Alpargatas – die berühmtesten Schlappen Spaniens: Kaufen kann man die auf Katalanisch espardenyes genannten Jute-Sandalen auch hier an jeder Ecke. Das Paar kostet in der Regel um die zehn Euro. Und nach einem Sommer ist es normalerweise reif für die Tonne. Alles billige Fließbandware aus Fernost? Nicht nur: Einige Treter werden noch per Hand gemacht, in einer kleinen Wohnwerkstatt in Consell. Ihr Schöpfer: Pere Parets Horrach. Und im Gegensatz zu anderen alten Handwerksberufen kann er sogar davon leben.

Aber sein Berufszweig stirbt aus. „Wenn ich aufhöre, macht keiner weiter, zumindest nicht hier", sagt der 54-Jährige. Spanienweit gibt es neben ihm nur 14 vergleichbare Schuhmacher, auf den Balearen ist er seit zehn Jahren der Letzte. Dabei war Mallorca früher eine ­espardeny-Hochburg.

Allein in Consell lebten zwischen den 20er und 40er Jahren 92 Handwerker, die das traditionelle Schuhwerk der Bauern herstellten, darunter auch Pere Parets´ Großvater. Obwohl der Ort nur 1.900 Einwohner zählte, gab es zeitweise 43 Werkstätten. Die Konkurrenz wurde so groß, dass viele espardenyers das Dorf verließen und zum Beispiel nach Inca, Petra oder Sineu zogen, um ihre Schuhe unter die Leute zu bringen. Großvater Parets aber blieb.

1960 dann ein schwerer Schlag für die Branche: Der Industrieschuh kam auf den Markt. Die Preise für robustere Schlappen fielen, und die Verkaufszahlen der kleinen Handwerksbetriebe brachen ein. Einige von ihnen gingen pleite, der von Großvater Parets nicht. Er machte weiter.

1980 stieg Pere Parets in das Familienunternehmen mit ein, das zwischenzeitlich sein Vater übernommen hatte. Allerdings nicht ganz freiwillig, sondern aus der Not heraus, denn der gelernte Polsterer war arbeitslos. Sein Vater habe ihm den Einstieg nicht gerade leicht gemacht. „Immer hatte er etwas an meiner Arbeit zu kritisieren – auch noch Jahre später", sagt Pere Parets.

Rückblickend sei das allerdings wichtig gewesen, um die Arbeitsschritte so zu verinner-

lichen, dass man nicht mehr nachdenken muss. Vier Jahre habe das gedauert. Seitdem hat Pere Parets geschätzte 500.000 Schuhe gefertigt, besser gesagt, deren Sohlen gemacht und das Segeltuch (lona) mit ­Schablonen seines Vaters zurechtgeschnitten. Den Rest erledigen seit Jahrzehnten Näherinnen für ihn. Der ganze Arbeitsvorgang dauert circa eine Stunde.

„Das Schwerste ist, die Sohle in die richtige Form zu bringen." Sie besteht aus Jute, einem Naturmaterial, das sehr widerspenstig sein kann. Es wird in Bahnen gerollt und mit einer dicken Jute-Kordel zusammengenäht. Dabei sticht Pere mit einer besonderen Nadel – je nach Schuhgröße – seitlich 20 bis 36 Löcher durch die Sohle, zieht die Schnur horizontal hinterher und verknotet sie. „Dabei muss ich darauf achten, dass die Einstiche und Abstände möglichst gleichmäßig sind." Sonst ist der Schuh nicht zu gebrauchen.

Wie schwer das ist, führt Pere Parets gerne öffentlich vor, zum Beispiel in Schulen, Kindergärten oder Hotels. Damit die großen und kleinen Zuschauer seine Arbeit schätzen lernen. „Das ist ein wertvolles Stück mallorquinischer Kultur."

Die fünf Schlappen von Schuhmacher Pere im Überblick:

Fünf Sandalenarten hat Pere Parets im Programm: die ruseta, den mocasín, das Modell camping, die catalaneta und den ibicenco. Besonders stolz ist Mallorcas letzter Sandalenmacher auf die ruseta, denn erfunden hat das Modell sein Vater Joan Parets. Es zeichnet sich durch einen breiten Baumwollschnürsenkel aus, der den Stoff in zwei Reihen am oberen Spann durch eine Schleife zusammenhält. Die Mischung aus Sandale und Halbschuh eignet sich deshalb prima zum Tanzen bei traditionellen Festen.

Der mocasín – das älteste Modell – hingegen weniger. Es ist offen, breit geschnitten und laut Pere Parets vor allem bei Älteren beliebt, weil es sehr bequem ist und leicht zu tragen. Moderner Klassiker unter den Sandalen ist die camping. Besonders Jugendliche würden sie kaufen. Im Gegensatz zu den anderen Modellen schützt eine eingenähte Stoffbahn die Füße vor der piekenden Sohle aus Jute.

Parets viertes Modell ist die catalaneta. Sie wurde für den katalanischen Volkstanz sardana entworfen und wird sonst selten getragen. Eine Baumwollschnur umspannt die gesamte Sandale und wird unterhalb des Knies verknotet. Der ibicenco ist das einzige der fünf Modelle, das nicht mit Segeltuch (lona) überspannt wird. Außerdem ist es eine balearische Gemeinschaftsproduktion: Die Sohle stellt der Sandalenmacher wie gewohnt selbst her. Dann schickt er den Rohling aber nach Ibiza, wo das aus Hanf hergestellte Geflecht angenäht wird.

Schuhe zum Anfassen:

Schuhmacher Pere Parets Horrach bietet kostenlose Vorführungen an. Weitere Informationen unter Tel.: 971-62 22 48 oder direkt bei ihm in seiner Werkstatt in Consell in der C/. Alcúdia, 41. Öffnungszeiten: Mo - Fr 7.30 - 13 Uhr, 15 - 18.30 Uhr (Freitag nur bis 17 Uhr).

In der Printausgabe vom 8. April (Nummer 518) lesen Sie außerdem:

- Schön hier: Der (kleine) Traum vom Fliegen

- Kindermenü: Palmas bester Spielplatz

- Alles eine Frage des Know-hows: Vier Kilos, der angesagteste Inselwein

- Wellness für alle Sinne: Das Gesamtpaket in Santa Ponça

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