Als Frank Mittelbach erfuhr, dass er nach Mallorca musste, war er zunächst bitter enttäuscht, hielt sich für einen „großen Pechvogel" und fragte sich: „Warum ich"? Das war vor 21 Jahren. Der Düsseldorfer kannte die Insel nur vom Hörensagen. Der Reiseveranstalter, bei dem er gerade angeheuert hatte, schickte ihn trotzdem als Reiseleiter auf das Balearen-Eiland. Um ihn zu testen.

Die ironischen Sticheleien seines Vaters im Ohr – „Mallorca ist Köln Hauptbahnhof" – flog ­Mittelbach zur Vorbereitung seiner ersten Wandertour auf die Insel und stellte rasch fest, dass es zwischen Köln Hauptbahnhof und Mallorca doch markante Unterschiede gibt.

Nach der bestandenen Probe ging es zunächst in den ersehnten Südamerika-Einsatz. Doch vor 14 Jahren ließ sich Mittelbach auf Mallorca nieder. Heute macht er für Wikinger-Reisen den balearischen Gebietsleiter, sitzt viel am Schreibtisch, legt aber auch immer wieder die Wanderschuhe an, vor allem, wenn spezielle „Insider-Touren" anstehen.

In all den Jahren ist das Wandern auf der Insel von einer Nische zu einem respektablen Segment des Fremdenverkehrs geworden. Um eine Erklärung ist Mittelbach nicht verlegen: Die Landschaft sei so vielfältig, „von Küste bis alpin", und man wandere nicht durch „nackte Natur", sondern stoße immer wieder auf Geschichte. „So viel Reichtum an Natur und Kultur auf so engem Raum gibt es in Europa wohl nirgendwo." Und auch zum Nachdenken über sich selbst, sagte der geländegängige Philosoph, lade die Landschaft ein, ja zwinge dazu. Am Ende ihres Aufenthaltes gestehen ihm viele Gäste, dass die Insel sie überrascht hat, dass sie gar nicht dem Bild entsprach, das sie von ihr hatten.

Auch Mallorca-Veteran ­Mittelbach wurde schon mit seinen vorgefassten Ansichten konfrontiert: „Einmal ging ich mit einer Gruppe auf den Puig de Galatzó. Schon beim Aufstieg hatte ich mich über Schmutzfinken in Rage geredet. Am Gipfel entdeckte ich dann tatsächlich einen Plastiksack zwischen den Steinen und hielt der Gruppe sofort einen Vortrag darüber, wie barbarisch das sei. Unter Applaus nahm ich den Sack an mich, um ihn später zu entsorgen. Nach meiner Rückkehr stellte ich fest, dass ich das Gipfelbuch mitgenommen hatte."

Also beschloss er, sich mehr mediterrane Gelassenheit anzueignen. Mit offenen Augen geht Mittelbach auch abseits der Wanderpfade über die Insel: Er pflegt Kontakte mit Künstlern, gründete sogar einen eigenen Kulturverein.

Das Gipfelbuch bracht er natürlich zurück.

Von Port d'Andratx bis Pollença

Über rund 120 Kilometer erstreckt sich Mallorcas bislang einzige große Wanderroute, der GR 221. Er ist auch als „Ruta de pedra en sec" (Trockenstein-Route) bekannt, weil viele Abschnitte über Trassen laufen, die in der Trockenbau­methode aus Bruchstein errichtet sind. Normalerweise ist der Weg in acht Tages-Etappen zu bewältigen. Sechs Herbergen („refugis") des Inselrates stehen als Unterkünfte zur Verfügung. Obwohl die bis zu 1.450 Meter hohen Tramuntana-Berge das bevorzugte Wander-Revier darstellen, bieten auch andere Regionen der Insel herrliche Routen.

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