Es war im Morgengrauen des 2. Juli 1916, als Salvador Hedilla den Zweitakt-Motor seines kleinen Eindeckers zündete, um nur wenige Minuten später auf einem rudimentären Flugfeld namens Prats de Llobregat bei Barcelona abzuheben. Sein Ziel: Palma de Mallorca.

Vor ihm hatte noch kein Mensch versucht, die rund 200 Kilometer lange Strecke über das Mittelmeer in einem Flugzeug zurückzulegen. Vier Jahre zuvor war der Franzose Julien Mamen zwar bereits mit einem Motor­flieger in der Nähe von Palma in die Lüfte gestiegen. Sein Gefährt hatte er jedoch zuvor mit einem Schiff auf die Insel transportiert.

Salvador Hedilla hingegen, ein aus der nordspanischen Stadt Santander stammender Auto-Mechaniker, wollte als erster Pilot auf der Insel landen. „Ein zu damaligen Zeiten sehr gewagtes Abenteuer“, sagt Miquel Buades, Präsident der Stiftung für balearische Luftfahrtgeschichte. „Bereits kurze Zeit nach dem Start hatte ich mit starkem Gegenwind zu kämpfen“, erklärte Hedillas nach seiner Heldentat später den Journalisten. Um eine halbwegs stabile Lage zu erreichen, musste der Pilot auf eine anfangs nicht vorgesehenen Flughöhe von 2.000 Meter steigen. Dabei durchstieß er die Wolkendecke, um von nun an nur mit Hilfe seines Bordkompasses Mallorca anpeilen zu können.

„Auf der Insel war die Ankündigung von Hedillas Pionierflug auf großes Interesse gestoßen“, erzählt Buades. Hunderte Menschen hatten sich am frühen Morgen des 2. Juli bereits entlang der Meerespromenade von Palma eingefunden, um den tollkühnen Piloten in seiner fliegenden Kiste zu empfangen. Gegen 7 Uhr erspähte ein Fischer in der Nähe von Porto Pi einen langsam größer werdenden Flecken am Himmel. Hedillas war rund vier Kilometer vor Palma auf 800 Meter Höhe hinuntergestiegen, um wenige Minuten später die Kathedrale zu überfliegen.

Zu seinem Entsetzen musste er allerdings feststellen, dass sich sein vorgesehener Landeplatz - der Ort, wo heute in etwa Palmas neuer Kongresspalast steht - voller Schaulustiger befand. Kurz­entschlossen drehte Hedillas ab und landete um exakt 7.17 Uhr Ortszeit, also genau zwei Stunden und 20 Minuten nach dem Start in Barcelona, auf einem halbwegs ebenen Kartoffelacker etwa drei Kilometer nördlich von s‘Arenal. Der Landeplatz grenzte direkt an eine Finca, die sich in den kommenden Jahrzehnten zu einem der verkehrsreichsten Flughäfen Europas entwickeln sollte: Sie hieß Son Sant Joan.

Mit der Pionierleistung von Elias brach für die Mallorquiner ein neues Kommunikations-­Zeitalter an. „Man muss sich das mal vorstellen: Die Post und die Zeitungen vom Festland brauchten damals mit dem Schiff fast 36 Stunden“, so Buades. „Mit dem Flugzeug, das den gleichen Weg in etwa zweieinhalb Stunden zurücklegte, waren die Mallorquiner auf einmal up to date.“

Bereits 1920 wurde die erste Luftpostlinie Barcelona-Palma mit Wasserflugzeugen eröffnet. Ein Handvoll findiger mallorquinischer Unternehmer witterte mit den Post- und Frachtfliegern das große Geschäft und gründete 1921 Mallorcas erste Fluggesellschaft, die „Aeromarítima Mallorquina“. Deren Hangars wurden neben Palmas Hafen unterhalb des Mühlenviertels Es Jonquet auf dem Wasser errichtet. Doch das große Geschäft blieb am Ende aus, bereits drei Jahre später meldete das Unternehmen Konkurs an.

Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung im Flugzeugbau verloren Wasserflugzeuge zusehends an Bedeutung. Im Jahr 1930 wurde mit dem Bau eines Flugfeldes auf der Finca von Son Sant Joan begonnen, die sich wegen der hier vorherrschenden Windverhältnisse sehr gut als Start- und Landeplatz eignete. Während des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) wurde Son Sant Joan zu einem Militärstützpunkt ausgebaut. Nach dem Krieg blieb der Flugplatz in der Hand des Militärs, sodass man 1940 auf Mallorcas zweitem Flugfeld, der Finca Son Bonet bei Marratxí, einen Zivilflughafen errichtete.

Die steigende Zahl von innerspanischen und internationalen Flügen führte bereits Mitte der 50er Jahre zu Platz- und Personalproblemen in Son Bonet. Aus diesem Grund entschloss man sich 1960 in Madrid, den größeren Militärflughafen Son Sant Joan endgültig für Zivilflugzeuge freizugeben. Von da an entwickelte sich Mallorcas internationaler Airport innerhalb von nur drei Jahrzehnten zu einem der Flug­häfen mit dem größten Verkehrsaufkommen in Europa. Bereits 1962 durchbrach die Zahl der in Son Sant Joan abgefertigten Flugpassagiere die Grenze zu einer Million. Seit 2001 liegt die jährliche Zahl der hier abgefertigten Passagiere bei weit über 20 Millionen.

Die Stiftung für balearische Luftfahrtgeschichte will in Zusammenarbeit mit der Landesregierung, Mallorcas Inselrat und der Stadtverwaltung von Palma den 100. Geburtstag von Hedillas Pionier­flug auf die Insel in diesem Sommer ganz groß feiern. Neben Ausstellungen mit alten Fotos sowie Modellen aus der Anfangszeit der mallorquinischen Luftfahrt soll am 2. Juli 2016 die erste internationale Air-Show in Palma stattfinden. „Eingeladen sind Flugschau-Geschwader aus Spanien, Frankreich und Italien. Außerdem wird an diesem Tag der historische Pionierflug von Barcelona nach Palma in einem klassischen Flieger nachgestellt“, kündigt Miquel Buades an. Salvador Hedilla, so der Historiker, hätte seine helle Freude daran gehabt.