Dicht an dicht liegen verschiedene Feigensorten auf den Holzgestellen zum Trocknen. Morgens hat Miquel Vives ein Plastikdach über die Früchte gespannt, denn Niederschläge sind angekündigt. „Bei schlechtem Wetter verzögert sich der Trockenprozess", sagt der 37-Jährige aus Maria de la Salut. Er besitzt 15 Hektar Land mit 400 Feigenbäumen 37 verschiedener Sorten.

„Alle Inselfeigen haben Samen", sagt Vives, während er weitere Früchten auf die Unterlage legt und festdrückt. Die Samen schmeckten nicht nur nussig, sie zeigten auch, dass die Früchte bestäubt worden sind. Dazu hier ein kleiner botanischer Exkurs.

Auf den figueras der Insel wachsen männliche und weibliche Feigen. Botaniker bezeichnen diese als Scheinfrucht, denn sie sind Blüte und Frucht zugleich. Jedes Jahr im Frühjahr bilden sich in der kugeligen oder birnenförmigen Haut längliche Blütenstände. Wenn diese von der - auf Feigen spezialisierten Wespenart - Blastophaga psenes bestäubt worden sind, entwickeln sich die Einzelblüten zu fleischigen Fruchtständen. Wenn diese verschiedene Rottöne aufweisen und sich Samen gebildet haben, sind die Feigen reif und können getrocknet werden.

Regen kann man dazu nicht gebrauchen. Nur wenn die Früchte Tag und Nacht Hitze abbekommen, sind sie in knapp einer Woche trocken.

Für ihre Konservierung gibt es viele Rezepte. Miquel Vives macht es so: Er säubert die sonnengetrockneten Früchte mit Salzwasser und erhitzt sie kurz im Backofen (180 Grad). Die Trockenfeigen schichtet er in ein Glas, drückt die Lagen fest aufeinander und gibt zum Schluss Fenchel sowie zwei bis drei Fingerbreit Anis hinzu.

Auch beim Feigenbrot pa de figues kommen Trockenfeigen zum Einsatz. Sie werden zerkleinert und gemeinsam mit gemahlenen Mandeln nebst Gewürzen zu einem Teig verarbeitet und gebacken. Für Feigenmarmelade empfiehlt Vives ein Pfund Zucker für ein Kilogramm Früchte. „Die Feigen selbst enthalten viel Fruchtzucker", sagt er.

Beim Anblick der vielen verschieden Früchte auf den Holzgestellen stellt sich die Frage, warum es auf der Insel über 250 verschiedene Sorten gibt. Volkskundler Felip Munar weiß die Antwort: „Die Samen des Fallobstes bilden Keimlinge", aus diesen werden Jungpflanzen, die sogenannten figueras bordas. Jedes Mal, wenn aus einer wilden Feige eine gelungene neue Sorten gezogen worden war, hätte man dieser früher spontan einen Namen gegeben: den des Gutes oder auch einer Tante („Angelina"). Porquenya negra etwa bedeute nicht, dass diese Sorte für Schweine bestimmt war, da es sich um eine der besten Speise­feigen handelt. Sie erinnert wohl eher an ein dickes Schwein.