Nach Portitxol, El Molinar und Ciutat Jardí ziehen zwar immer mehr wohlhabende Ausländer, doch am Carrer Llucmajor ist davon fast nichts zu spüren: In der Bar Palmeras, die die Nummer 1 dieser Verbindungsstraße zwischen den ehemaligen Fischerdörfern ziert, sitzen am Donnerstag (21.4.), dem Tag der MZ-Begehung, mittags vor allem Einheimische, um das Menü für 7 Euro (arròs brut) zu sich zu nehmen. Und auch in der Fleischerei Carnissería es Molinar auf der Höhe der Nummer 74 kaufen in erster Linie Bewohner der teilweise bescheiden und heruntergekommen aussehenden ein- bis zweistöckigen Anrainergebäude ein.

Dass diese Ausfahrtstraße nicht so hip wie die Uferpromenade Carrer Vicari Joaquim Fuster ist, liegt vielleicht daran, dass der Verkehr hier sehr dicht ist. Busse mehrerer Linien rauschen in kurzen Abständen hindurch, auch viele Lkw und Pkw. Es ist unangenehm laut, und das, obwohl sich wenig entfernt seit 1969 die Llevant-Autobahn nach Llucmajor befindet. Auch der im Februar 2015 eröffnete Kreisverkehr, der El Molinar mit der Ma-19 verbindet, scheint den am Gros-Sturzbach endenden Carrer Llucmajor nicht signifikant entlastet zu haben. Welcher Mitteleuropäer will hier schon wohnen!

Das Plebejische dieser Straße, in deren Nähe früher aufgereiht die berühmten Levante-Mühlen von Palma standen, wird hier und dort durch schicke, ja geradezu kulturvolle Einsprengsel zwar nicht veredelt, aber immerhin ergänzt: Im Einrichtungshaus Aquaquae (Nr. 34) etwa kann man für teures Geld schön anzusehende Möbel für das Loft mit Meerblick ganz in der Nähe erstehen, das Teatre del Mar bietet ein volles Bühnenprogramm - ab dem 7.5. das Stück „La llamada del mar".

Ansonsten ist die Bandbreite an Läden und sonstigen Gewerbe-, Lehr- und auch Freizeiteinrichtungen bunt gemischt: Neben Mini-Supermärkten, Friseuren und einer Fahrschule finden sich an der Straße auch Tankstellen, die öffentliche Schule von El Molinar, Eisenwarengeschäfte, ein DVD-Verleih und - bereits ganz in der Nähe von Ciutat Jardí - ein japanisches Buffet-Restaurant und ein Segelmacher-Geschäft namens Matheu Velas. Und dann ist da noch der s´Illeta-Petanque-Club, neben dessen eiserner Eingangspforte ein vorsintflutlicher Wasserspender steht, der einem Charlie-Chaplin-Film alle Ehre machen würde.

Auf großen Brachflächen, wo ramponierte Mühlentürme ein trauriges Bild abgeben, wachsen undefinierbare Pflanzen fast meterhoch, scheue und ungepflegte Katzen mit verhuschten Augen und schmierigem Fell schleichen durchs Unterholz. Und einige in schlechtem Zustand befindliche alte, niedrige Häuser stechen ebenfalls unangenehm ins Auge. Und so ist der Carrer Llucmajor ein Phänomen: Diese Straße ist ländlich und städtisch zugleich, teils verrottet und nachgerade hässlich, teils aber auch schick und voller Flair, authentisch und sogar ein wenig einem Kiez ähnelnd. Interessant ist sie auf jeden Fall.