Es gibt sie auch auf Mallorca, die Unternehmer, die von einer Garage aus versuchen, im Geschäft der Etablierten mitzumischen. Die von einem Kuchen mitessen wollen, dessen Anteile seit Jahrzehnten unverrückbar verteilt scheinen. Die eine neue Marke aus dem Nichts aufbauen.

Wer die Garagenfirma von Enrique Salar in einer kleinen Seitenstraße im Zentrum von Palma betritt, kommt beim ersten Umschauen nicht unbedingt darauf, in was für einem Geschäft der 34-jährige Salar überhaupt tätig ist. Linker Hand ein Büro von der Größe eines Pferdeanhängers, in dem die Italo-Kanadierin Karen Bragagnolo den Kontakt zur Außenwelt hält. Davor ein aufgemöbelter VW Käfer im Rallye-Kostüm, Baujahr 1970. Nur die Speziallackierung mit dem Firmenlogo ist ein Hinweis darauf, dass die Garage keine Autowerkstatt ist, sondern etwas mit Kaffee zu tun haben könnte.

„Wir bauen gerade um", entschuldigt sich Enrique Salar und deutet auf den hinteren Bereich, wo das Lager ist und wo die Espressomaschinen stehen. Dann macht er am hauseigenen Apparat erst einmal einen Cappuccino für den Gast. Qualität und Aussehen erinnern an Italien. Und genau daher komme seine Konkurrenz, sagt Salar. Cafe Salar, mit dem Zusatz „Mallorca Coffee Company", möchte mit den bekannten Qualitätsmarken in Wettbewerb treten, mit Illy, Lavazza & Co, allesamt italienischer Herkunft.

Spanien bezeichnet der Mallorquiner Salar als „Kaffeewüste". Schlechter Kaffee, schlecht zubereitet von schlecht ausgebildetem Personal. Für den Verkauf seines eigenen Produkts sei das ebenfalls schlecht, denn er müsse Barbetreiber, Hoteliers und andere Café-Anbieter erst in langen Gesprächen überzeugen, was einen guten Kaffee ausmache und nicht zuletzt – wie man ihn zubereitete. Wer bisher geglaubt hat, Kaffeemachen sei ein Kinderspiel, sollte sich mal eine Weile mit Enrique Salar unterhalten, der seit seinem 18. Lebensjahr in der Branche arbeitet.

Die Liste möglicher Fehlerquellen ist nämlich groß. Angefangen bei der regelmäßigen Säuberung der Maschine, über die richtige Wassertemperatur (115 Grad), überhaupt die Verwendung des richtigen Wassers, den besten Druck, mit dem das Wasser durch den Café gepresst wird (15 kg oder 8 bar), das Mahlen des Kaffees (nicht zu grob, nicht zu fein), die fachgerechte Lagerung (möglichst luftdicht und kühl), damit der Kaffee nicht oxidiert, die korrekte Portionierung der Kaffeemenge (7 Gramm pro Tasse Espresso), bis hin zur richtigen Zuckermenge (5 Gramm): Es kann viel schieflaufen an der Kaffeemaschine. Und das tue es auch, sagt Salar, und zwar nicht nur beim Laien daheim sondern selbst in Spitzenrestaurants.

Wenn schon die Kaffeezubereitung ein Thema ist, mit dem man eine Fachzeitschrift füllen kann, dann eignet sich die Kaffeeherstellung und -mixtur als dickes Sonderheft. Enrique Salar verwendet Arabica-Bohnen aus dem Hochland von Brasilien, Kolumbien, Guatemala und Honduras. Für die De-Luxe-Edition Gold fügt er noch Robusta-Bohnen der Sorte „Indian Cherry" hinzu, laut Salar besonders „kräftig und aromatisch".

Die Bohnen kauft er von einem Kaffeeröster in Barcelona, der sie auch für ihn röstet, jede Sorte für sich, wie Salar betont. Und nach Salars eigener Rezeptur, die der Mallorquiner aber nicht verraten mag. Nur so viel: Sein Produkt trage das Zertifikat der sogenannten Rainforest Alliance, ein internationales Nachhaltigkeitssiegel, das auch an Kaffeeplantagen vergeben wird. Man brauche sich über Kinderarbeit und sonstige Ausbeutung auf den Kaffeeplantagen als Verbraucher keine Sorgen zu machen, so Salar.

Vor fünf Jahren hat Enrique Salar sein Unternehmen gegründet. Seitdem ist die jährlich verkaufte Kaffeemenge von 2 auf 12 Tonnen pro Jahr gestiegen. Den Umsatz beziffert der Kaffeeunternehmer auf rund eine Viertelmillion Euro, Tendenz steigend. Doch habe das nur fünf Personen starke Team mit allerlei Schwierigkeiten auf dem mallorquinischen Markt zu kämpfen. Abgesehen von der verkäuferischen Überzeugungsarbeit, die Salar Tag für Tag „auf der Straße" leiste, gebe es immer wieder Finanzierungsprobleme.

Große Kunden wie Hotelketten bitten sich Zahlungsziele von zwei Monaten aus, während er, der kleine Unternehmer, beim Röster in Barcelona in bar zahlen muss. Auch die Banken würden Firmen wie ihm trotz des nachweisbaren Warenumschlags den Handel nicht zwischenfinanzieren. Erst recht nicht, seitdem die Finanzkrise die Institute noch zurückhaltender agieren lässt.

Ein weiteres Problem auf dem spanischen Markt sei, dass jedem Barbetreiber auch gleich die Maschine samt Handhabungskurs mitgeliefert werden müsse, alles auf Kosten des Kaffeehändlers. Die Maschinen, die Enrique Salar ausliefert, stammen aus Italien, ihr Preis betrage über 2.000 Euro pro Stück. Bevor ein Kunde beliefert wird, muss Salar dessen Reputation prüfen. Das geschieht meist durch ein paar Telefonate, zum Beispiel mit dem Weinhändler. Zahlt der Kunde pünktlich? Ja? Nein? Auf Mallorca kennt man sich, sagt Enrique, da bleibt nichts verborgen.

Trotz der Schwierigkeiten kämpft sich Enrique Salar Stück für Stück voran. Guter Kaffee ist auch ein Lifestyle-Produkt und Lifestyle lässt sich auf Mallorca verkaufen. So zählen Edelbars wie Mood oder Purobeach ebenso zu den Kunden wie der Szene-Club Garito oder Feinschmeckerlokale wie das Reads oder Simply Fosh. Mit der Teilnahme an Oldtimer-Rallyes will Autofreak Salar seine Marke zusätzlich bekannt machen. Damit er nicht hinterherzuckelt, hat er die Käfermaschine von 40 auf stattliche 120 Pferdestärken aufgerüstet. In den Straßen Palmas ist er allerdings mit dem Firmen-Smart unterwegs, der dank dem Logo mit den zwei Palmen selbst aussieht wie eine Riesenpackung Salar.

Bislang beschränkt das Unternehmen seinen Handel überwiegend auf die Belieferung des Gastronomie-Sektors. Den Verkauf an Endkunden will man in Zukunft dennoch ankurbeln. Momentan ist die Marke Salar nur in wenigen Spezialgeschäften wie Fosh Food in Palma oder im Salz-Shop der Flor-de-Sal-Unternehmerin Katja Wöhr in Santanyí zu kaufen. Für die Kilopackung ungemahlenen Cafés sind von Endkunden 22,10 Euro zu bezahlen, die 250-Gramm-Packung (gemahlen) kostet 6,30 Euro. Gegenüber den wichtigsten Konkurrenten wie Illy biete man also auch Preisvorteile. Die italienische Marke kostet in der 250-Gramm-Dose mehr als 7 Euro. Auch die sogenannten Pads gibt es von Salar, ebenso wie Tassen und sonstiges Zubehör.

Für weitere Umsatzsteigerungen setzt der 34-Jährige vor allem auf den Export in Länder wie Deutschland, England oder auch Schweden. Die Ziele des Kaffeeunternehmens aus Palma sind ehrgeizig. 2010 möchte man den Umsatz auf eine halbe Million Euro verdoppeln. Keine Zahl, vor der sich Kaffee-Riese Illy fürchten müsste. Aber schon andere Firmen haben bekanntlich mal in der Garage angefangen …

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Man sieht sich auf ein Wässerchen in Mallorcas Water-Gallery

- Des Mallorquiners liebstes Blatt heißt „romana"

- Wellness für alle Sinne: Day-Spa Son Caulelles

- Schöne Dinge: Die Kunsthandwerker vom Ca´s Forneret

Diese Artikel finden Sie auch hier