Segeln, sonnen, baden und relaxen. Das Leben an Bord einer Ferienyacht hat seinen ganz besonderen Reiz. Doch wem das relativ unprätentiöse Umherschippern entlang der Küsten zu anspruchslos erscheint, der kann diesen Sommer auch mit einem Forschungsschiff um die Balearen in See stechen. Gleich zwei Organisationen, die sich dem Studium der großen Meeressäuger verschrieben haben, bieten Expeditionen zur Erforschung von Walen, Delfinen und Meeresschildkröten an.

Von Mai bis Ende Juli organisiert die Schweizer Meeresschutzorganisation OceanCare erstmals von Palma aus einwöchige Forschungsreisen um die Balearen. An Bord des 18 Meter langen Segelschoners „Toftevaag" sollen die Teilnehmer bei einer Bestandsaufnahme der bislang nur wenig erforschten Meeressäuger-Populationen und ihrer Lebensräume in balearischen Gewässern helfen. Das Boot und seine zehnköpfige Besatzung, die aus Kapitän, drei Meeresbiologen sowie mindestens sechs zahlenden Laien-Forschern besteht, durchkämmt dafür

jeden Tag einen bis zu 420 Quadratkilometer großen Quadranten auf dem Meer.

Der Tag an Bord beginnt bereits vor Sonnenaufgang. Nach dem gemeinsamen Frühstück werden Computer und Messinstrumente vorbereitet. Mit dem ersten Tageslicht läuft die Expedition schließlich aus dem Hafen. Welche Meeressäugetiere man auf hoher See entdecken kann, hängt nicht zuletzt von der Wetterlage ab. Bei ruhiger See sind sogar Sichtungen von Meeresschildkröten möglich, die sich zum „Aufwärmen" gerne auf der glatten Wasseroberfläche treiben lassen. Auch Delfine und Wale können bei ruhiger See bis zu einer Entfernung von drei Meilen gesichtet werden.

Jeweils drei Teilnehmer werden mit lichtstarken Feldstechern für das Abscannen der Wasseroberfläche nach Flossen oder Walfisch-Fontänen, den sogenannten „Blasen", abkommandiert. Die ganz Mutigen von ihnen können dafür auch auf den Mastausguck in zwölf Meter Höhe klettern.

Wird ein Wal oder Delfin entdeckt, müssen zuallererst seine genauen Koordinaten protokolliert werden. Danach versucht das Boot sich dem Meeressäuger auf etwa 60 Meter zu nähern. Sollte der Kapitän feststellen, dass sich die Tiere bei der Annäherung nervös verhalten, dreht er sofort ab. Ist das nicht der Fall, werden Fotos gemacht, um die genaue Spezies des Meeressäugers zu identifizieren. Sogenannte

Hydrofone zeichnen dabei das wal- und delfintypische „Klicken" unter Wasser auf. Alle 60 Minuten nimmt ein Teilnehmer zudem Wasserproben, mit denen sowohl der im Meer befindliche Anteil an Plankton als auch der von Mikro-Plastik bestimmt werden kann.

„Für unsere Expeditionen sind keinerlei wissenschaftlichen oder nautischen Kenntnisse notwendig. Lediglich die Lust daran, einen wichtigen Anteil an unserer Forschungsarbeit im Mittelmeer zu leisten", sagt Dr. Silvia Frey, wissenschaftliche Leiterin bei Ocean Care. Jeder Teilnehmer erhält vor dem Ablegen ein ausführliches Briefing mit vielen Hintergrund-Infos. Das Leben an Bord ist einfach, wer Luxus und Komfort sucht, ist vielleicht eher fehl am Platz. Statt Einzelzimmer werden alle Teilnehmer zusammen mit der Crew und den Wissenschaftlern in einer großen, offenen Kabine untergebracht. Im Sommer ist es auch möglich, seinen Schlafsack zu nehmen und sich ein Plätzchen an Deck zu suchen.

Einwöchige Segeltörns zur Erforschung von Walen und Delfinen im westlichen Mittelmeer bietet seit vielen Jahren auch der balearische Meeresschutzorganisation Tur­siops an. Statt an Bord eines Segelschoners gehen die Teilnehmer hier jedoch mit einer klassischen Charteryacht auf Expedition. Gegessen und geschlafen wird an Bord. Der Tagesablauf wird wie bei OceanCare in 45-minütige Beobachtungsposten eingeteilt. Außerdem lernen die Teilnehmer den Umgang mit Plankton-Netzen, Unterwasser-­Mikrofonen und Wasser-Analyse­geräten. Gekocht wird gemeinsam in der Bordkombüse, die Teilnehmer wechseln sich - ähnlich wie auf den Forschungsreisen von OceanCare - je nach Lust und Laune bei der Zubereitung der Mahlzeiten ab. „Zwischendurch bleibt immer wieder Zeit für ein Bad im Meer oder eine Siesta auf dem Vorschiff", sagt Txema Brotons, der Tursiops 1998 in Palma gründete.

Die bei den Expeditionen gesammelten Daten werden am Ende der Forschungssaison sowohl von Tursiops als auch OceanCare hochgerechnet, um Aussagen über die Populationen treffen zu können, und an den internationalen Schutzverband Accobams gesendet. Er soll in Zukunft die Anrainerstaaten dazu bewegen, weitere maritime Schutzgebiete im Mittelmeer zu schaffen. Außerdem sollen bei Bedarf kommerzielle Schifffahrtsrouten, die von Walen und Delfinen frequentiert werden, umgeleitet werden.

Forscher-Ferien bei OceanCare finden von Mai bis Ende Juli statt. Die Teilnahmekosten für eine der insgesamt neun einwöchigen Expeditionen liegen bei 980 Euro pro Person, inklusive Vollverpflegung. Die Kurssprache ist Englisch. Termine sowie weitere Info und Anmeldung in Deutsch unter www.oceancare.orgDer balearische Meeresschutzverband Tursiops organisiert im Juli und August insgesamt sechs Wal-Expeditionen. Preis: 900 Euro, inklusive Verpflegung. Kurssprache ist Englisch/Spanisch. Info unter www.asociaciontursiops.org