Seit achteinhalb Jahren steht er in seinem Restaurant Es Molí d´en Bou in Sant Llorenç des Cardassar am Herd. Im April 2009 wird Tomeu Caldentey (36), der einzige Mallorquiner unter den Sterneköchen der Insel, die Mühle verlassen - und an die Ostküste nach Sa Coma ziehen. Altes Konzept, neuer Ort: Die Molí d´en Bou präsentiert sich dann in einem Vier-Sterne-Hotel.

Zwei von fünf Sterne-Restaurants auf Mallorca befinden sich bereits in Hotels, im Read´s in Santa Maria, im Arabella Sheraton in Palma. Nun ziehen auch Sie um. Können Starköche nur noch unter dem Dach eines Hotels überleben?

Dahin geht jedenfalls die Tendenz. Der mögliche neue Sternekoch Joan Marc Garcías arbeit ebenfalls im Hotel, im Son Brull in Pollença. Dieser Trend zeichnet sich nicht nur auf Mallorca ab, sondern weltweit. Egal, ob man nach Paris, London oder Tokio schaut.

Erst tiefste Provinz in Sant Llorenç des Cardassar, jetzt Sa Coma, was auch nicht gerade der Nabel der Welt ist. Was sprach gegen Palma?

Gegenfrage: Wie viele gute Restaurants gibt es in Palma?

Nicht atemberaubend viele ?

Eben. Und manche, die gut sind, können sich nicht halten. Erst vor kurzem hat das Refectori im Hotel Convent de la Missió geschlossen. Ich glaube nicht, dass Palma als Standort große Vorteile bietet.

Spielte die sich abzeichnende Wirtschaftskrise bei Ihrer Entscheidung eine Rolle?

Dieses Jahr war schon kein einfaches Jahr. Und es wäre noch schwieriger geworden, wenn wir nicht im Januar das Bistro Taronja Negra eröffnet hätten. Ich glaube, die Leute werden in Zukunft ihr Geld zusammenhalten. Und die Restaurants sind die ersten, die das merken. Unabhängig davon bin ich jemand, der Lust hat, neue Wege zu gehen. Ich muss mich weiterentwickeln. Als sich nach über acht Jahren die Gelegenheit ergab, habe ich sie beim Schopfe gepackt.

Macht Ihnen die Situation Angst?

Angst nicht. Sie beunruhigt mich ein wenig. Sterne-Restaurants sind mit einem sehr großen Aufwand verwunden. Wir verwenden nur Qualitäts-Produkte, das heißt: Schon der Einkauf ist teuer. Wir haben einen hohen Personalaufwand. Präsentation und Ambiente müssen erstklassig sein ? Mit anderen Worten: Die Rentabilität ist nicht umwerfend hoch.

Wie wird das neue Restaurant heißen?

Der alte Name bleibt: Es Molí d´en Bou.

Ein Mühlenrestaurant ohne Mühle?

Wir ziehen ja sozusagen nur ein anderes Kleid an, alles andere bleibt beim Alten.

Ein Neubeginn ohne Neuerungen?

Das Küchenkonzept bleibt: Wir bieten Speisen von hoher Qualität - versehen mit einem mallorquinischen Stempel. Allerdings werde ich die Menüs flexibler gestalten und die Bandbreite der Preise verändern.

Das bedeutet?

Es werden nicht nur Vier- oder Fünf-Gang-Menüs zu haben sein, sondern auch kleinere zu günstigeren Preisen. Und wer nur auf einen Cocktail, Champagner, Café hereinschauen will, kann es sich in einem Bar-Bereich mit Kamin gemütlich machen. Übrigens lasse ich mir in Sa Coma auch in die Töpfe gucken.

Es wird einen Cheftisch in der Küche geben, wie bei Marc Fosh im Read´s?

Genau. Sechs Gäste können mir beim Kochen sozusagen live zuschauen. Aber auch die anderen Besucher können einen Blick erhaschen. Der Speiseraum ist nur durch eine Scheibe von der Küche getrennt - wie in Sant Llorenç auch.

Was versprechen Sie sich letztlich von dem Umzug?

Das Restaurant hier im Dorf ist sehr romantisch. Es hat etwas Nostalgisches. Doch was fehlt, sind die Bars nebenan, für einen Aperitif. Oder Zimmer, in denen man nach einem guten Essen in die Federn kriechen kann. Aus Angst vor der Guardia Civil, die nachts an jedem Kreisel steht - und hier gibt es viele Kreisel - will doch keiner mehr nach ein paar Glas Wein Auto fahren. Fazit: Gästen muss der Restaurantbesuch vereinfacht werden.

Das Rundum-sorglos-Paket für Resto-Gäste?

Ich glaube, das ist fundamental. Zudem muss ein größeres Angebot als ?nur´ Speisen zur Verfügung stehen. Wer sich nach einem Besuch bei mir im Hotel einquartiert, kann sich am nächsten Tag im Spa-Bereich entspannen oder sich eine Beauty-Behandlung gönnen. Von Leuten zu leben, die ausschließlich zum Essen kommen, wird immer schwieriger. Und Stern hin oder her: Letzten Endes nützt einem Koch die Kreativität, das Engagement, das Ansehen wenig, wenn die Gäste nicht kommen.

Im April 2009 wird also umgezogen?

Räumlich ja. Von der Abrechnung her ist es getrennt. Wir gehen in das komplett renovierte Sa Coma Playa Gran Hotel & Spa, wo uns eine Riesenfläche zur Verfügung gestellt wird. Insgesamt rund 700 Quadratmeter: für das Restaurant mit 35, 40 Plätzen, einen Nebenraum mit 20 Plätzen, die Bar-Lounge, die Terrasse - und natürlich die Küche. Er wird alles sehr modern, aber nicht kühl gestaltet, da bei der Innenausstattung viel Holz, viel mallorquinischer Marès-Stein verwendet wird. Nebenan befindet sich das vor wenigen Monaten eröffnete Fünf-Sterne-Hotel Biomar mit seinen rund 200 Zimmern, in dem unter anderem Kongresse abgehalten werden. Auch von dieser Klientel hoffen wir zu profitieren.

Warum sollten Gäste in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch noch Geld für Hotel und Spa-Anwendungen ausgeben?

Gerade in der Nebensaison wird es sehr interessante Angebote geben. Vielleicht reizen diese, die berühmten escapadas, die kleinen Wochenendausflüge, nicht nach Barcelona oder sonst wohin zu unternehmen, sondern auf der Insel zu bleiben, Man kann es sich ja auch hier gut +gehen lassen.

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