Das ist Essen auf die rustikale Art, neben mächtigen Holzfässern in den Tiefen riesiger Keller: in den celleres von Mallorca. In Inca gibt es gleich mehrere von ihnen, sie befinden sich allesamt im Zentrum, nur ein paar 100 Meter voneinander entfernt. Dass Inca sozusagen die Hochburg der Weinkeller ist, kommt nicht von ungefähr. Denn Inca liegt zentral, ist umgeben von Weingütern, war über Jahrhunderte hinweg ein bedeutender Marktplatz. Die Händler kamen mit Karren voller Waren, und wenn ihr Magen zu knurren anfing, musste der Hunger gestillt werden. Was bot sich dafür besser an als die kühlen Keller, in denen schon mal für eines reichlich gesorgt war: Wein.

Daran herrschte dank der zum Teil 3.700 Liter fassenden botas wahrlich kein Mangel. Ihre Brotzeit brachten sich die Gäste zunächst selber mit, erst nach und nach tischten die Wirte auch kleine Speisen auf, bis sich die Lokale schließlich zu Restaurants mauserten. Dass diese traditionellen Refugien mallorquinischer Lebensart bis heute erhalten geblieben sind, gehört zu den kleinen Wundern dieser Insel.

Aber gehen wir hinein, nehmen wir die sechs steinernen Stufen hinab in den Celler Ca´n Ripoll, um in eine andere Welt einzutauchen. Er gleicht einer riesigen Halle, gehört mit seinen rund 350 Jahren zu den ältesten Exemplaren seiner Art in Inca. Früher wurde der celler von den Herrschaften, die in dem stattlichen Gebäude darüber residierten, als privater Weinkeller genutzt. Und noch heute lehnen sich zwölf Riesenfässer herrlich behäbig an die sechs Meter hohen Wände - Fässer, die einst aus Oliven- und Steineichenholz gefertigt worden sind. Und zwar direkt vor Ort: Die dicken Kolosse passten ja durch keine Eingangstür.

Noch heute verrät ein daran angebrachter Griff: Hier rinnt der Wein vom Fass direkt in tönerne Krüge, so wie in alten Zeiten. Das hat was Urgemütliches, irgendwie erfrischend anti-minimalistisches, aus diesem dicken celler-Bauch will man nie mehr wieder weg. Jedenfalls erst mal nicht.

Der Wein, der ausgeschenkt wird, stammt aus Mallorca, es ist ein tinto aus der Bodega Ripoll in Binissalem, den Dreiviertelliter gibt es für 6,50 Euro. Intim ist es hier nicht, 100 Gäste können an den Tischen mit den zünftig karierten Decken Platz nehmen, hinzu kommen noch mal rund 70 Plätze im Patio. Zudem gibt es einen kleinen Privatbereich, im sogenannten reservado können weitere 30 Personen untergebracht werden.

Seit 40 Jahren wird der Celler Ripoll von der Familie Gual Gomilla bewirtet. Die Preise für die Speisen sind moderat. So ist der gemischte Salat für 6,35 Euro zu haben, die Paella mixta für 10,25 Euro. Der Tortilla wird mit Sobrassada richtig Würze verliehen oder bekommt mit Spargel den Pfiff (beide 6,85 Euro). Dazu gibt es Urmallorquinisches wie sopa mallorquina, lechona und frito mallorquín.

Wer nur wenig Hunger hat: kein Problem. ?Wir bitten Ihnen auch gerne halbe portionen an (TAPAS), fragen Sie bitte unsere Bedinung", heißt es in nicht ganz einwandfreiem Deutsch.

Antonio Gutiérrez (55) aus Córdoba, der schon als Kind auf die Insel kam, hat das im Celler Sa Travessa ein wenig besser im Griff. Ihm sind die ausländischen Gäste extrem wichtig. Kalbsnieren (11 Euro), Lammschulter (15,50 Euro), Kaninchen mit Zwiebeln (12,50 Euro) finden sich auf der Speisekarte. Bereits um zehn Uhr morgens hängt die Tafel mit dem stets wechselnden Tagesmenü draußen neben dem Eingang, sie annonciert zwei Vor- und zwei Hauptspeisen (erst Fischtopf, dann Lammschulter zum Beispiel), alles für 9,50 Euro, Wein oder Wasser, Brot und Oliven sowie Nachtisch inklusive. Man könnte allerdings auch die Kalbszunge mit Kapern (9 Euro), die Hühnerbrust mit Pfeffersauce (9,50 Euro) oder Meerbarben wählen (15 Euro).

14 trutzige Holzfässer stehen im Restaurant mit seinen 110 Plätzen, die Gutiérrez Jahr für Jahr sorgfältig mit Öl behandelt, damit sie noch lange Jahre erhalten bleiben. ?Das kostet jedes Mal eine Menge Geld", sagt er. ?Aber finanzielle Unterstützung gibt es keine." Das ist einer der Gründe, warum heute von den einst 20 celleres in Inca, die noch in den 70er Jahren existierten, nur noch fünf übrig geblieben sind. ?Viele Eigentümer lassen dieses ganz besondere Kulturgut verfallen, weil der Unterhalt zu teuer ist."

Tomeu Torrens ist der Chef von Ca´n Amer. Der Mann hat wie sein Vater Pepe ein besonderes Faible für Wein, kein Wunder bei diesem Ort. Was zur Folge hatte, dass sein Keller aus dem Jahr 1700 mittlerweile bekannt ist wie ein bunter Hund: Es ist das Restaurant der 180 Weine - von denen die meisten aus Mallorca stammen. Ausnahmslos alle Bodegas der Insel sind auf der Karte vertreten. Das war Grund genug für den Inselrat, dem Lokal 2006 den Preis für die beste Weinkarte Mallorcas zu verleihen.

Der Celler Ca´n Lau schließlich kommt nur auf den ersten Blick moderner her. Was vor allem an den neuen Fliesen liegt, die den alten Boden bedecken. Auch ist es weniger schummrig als in den anderen celleres. Je tiefer man jedoch in das Restaurant hineintritt, desto urtümlicher wird es. So sind im hinteren Teil - in den Boden eingelassen - noch die alten steineren Weinbecken vorhanden, in die einst der frisch ausgepresste Rebensaft geleitet wurde.

Aufgetischt wird mallorquinische Küche, vom Schweinesteak mit Kohl (9 Euro) über gefüllte Auberginen (8 Euro) bis hin zu diversen Reisgerichten (zwischen 6 und 11 Euro). Das Mittagsmenü (montags bis samstags) kostet 7,90, mit Verdauungsschnäpschen 8,50 Euro. Der Hauswein ist preiswert, die Flasche kostet 6 Euro.

Celleres sind übrigens im Sommer der ideale Ort zum Speisen. ?Bei uns herrschen das ganze Jahr über konstant 17 bis 18 Grad Celsius", sagt Antonio Gutiérrez. Man wusste schon, warum man früher hier den Wein lagerte ?

Adressen & Telefonnummern

- Celler Ca´n Ripoll, C/. Jaume Armengol, 4, Telefon: 971-50 00 24

- Celler Sa Travessa, C/. Murta, 16, Telefon: 971-50 00 49

- Celler Ca´n Amer, C/. Pau, 39, Telefon: 971-50 12 61

-Celler Ca´n Lau, C/. Roser, 5, Telefon: 871-91 53 56

- Celler Ca´n Marron, C/. Rector Rayó, 7, Telefon: 971-50 41 60

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