Wenn Gori Mulet abends nach Dienstschluss um Mitternacht seinen Kopf ins Kissen sinken lässt, durchflutet ihn häufig ein Gedanke: Er überlegt, welche Mallorca-Mühle er sich wohl als nächste vornehmen sollte, um einen Mini-­Nachbau anzufertigen. Während der Woche hat der Mann, der nachmittags als Stadtangestellter öffentliche Schwimmbäder in Palma instand hält, bis mittags Zeit, seinem großen Hobby nachzugehen. „Ich mache das schon seit mehr als zehn Jahren", sagt der 53-Jährige, der 26 seiner Nachbauten noch bis zum Samstag (30.1.) im städtischen Museum an den Jonquet-Mühlen (Museu Molí d´en Garleta) in Palma ausstellt. Dort finden sich seit der Eröffnung 2003 noch weitere Repliken, die - das ist der Clou des Hauses - per Knopfdruck elektrisch zum Leben erweckt werden können.

Das Mühlenkind

„Ich wuchs auf dem Land bei Campos auf und ärgerte mich schon als Kind darüber, wie heruntergekommen dort viele Wassermühlen waren", sagt er. Mit seinem fingerfertigen Engagement gehe es ihm darum, die große Mühlentradition Mallorcas in Ehren zu halten, „Beständigkeit" zu schaffen. „Viele Eigentümer kümmern sich überhaupt nicht um die Erhaltung der molins, weil diese für sie ja unnütz geworden sind", sagt Gori Mulet. „Hier müsste die Insel-Regierung viel mehr für den Erhalt tun."

Der Kunsthandwerker arbeitet auch mit dem Verein der Mühlenfreunde der Insel (Amigos de los Molinos de Mallorca) zusammen, um den Menschen ins Bewusstsein zu bringen, dass diese beeindruckenden und fast durchgehend im 19. Jahrhundert überall auf Mallorca, aber vor allem rund um Palma, Campos, Muro sowie Son Servera und Sineu errichteten Bauwerke erhaltenswert sind. Von den einst so nutzbringenden, nicht nur vom Wind, sondern auch von Tieren oder vom Feuer angetriebenen Mühlen existieren auf der Insel immerhin noch etwa 3.300 (nur Kreta hat mehr), doch die meisten sind nur noch Ruinen. „Deswegen stelle ich ­hinter jede Replik ein historisches Foto von dem betreffenden Bau, gleichgültig ob die Mühle heute nun gut erhalten ist oder sich in einem beklagenswerten Zustand befindet." Von den über 50

Wassermühlen mit Gitterflügeln etwa, die früher in Palmas Stadtteil mit dem passenden Namen El Molinar standen, befindet sich keine einzige mehr in gutem Zustand. Gori Mulet würdigt sie mit gleich mehreren Repliken im Mühlenmuseum. Auch die blau- oder grünweißen Wassermühlen mit den nach den Holz- und Segeltuchflügeln beliebten stabileren Eisenflügeln, die vor allem für Campos und Santanyí typisch sind, baut er nach. Wie auch die wohl älteste Insel-Mühle aus dem Jahr 1845, deren Überreste nahe dem Dorf Sant Jordi in Flughafennähe stehen.

Holz, Stein, Eisen und Stoff

Bei der Anfertigung der Mühlen-Repliken ist Gori Mulet flink zugange. „Ich arbeite lediglich mit vier Materialien: hellem Marès-Stein aus dem Gebiet um ­Santanyí, Eichenholz, Eisen und Textilien für die Flügel einiger Mühlen." Pro Monat schaffe er vier bis fünf Stück. „Ich mache das hauptsächlich, um sie auszustellen, doch ja, ich verkaufe auch einige davon." Für eine kleine Replik nimmt Mulet 250 Euro, einen etwa 200 Kilogramm schweren, fast originalgroßen Nachbau mit einem 1,4 Meter hohem Turm - auch das bewerkstelligt er ab und zu - gibt es bei ihm für 5.000 bis 6.000 Euro.

In jüngster Zeit ist Gori Mulet dazu übergangen, auch im Verschwinden begriffene landwirtschaftliche Geräte der Insel nachzubauen - Pflüge und Karren, aber auch Vorrichtungen zum Trocknen von Feigen inklusive Körben, Leitern und Rohrgeflechten. Aber sein ein und alles bleiben die Mühlen, von denen er über die Jahre schon Hunderte hergestellt hat.

Wer die Ausstellung in Palma nicht besuchen kann, wird bald noch andere Gelegenheiten haben, die Miniaturen zu bewundern. ­Mulet plant eine weitere Schau in Montuïri­ (Infos siehe Facebook: Exposiciones Gori Mulet /Tel.: 630-40 88 11). In dem auf einem Hügel liegenden Ort befinden

sich noch mehrere gut erhaltene Mehlmühlen. Im ­September - auch hier steht der genaue Termin noch nicht fest - will Mulet dann in Lloret de Vistalegre mit einer weiteren Ausstellung nachlegen.