Über dem Hafen von Sóller steht ein kleines Museum. Das heißt Museu de la Mar und erklärt, wie das Leben früher war, bevor es Touristen und Autos gab, bevor die Leute am Strand lagen und in Sóller so viele Geschäfte und Restaurants waren.

Die Sollerics, so heißen die Bewohner des Ortes, lebten viele hundert Jahre lang mit dem Meer: Sie segelten nach Barcelona, wo sie Orangen und Stoffe verkauften, nach Frankreich, Belgien und in die Schweiz. In den Werften am Hafen bauten sie Schiffe, die so robust waren, dass man damit sogar über den Atlantik nach Amerika fahren konnte. Auf denen wanderten vor etwa 150 Jahren viele Sollerics nach Puerto Rico und Kuba aus, denn damals gab es plötzlich weniger Arbeit im Tal: Die Orangenbäume waren krank geworden und trugen keine Früchte mehr.

Manche Sollerics fingen vor der Küste Fische, die sie auf der ganzen Insel verkauften, besonders in Palma. Um nach Palma zu kommen, mussten sie erst das Gebirge überwinden, durch das heute ein Tunnel führt. Das war mühsam, besonders im Sommer. Deshalb fuhren sie lieber mit dem Schiff übers Meer.

Die Sollerics waren gute Segler, Schiffsbauer und Fischer: Weil sie durch das Gebirge vom Rest der Insel getrennt ­waren, lebten sie dem Meer zugewandt. Das brachte aber auch Gefahren.

Zum Beispiel Piraten. Die kamen immer wieder. Sie waren eine richtige Plage. Sie wollten Geld, Schmuck und Frauen und Männer in Sóller klauen und nach Algerien oder in die Türkei bringen. Dort mussten die Gefangenen dann arbeiten, ohne dafür bezahlt zu werden und ohne eigene Rechte. Sie wurden zu Sklaven. Oft mussten sie bei türkischen Sultanen oder arabischen Scheichen dienen, bis sie starben.

Die Piraten, die nach Sóller kamen, waren eigentlich Korsaren. Das ist ein wichtiger Unterschied: Piraten rauben in ihrem eigenen Interesse, Korsaren tun das im Auftrag eines Herrschers.

Stellt Euch das vor: Der Bürgermeister Eures Dorfes würde ein paar Männern, die gerade nichts zu tun haben, den Auftrag geben, in die Türkei zu segeln und dort alles zu klauen, was sie finden! Das ist heute verboten. Korsaren gibt es nicht mehr, Piraten schon, zum Beispiel vor Somalia in Afrika. Man kann sie auch einfach als Räuber auf dem Meer bezeichnen.

Was die Mallorquiner alles gegen die Piraten getan haben, das kann man im Museu de la Mar erfahren. Sie haben zum Beispiel Wachtürme gebaut, in denen Tag und Nacht jemand aufs Meer schauen musste. Vom Museum aus hat man übrigens auch einen weiten Blick übers Meer: Haltet doch mal Ausschau nach einem Schiff! Sobald so ein Wachmann ein Schiff erblickte, sandte er Licht- oder Rauchsignale ins Dorf. Das passierte ziemlich oft. Die Menschen lebten in ständiger Angst vor Überfällen. Sie hatten Kanonen aufgestellt, um ankommende Piratengruppen zu beschießen.

Im Museum sieht man noch diese alten Kanonen und andere Geräte, die die Menschen früher benutzten, an Bord der Schiffe, in Werften und in Wachtürmen.