Es gibt nur wenige Hotels, die schon in der ersten Woche ihres Bestehens einen ähnlichen ­Medienrummel ausgelöst haben wie das Son Vida im Sommer 1961. Maßgeblichen Anteil daran hatten Rainier und Grace von Monaco sowie das Skandal­pärchen Maria Callas und Aristoteles Onassis. Die Wochenend-Fete dieses damals angesagtesten ­Jetset-Quartetts auf jenem Hügel bei Palma und die damit verbundene Invasion von Presseleuten aus aller Welt nimmt im kollektiven Gedächtnis der Mallorquiner derart viel Raum ein, dass dieses Treffen in lokalen Medien bis heute fälschlicherweise als Eröffnungsfest bezeichnet wird.

Die echte Einweihung fand jedoch eine Woche vorher statt, nämlich am 23. Juni 1961. Als Ehrengast war Carmen Polo de Franco, die Gattin des spanischen Diktators, angereist. 50 Jahre später, am Donnerstag (23.6.), feiert das heute in deutschem Besitz stehende Haus

eine Jubiläumsparty, mit der ein glänzendes halbes Jahrhundert gefeiert wird, in dem sich das Ehrenbuch mit weltbekannten Namen füllte.

Die Schlüsselfiguren der Geschichte dieses Hotels sind ein US-amerikanischer Abenteurer namens Steve Kusak und der mallorquinische Winzer José Luis Ferrer.

Steve Kusak hatte nach dem Zweiten Weltkrieg in asiatischen Konfliktzonen Transportmaschinen geflogen. Unter anderem trug sich der Pilot 1954 während des Indochina-Kriegs mit seiner Teilnahme am letzten Versorgungsflug für die eingeschlossene französische Festung von Dien Bien Phu in die Geschichtsbücher ein. Danach ließ er sich auf Mallorca nieder und lud gelegentlich eine Flugzeugladung US-Kriegspiloten zu Veteranentreffen auf die Insel ein.

José Luis Ferrer, dessen Name auf den Etiketten einer der größten Weinkellereien der Insel steht, hatte eine weniger stürmische Vergangenheit. Doch waren seine Erfahrungen maßgebend für das Konzept des Son Vida. Denn Ferrer hatte eine Zeit lang in der Schweiz gelebt und war besonders vom Dolder Grand Hotel in Zürich beeindruckt, einem Luxushotel mit einem eigenen Golfplatz vor der Haustür.

1956 kaufte der Winzer das Anwesen Son Vida, weil er die Möglichkeit erkannte, dort ein Hotel mit Golfplatz einzurichten. Das Landgut war Anfang des 20. Jahrhunderts von Fernando Truyols y Despuig vom landwirtschaftlichen Anwesen zu einem Traumschloss umgebaut und schon lange vor seiner Umwandlung zum Luxushotel von einigen hohen Inselgästen besucht worden. Zum Beispiel 1905 vom britischen König Edward VII. und 1947 von Staatschef Franco. Der Diktator fand Son Vida aus denselben Gründen attraktiv wie hochgestellte Gäste ab 1961: Das Haus bot Stil und mit seiner isolierten Lage auf einem Hügel bei Palma zugleich Sicherheit und die unmittelbare Nähe zur Hauptstadt.

Gemeinsam heckten Ferrer und Kusak (der sich später einkaufte und die Luxussiedlung Son Vida gründete), den Plan von einem mediterranen Traumhotel mit eigenem Golfplatz aus. Auf Mallorca hatte Formentor-Gründer Adán Diehl die Pläne für einen eigenen Golfplatz aufgegeben und ein erster Versuch bei Pollença in der Vorkriegszeit war nur von kurzer Dauer gewesen. Daher musste Ferrer die Expertise außerhalb der Insel suchen und klopfte dabei auch in Monaco an. Mit dessen Herrscher Fürst Rainier verstand er sich auf Anhieb blendend, die Familien freundeten sich an. 1960 kam Rainier mit seiner Gattin­ (und Ex-Filmstar) Grace zum Privatbesuch nach Mallorca und besichtigte die Baustelle des Son Vida.

Als Ferrer ein Jahr später das Hotel eröffnete, schaltete sich das Glamourpaar umgehend ein: Rainier beschloss, in dem Hotel ein Sommerfest zu geben, und fand auch einen standesgemäßen Transport: die Yacht „Christina" des milliardenschweren Reeders Onassis und seiner damaligen ­Geliebten, die Sopranistin Maria Callas.

Allerdings bezogen Onassis und Callas kein Zimmer im Son Vida, sondern blieben auf der „Christina", die in der Bucht von Palma ankerte. Wahrscheinlichster Grund: Sie wollten Kusak und Ferrer einen Skandal ersparen – das Paar war nicht verheiratet.

Rainier und Grace blieben den Ferrers noch lange freundschaftlich verbunden: Als 1964 der hotel-eigene Golfplatz eingeweiht wurde, wurde dem Fürsten die Ehre des ersten Abschlags zuteil.

Es war der Auftakt einer Glanzzeit, an die sich nur schwer anschließen lässt (auf Mallorca gibt es heute mehr als 30 Fünf-Sterne-Hotels), an der man aber studieren kann, unter welchen Umständen eine Aura entsteht, die man auch für teures Geld nicht kaufen kann.

Dass das Son Vida praktisch vom Start weg international, aber vor allem in den USA bekannt wurde, dass Mallorca und sein Schlosshotel Jahrzehnte hindurch Pflichtetappe für amerikanische Europa-Touristen und reihenweise US-VIPs war, hat mit zwei Damen zu tun, an die sich heute kaum jemand erinnert: Hedda Hopper und Elsa Maxwell.

Die beiden Klatschreporterinnen standen mit allen Berühmtheiten auf Du und Du, beide waren zu jener berühmten Party im Son Vida eingeladen, beide waren eigentlich selbst Stars, ebenso umworben wie gefürchtet. Mit ihren schwelgerischen Berichten in den wichtigsten Zeitungen jenseits des Atlantiks sorgten sie für einen PR-Schub, der das mallorquinische Hotel blitzartig in die Kategorie der mega-angesagten Häuser hievte.

Die Folge: ein Reigen von celebrities. Erst der Einbruch des US-amerikanischen Europa-Tourismus in Folge des Golfkriegs 1991 bereitete der Romanze zwischen den US-Amerikanern und dem Son Vida ein Ende.

Die Liste international bekannter Namen im Gästebuch ist lang: von John Wayne bis Rudi Carrell, von John Lennon bis Julio Igle­sias, von Truman Capote bis Yehudi Menuhin, von Jackie Stewart bis Niki Lauda, von Baron de Rothschild bis Conrad Hilton, von König Faisal bis Königin Sirikit, von Walter Scheel bis Jiang Zemin.

Mehrmals wehte im Son Vida ein Hauch von Weltpolitik. An Gaddafis Besuch 1984 ist im Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen bereits erinnert worden. Im selben Jahr verbrachte Li ­Xiannian beim ersten Besuch eines chinesischen Staatsoberhauptes in Westeuropa seine erste Nacht im Son Vida, um sich nach einem 20 Stunden langen Flug in einer Militärmaschine erst mal auszuruhen. Daneben finden sich in der Gästeliste Namen wie Genscher, Gorbatschow, Carlos Menem, Mubarak und Trudeau.

Für Anekdoten ohne Ende sorgten Größen aus dem Entertainment. So luden Gunther Sachs und Brigitte Bardot bei einem Besuch 1966 zu einem Pressetermin ein, unter der Bedingung, dass man sie für den Rest des Aufenthaltes in Ruhe ließe. Im letzten Moment überlegten sie es sich anders, aber da hatte die Pressemeute das Paar schon entdeckt. Darauf entspann sich eine Verfolgungsjagd durch das ganze Hotel, die stilgerecht endete: an einer Bar.

Dreimal hat das Hotel Son Vida den Besitzer gewechselt. In den 80er Jahren wurde es von Ashraf Marwan erworben, dem Schwiegersohn des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Nasser, und 1991 von der katalanischen Unternehmerfamilie Gaspart.

Seit 1995 gehören die Fünf-Sterne-Burg sowie der Golfplatz der deutschen Schörghuber-­Gruppe. Das, und 50 Jahre Geschichte, machen es unwahrscheinlich, dass der Name in Deutschland jemals wieder so verballhornt wird, wie es eine Illustrierte anlässlich der Eröffnung fertigbrachte: Sie nannte das Hotel „San Dido".