Der Lavendel wächst auf der Insel wild und blüht Anfang April. Bekanntlich zählt er zu den wichtigen Duft- und Heilpflanzen. Volkskundler Felip Munar berichtet, dass der espigol früher in keiner Hausapotheke fehlen durfte. Mit den getrockneten Blüten desinfizierte man Wohnräume und Ställe, bei Infektionskrankheiten inhalierte man die Heilstoffe - unter anderem Kampfer - mittels Dampf oder Rauch über der Glut.

Wenn eine Pflanze wegen ihrer Wirkstoffe zu den unverzichtbaren Zutaten der Parfüm- und Heilmittelindustrie zählt, gibt es meist eine unüberschaubare Zahl von Zuchtsorten. So auch beim Lavendel. Die Wirkstoffe bleiben immer die Gleichen, variieren aber je nach Sorte, Standort und den klimatischen Bedingungen in Menge und Intensität.

In den alten Insel-Gärten pflanzte man den Lavendel zusammen mit anderen Aroma­gewächsen in die Heilkräuterbeete - dass er auch kommerziell angebaut wurde, ist nicht bekannt.

Am häufigsten wurde die auf der Insel wild wachsende Sorte gesetzt, der Gezähnte Lavendel (Lavandula dentata bot., alhucema rizada span., gal·landa kat., auch lavanda). Er wächst bevorzugt in niederen Höhenlagen und in Meeresnähe. „In der Natur kann man ihm etwa auf dem Weg von El Toro (Calvià) kommend in Richtung Cala Figuera begegnen, aber auch beim Aufstieg zum Puig de Sa Morisca", sagt Jaume Segui, Botaniker am Forschungsinstitut Imedea in Esporles.

Kein Wunder, dass dieser Lavendel auch heute noch am häufigsten in den Gärten Mallorcas vorkommt. „Er gehört zu den dankbaren Sorten im Inselgarten", sagt Erika Könn, Gartenarchitektin aus Binissalem. Die Staude wachse hoch und bilde nach der ersten Blüte im Jahr schnell wieder neue. Ihrer Erfahrung nach käme er in allen Regionen der Insel zurecht, im Sommer lege die Pflanze, wie viele auf der Insel heimischen Gewächse, allerdings eine Blühpause ein.

Die zweite, auf der Insel wild wachsende Lavendelsorte, ist der Schopflavendel (Lavandula stoechas bot., cantueso span., tomaní kat.). „Man begegnet ihm nicht so häufig wie dem Gezähnten Lavendel", sagt Segui. Diese Lavendelart kommt ebenfalls in niederen Höhenlagen vor und liebt die Meeresnähe. In den Inselgärten wächst der Schopflavendel munter in Töpfen und Beeten. „Er blüht dann, wenn alle im April und Mai ihre Blüten zeigen", sagt Könn. Deshalb wählt sie für die Pflanzlisten ihrer Gartenentwürfe bevorzugt spät blühende Sorten.

Wie zum Beispiel den Echten Lavendel (Lavandula angustifolia bot., espliego span., espígol ver kat.), der auch Englischer Lavendel genannt wird. Wild wächst die Mutter aller späteren Züchtungen in der Haute Provence (Frankreich). Die Bergbauern sammelten dort die wilden Heilkräuter und verkauften sie zur Verbesserung ihres spärlichen Einkommens, bevor der Lavendel im 19. Jahrhundert kommerziell angebaut wurde.

Er kommt auf den Felsfluren des gesamten Mittelmeerraumes vor, an der spanischen Mittelmeerküste wächst er in der Umgebung Gironas, Barcelonas, Tarragonas und Valencias. Auf die Balearen hat es der wilde Echte Lavendel jedoch nicht geschafft.

Umso häufiger kommt er in den Gärten der Insel vor. „Er blüht während der heißesten Zeit auf Mallorca", sagt die Gartenarchitektin. Wenn man diese Sorte nach der ersten Blüte schneide, käme es im August mitunter zu einer zweiten Blüte. Nur die grünen, nicht die holzigen Pflanzenteile werden abgetrennt. Gestutzt werden alle Lavendelarten zum halbrunden Schopf, so wie es aus den ­Pflanzenreihen der provenzalischen Felder bekannt ist.

Als eingebürgert auf der Insel gilt der Speiklavendel (Lavandula latifolia bot., espigón span., espígol kat.). Im virtuellen Herbarium der Balearen-Universität ist nachzulesen, dass diese Art in den Inselgärten häufig vertreten ist, sich manchmal aussamt und außerhalb auf den Feldern wild weiterwächst. Bei dem Speiklavendel handelt es sich ebenfalls um eine hochwachsende Sorte, er gilt außerdem als kältetolerant. Wird er mit dem Echten Lavendel gekreuzt, so entsteht der Lavandin, auch Provence-Lavendel genannt (Lavandula intermedia), der hier ebenfalls häufig anzutreffen ist und ähnlicher Pflege bedarf wie der Echte Lavendel.

Außer dem Lavandin gibt es noch zahlreiche Hybriden. Eine von ihnen ist die Lavandula X Heterophylla „Devantville". „Sie verträgt Hitze in Verbindung mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit am besten, vor allem bei uns in Sa Pobla, wo im Sommer lange Zeit Temperaturen von über 40 Grad herrschen", sagt Pflanzenzüchter Helmut Michi. In etwas milderen Gegenden der Insel könnten sicher auch andere Sorten durchaus gut gedeihen.

Problematisch wird es allerdings, wenn sich Gartenbesitzer Felder wie in der Provence wünschen. „Ich bin mir nicht sicher, ob man das empfehlen sollte", meint Erika Könn. Denn bei solchen Beeten kann ein Pilz die Wurzel befallen. Diese ­Exemplare wirken dann trocken, gießt man sie vermehrt, sterben sie ab. Gegen die Krankheit gibt es Fungizide, doch diese sind für bestäubende Insekten nicht bekömmlich, auch nicht, wenn man sie im August bei geringem Bienenflug sprüht. Erika Könn empfiehlt, die ­Sträucher früh im Jahr oder im Winter zu pflanzen. Es bliebe ihnen dann genügend Zeit, vor der Blütezeit gesunde, widerstandsfähige Wurzeln zu bilden. Zudem müsse man sie dann weniger gießen, was auch gegen die Pilz­entwicklung hilft.

Seltener erkranken einzelne Stauden, die sich selbst vermehren und mit den Jahren mehrere Quadratmeter überwuchern. Solche buschartigen Stauden sind auf der Insel in Heilkräuterbeeten neueren Datums zu sehen. Auch in Töpfen können stattliche Sträucher heranwachsen, wenn für die Wurzeln genügend Raum zur Verfügung steht, sie mit viel Sonne verwöhnt werden, wenig gegossen werden und so gut wie keine Nährstoffe bekommen. Aber auch dann wird der Strauch nicht älter als fünf, höchstens zehn Jahre.

„Ein Exemplar davon darf im mediterranen Garten einfach nicht fehlen", meint Könn. Denn der Lavendel biete wirklich viel: Duft, Heilstoffe und Zierde.