Wer den Süden liebt, der liebt auch Dinge, die von dort kommen. Man muss nur einen Insider kennen, um Authentisches auch zu finden. Mit Mar Gual (33) und Marc García (39) entdeckt man eine ganze Reihe schöner Dinge abseits der Touristenpfade. Auf Streifzügen durch ihre Heimat Mallorca und Barcelona hat das Paar zusammengetragen, was gefällt: Schuhe, Taschen, Keramik und Teppiche von lokalen Kunsthandwerkern, die sie nun auf boutiquers.com präsentieren (ein Wortspiel mit botiguer = Krämer, und Boutique). Da sie gerne ­reisen, lernt man auf ihrem Online-Portal auch Designer aus Bilbao, Madrid, Segovia und Sevilla kennen, die ihre Produkte dort vertreiben. Bisher sind 30 Designer, zehn davon auf Mallorca, mit rund 700 Produkten gelistet. Das günstigste ist ein Schlüsselanhänger für zwölf Euro, das teuerste ein handgewebter Teppich für 1.900 Euro.

Das Paar ist erst vor drei Wochen von Barcelona nach Palma umgezogen. Die Idee zum Online-Shop kam Mar und Marc während eines Sommer­urlaubs auf Mallorca. Sie studierte Online-Marketing, er arbeitete mit Solarenergie. Sie besuchten die Fabrik Teixits Riera in Lloseta und erfuhren, dass Biel Riera und Cati Vicens noch auf alte, traditionelle Art Zungenstoffe mitten im Dorf weben. Bei einem brainstorming waren schnell weitere Namen von Kunsthandwerkern aus dem Freundes- und Bekanntenkreis gefunden. Inzwischen suchen sie gezielt in Blogs, sozialen Netzwerken und auf Märkten nach Interessenten für ihr Portal.

Die Kriterien, um aufgenommen zu werden, sind fix erklärt: Es muss sich um Handgefertigtes von hoher Qualität aus natürlichen (nachhaltigen) Materialien handeln, die am Mittelmeer hergestellt werden. „Das heißt nicht, dass man von der Werkstatt aus das Meer sehen muss", sagt Marc. Es ginge vielmehr um mediterrane Farben und Materialien, um die Seele des Südens, die in den Produkten zum Ausdruck käme. Für Mar ist das „eine Mischung aus Luxus und Einfachheit, es sind Unikate, in denen sich die Individualität des Menschen spiegelt".

Um die Dinge fühlbar zu machen, was im Internet eher schwierig ist, werden nicht nur die Produkte, sondern auch die Künstler auf boutiquers.com abgebildet und vorgestellt. Auf dem zugehörigen Blog liest man zudem, welche Geschichten hinter den Kissen aus Zungenstoffen, Alpaca-Wolldecken, Brillengestellen aus Holz, Leinen-Tischsets oder Eisenlampen aus Glasflaschen stecken.

Delevingne ist zum Beispiel das Vier-Hand-Projekt der Designer Maria Dulce und José Campesino in Madrid. Sie bringen Wissen aus den Bereichen Industriedesign, Fotografie, Holzarbeit und Keramik mit, teilen neben ihren Kenntnissen auch Werkstatt und Werkzeuge, um ihre handgetöpferten Schalen und Schüsseln zu fertigen. Sie nutzen dafür Formen und arbeiten frei. Die Tonplatten stellen sie nach japanischer Technik her, jede Platte wird in eine runde Platte, Schale oder Schüssel verwandelt.

Woher sie und die anderen Schmiede, Töpfer, Schreiner, Schuster und Illustratoren ihre Inspiration nehmen, das kann man in kurzen Interview nachlesen. Dort ist auch in Erfahrung zu bringen, woher die Materialen stammen und - über Videos - wie es in den Werkstätten aussieht. Besonders schön ist das Ambiente der Firma Ábbatte: Die Teppiche und Plaids von Elena Goded und Camila Lanzas weben die Frauen von Hand an Holzwebstühlen in einer alten Zisterzienser-Abtei. Es gibt auch Buchtipps zum Thema mediterran und die Rubrik Lieblingswörter. Ganz oben steht das Wort meraki, es ist Griechisch und wohl das Motto von Boutiquers: etwas mit seiner Seele tun, Kreativität und Liebe in seine Arbeit stecken.

Die Registrierung ist kostenlos, nur wenn ein Produkt verkauft wird, fließt vom Verkaufspreis eine Provision an Mar und Marc. Um Bestellung und Versand kümmert sich jeder Designer selbst, das Paar macht Online-Werbung für Portal und Produkte. Es sind bereits Kooperationen zwischen einzelnen Handwerkern entstanden, Moira Neilson von Paleo Chic hat zum Beispiel geflochtene Baumwollkörbe für die Kerzen von Foc i Fum in Campanet entworfen.

„Die Designer fühlen sich auf unserer Seite mit ihren Produkten geschützt", sagt Mar. Auf ­großen Websites wie Etsy würden einzelne Produkte schneller untergehen oder Handgemachtes und industriell Hergestelltes zusammengeworfen wie auf Chicplace. Mar glaubt, dass die sehr persönlich gestaltete Plattform auch attraktiv ist für tradi­tionelle Familienunternehmen wie Gordiola, die keinen eigenen Online-Shop besitzen. Kommende Woche hat das Paar in der Glasbläserei in Algaida einen Termin, noch dringender steht aber etwas anderes an: Die Website soll Anfang 2016 endlich zweisprachig (Spanisch/Englisch) sein.

Die kreativen Köpfe hinter www.boutiquers.com