Antoni Mas holpert mit seinem Wagen eine mit Asphaltflicken bedeckte und Schlaglöchern gespickte Straße im Wald zwischen Puig­punyent und Galilea hinauf und biegt in einen Schotterweg ein. Toni Ferrà, der Eselhirte, tritt aus den Sträuchern auf den Weg. Sein Pickup-Truck mit großem Wasserkanister auf der Ladefläche steht ein paar Meter weiter vorne. Die Männer begrüßen sich und zeigen auf die umliegenden Bäume - genauer gesagt, auf den kahlen Boden dazwischen.

Ferràs Schützlinge haben hier schon ganze Arbeit geleistet: Die 29 Esel und Maultiere haben Farne, Gräser und Sträucher gefressen, die die Waldbrandgefahr erhöhen. Um die Tiere bei der Arbeit zu bewundern, müssen wir aber noch etwa hundert Meter nach oben kraxeln.

Noch bevor wir den weißen Elektrozaun erreichen, hören wir das Klimpern von Glocken. Neugierige Blicke und große, flauschige Ohren richten sich uns entgegen. Die Tiere haben uns längst gehört. Ferrà hält eine Hand voll Luzerne nach oben, und schon trabt ihm seine Herde entgegen. „Das ist für sie wie Süßigkeiten", sagt Antoni Mas.

Der Vorsitzende des Natura Parc mag die Esel und das Projekt, für das die Stiftung inzwischen im zweiten Jahr mit der balearischen Naturbehörde Ibanat kooperiert. Etwa 130 Esel und Maultiere sind in fünf Gruppen auf der Insel im Einsatz. Derzeit fressen sie in den Gemeinden Artà, Santa Eugènia, in einem Militärgebiet, das Mas nicht genauer benennen darf, und eben bei Puigpunyent Brandschutzschneisen in Wälder sowie das Flußbett von Sa Riera sauber.

Mallorca ist damit erst vor Kurzem zu einer so nachhaltigen wie ursprünglichen und vergleichsweise unaufwendigen Methode der Landschaftspflege zurückgekehrt. Denn viele Pflanzen, die menschliche Reinigungstrupps in unwegsamem Gelände mühevoll roden und abtransportieren müssten, vertilgen die Esel entspannt, nebenbei und ohne den teils empfindlichen Böden zu schaden.

Die Tiere in Puigpunyent sind eine bunte Mischung verschiedener Eselrassen und Maultiere. Sie alle haben runde Bäuche, das Fell glänzt, immer wieder schnaubt eines der Tiere zufrieden. „Die dunklen mit dem weißen Bauch und der weißen Zeichnung um Augen und Maul sind mallorquinische Esel", sagt Mas. Dann zeigt er auf ein Tier, das sich am bodennahen Teil eines Farns zu schaffen macht: „Der muss schon zuvor in den Bergen gelebt haben, der weiß wie man das macht." Beim Farn befänden sich Nährstoffe und Geschmack nicht in den Halmen in luftiger Höhe, sondern weiter unten, bei den Wurzeln. „Es ist wichtig, dass wir in jeder Herde ein paar Tiere haben, die das wissen. Damit die anderen von ihnen lernen können."

Ist eine Parzelle abgegrast, müssen die Ibanat-Mitarbeiter lediglich Sträucher und Bäume in der Brandschutzschneise roden. „Genauso haben das die Menschen bis vor 50 Jahren gemacht, als sie die Berge noch landwirtschaftlich nutzten", so Mas. „Dann kam der Tourismus, und das Ganze hat sich nicht mehr gelohnt."

Der Natura-Parc-Chef übernimmt die Erklärungen, Ferrà ergänzt lediglich ab und an ein Detail. Jede Gruppe hat ihren eigenen Hirten, der die Tiere mit Wasser oder zusätzlichem Futter versorgt, die Elektrozäune versetzt und die Esel in die nächste Parzelle treibt. „Ich lege einfach Luzerne auf den Boden, dann laufen alle schnurstracks zum Futter", sagt Ferrà. Ein Tierarzt koordiniert das Projekt und kontrolliert jede der fünf Eseleinheiten mindestens alle zwei Tage, um sicherzustellen, dass es den Tieren gut geht. „Wir könnten noch viel mehr Arbeitsplätze für ausgesetzte Esel schaffen - und für Hirten natürlich", sagt Mas. Fünf zukünftige Eselhüter stünden bereit, und im Natura Parc warten rund

70 Tiere auf ihren Einsatz.

Bevor sie den Dienst in den etwa 100 mal 30 Meter großen Parzellen antreten, durchlaufen die Tiere ein Registrierungs- und Pflegeprogramm: Hufe und Zähne werden untersucht, Hengste kastriert, damit sie für das Leben in der Herde kompatibel sind. Außerdem erhält jeder Esel einen Namen und einen Chip.

Denn die Krise ist auch an den Eseln nicht spurlos vorübergegangen: Etwa 300 herrenlose Tiere hat der Natura Parc in den vergangen Jahren aufgenommen. „Wir geben den Tieren eine zweite Chance und setzen sie für etwas ein, was der ganzen Insel zugute kommt", sagt Mas. So gesehen hat die Krise die Insel zurück zu ihren Wurzeln geführt.