Von Jutta Christoph

Von Glück sprechen kann auch, wer es schafft, den orangefarbenen Hinweis­schildern zur Finca zu folgen, ohne sich ein einziges Mal zu verfahren. Endlos windet sich die schmale Straße, die von der PM 512 abführt, durch Wiesen, Felder und Olivenhaine. Eltern gucken angestrengt, Kinder zappeln auf dem Rücksitz - bis endlich der Blick auf Pferdekoppeln fällt. Ab jetzt dauert es maximal zwei Sekunden, bis der Nachwuchs anfängt, aufgeregt zu kreischen. Willkommen auf dem Reiterhof Son Menut.

Die Eltern brauchen keine Angst zu haben, ihre Kinder auf dem 25 Hektar großen Gelände zu verlieren. Denn neben Hunden, Katzen und ein paar Hühnern dreht sich die Welt auf Son Menut hauptsächlich um die Pferde. Und die stehen schön auf einem Fleck versammelt im Stall und auf der Weide. Im Hof werden sie geputzt, gesattelt und gezäumt und in einer der zwei Reitbahnen bewegt. Das ist überschaubar.

Bis Anfang der 80er Jahre war die finca agrícola am Camí de Son Negre noch eine Rinderfarm. Doch Antonio Barceló, der Ställe und Rinder eines Tages von seinem Vater erbte, sattelte lieber auf Pferde um. „Die gefielen mir schon immer besser", sagt der heute 49-Jährige mit einem verschmitzten Lächeln. Er begann, auf dem Hof reinrassige Andalusier zu züchten. Ein paar Jahre später kam eine Reitschule dazu, 1995 ein Restaurant und Hotel mit acht Doppelzimmern und vier Apartments. Heute ist alles miteinander verknüpft, und Antonio Barceló behält den Überblick.

Im Moment ist wieder ­Fohlenzeit, erzählt der Mallorquiner und stapft mit großen Schritten Richtung Weide, auf der etwa 50 edle Zuchtpferde stehen. Sieben Fohlen sind bereits geboren, zwölf weitere werden in den nächsten Wochen erwartet. Den Nachwuchs verkauft Barceló hauptsächlich nach Deutschland, Schweden und in die USA. Pferde, die mit drei Jahren noch nicht weg sind, werden auf Son Menut ausgebildet und zugeritten.

Die Sache mit dem Pferdehaar

„Manchmal verlieben sich die Gäste beim Reiten in ein Pferd und nehmen es am Ende des Urlaubs mit nach Hause", sagt Barceló, der selbst passionierter Reiter ist. 25 lange Jahre sah es allerdings so aus, als könnte der Züchter nie wieder im Leben in einen Sattel steigen. Denn mit Anfang 20 begann er, unter einer Pferdehaarallergie zu leiden. Und konnte sich schon bald keinem Pferd mehr nähern, ohne Niesanfälle, tränende Augen und juckende Ausschläge zu bekommen.

Doch Barceló machte trotzdem weiter, „meine geliebten Pferde aufzugeben, kam überhaupt nicht in Frage". Auch wenn er sich jedes Mal nach dem Kontakt mit den Tieren die Hände waschen und sein Asthma­spray einsetzen musste. Bis ihm vor zwei Jahren seine deutsche Reitlehrerin Andrea Holze zum ersten Mal von einer Pferderasse, den Curly Horses, erzählte, die speziell für Allergiker gezüchtet werden. Mit ihrer Hilfe nahm er Kontakt zu einer Züchterin in Stuttgart auf, die die ersten Curlys von den USA nach Deutschland exportiert hatte. Die Tiere mit dem ungewöhnlich gelockten Haarkleid gelten als hyperallergen und bereiten Allergikern mit ihrem speziellen Fell weniger Probleme. Doch Antonio Barceló wollte ganz sicher gehen und schickte Haarproben eines Curly-Hengstes zusammen mit einer eigenen Blutprobe in ein Labor nach Madrid. Das Ergebnis: Die Curly-Haare waren für ihn deutlich besser verträglich als die von glatthaarigen Pferden.

Der Mallorquiner überlegte nicht lange, kaufte den Hengst und ließ ihn von Stuttgart nach Felanitx transportieren. „Jetzt kann ich endlich wieder ganz gemütlich ausreiten", sagt Barceló und krault seinem Hengst Dustin den Kopf. Inzwischen hat er sich in die ungewöhnliche Rasse mit dem liebenswerten Charakter so sehr verguckt, dass er beschlossen hat, der erste Curly-Züchter Spaniens zu werden. „Auf Mallorca bin ich garantiert der einzige Mensch, der einen Curly besitzt. Und wahrscheinlich auch der einzige in ganz Spanien." Für seine neue Zucht hat Barceló sich zwei Stuten aus Stuttgart ausgeliehen, die er auf seiner Finca von Dustin decken lässt. „Die Fohlen behalte ich, die Stuten fahren zurück. Allerdings ist noch nicht sicher, ob wirklich Curlys dabei herauskommen. Die Rasse ist etwas kompliziert."

Die Curlys sind dabei nicht das einzige Projekt auf Son Menut. Barceló lässt einen alten Rinderstall in einen Pferdestall mit bequemen Boxen für mindestens 20 Tiere umbauen. Und gleich nebenan entsteht ein Mini-Stall, der in seinen Proportionen für kleine Pferde und Besucher eingerichtet wird. „Das ist meine eigene Erfindung", sagt Barceló stolz und geht dabei in die Hocke. „Stellen Sie sich mal vor, Sie würden das alles hier aus dieser Position sehen. Kinder gucken ja immer von unten auf die Pferde." In seinem Mini-Stall soll das fortan anders sein und die Kleinen sich dort schon bald wie die Großen fühlen.

Dass sich Kinder und Erwachsene gleichermaßen auf Son Menut wohl fühlen, merkt man bei einem Rundgang ziemlich schnell. Und dass die Finca jedem etwas bietet, scheint auch das Rezept für ihren Erfolg zu sein. Wer mal keine Lust hat auszureiten, der geht spazieren oder setzt sich auf die Wiese in den Garten. Das einzige, was man dort sieht, sind Orangenbäume, Zypressen und Palmen. Andere Gäste liegen am Pool oder nutzen das Spa mit ­Sauna, Jacuzzi und Massageräumen. „Wir haben sogar Stammkunden, die nie reiten", erzählt Antonio Barceló. Sie kommen, um die Natur zu genießen und vom Liegestuhl aus die Pferde zu beobachten. „Pferde sind wundervolle Tiere mit wundervollen Bewegungen", sagen zwei Holländerinnen, die sich im ­Bikini auf der Terrasse sonnen. Ihre Kinder bekommen gerade Unterricht von einem der sechs Reitlehrer.

Die Reitlehrer sprechen auf Son Menut Spanisch, Deutsch, Englisch und Französisch und geben Unterricht auf allen Levels. Toll für Kinder: Sie dürfen mit ihren Ponys alles selber machen. Wer sich noch nicht so viel zutraut, bekommt von einem der Reitlehrer erklärt, wie man das ­Pony führt, das Halfter abnimmt, Sattel und Trense auflegt. Und darf es danach gleich selbst ausprobieren.

Erst mal aufs Pony

Mit 30 Reitponys behält man als Reitlehrerin noch den Überblick, meint Stefanie Holze, die schon seit vielen Jahren wie ihre Schwester auf Son Menut arbeitet. „Im Laufe der Jahre bekommt man auch die Entwicklung der Kinder mit." Für die 40-Jährige gehört die Pferdepflege genauso zum Unterricht dazu wie die Reitstunden auf dem Platz. Mit ihr ausreiten dürfen Kinder ab circa sechs Jahren, „wenn die Beine lang genug sind und sie ihre Pferde selbstständig treiben und lenken können". Davor macht sie mit ihren Schützlingen Pony-­Spaziergänge und gewöhnt sie so schon mal ans Gelände.

Im Sommer betreut Stefanie Holze neben Urlaubsgästen und Tagesbesuchern auch acht bis zehn mallorquinische Kinder pro Woche. „Die haben das Glück, beim Sommercamp vom Ayuntamiento in Campos einen Platz bekommen zu haben." Wer sich dort früh genug anmeldet, darf eine Woche lang von morgens bis abends auf Son Menut rumtoben, bekommt Theorie- und Reitunterricht und mittags ein warmes Essen. Nicht selten kämen die Kinder nach solch einer Woche mit ihren Eltern wieder, um Reitstunden zu nehmen. „Son Menut funktioniert wie ein Magnet." Und wer einmal den Weg zur Finca gefunden hat, kann sich ohne Umwege immer wieder anziehen lassen.

Preise: Doppelzimmer pro Nacht mit Frühstück ab 89 Euro. Reitunterricht und Ausritt ab 16 Euro pro Stunde, Tagesritt ab 89 Euro. Reservierungen unter Tel.: 971-58 29 20. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

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