum Straßenverkehr. „Kinder, Radfahrer und Mulis sind völlig arglos. Wenn Sie Ihren Wagen unbeschädigt heimbringen wollen, müssen Sie wissen, daß Mulis meist nach der Seite ausschlagen, von der sie die Hupe erschreckt." Gegenüber den Tankstellen mahnt er zur Vorsicht. Es empfehle sich, ein Haarsieb beim Tanken zu benutzen. Herren bekommen außerdem den Hinweis, bei Tisch stets Jackett oder Sakko über dem Hemd zu tragen. Andernfalls sei man kein Caballero.

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