Wer glaubt, die heimelig-grüne Rambla im Zentrum von Palma hätte immer schon so ausgesehen, irrt. Das gilt auch für die, die denken, dass hier seit jeher Blumen verkauft werden. Ganz früher sah es hier völlig anders aus: Bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts durchschnitt das Bett des Riera-Sturzbachs diese Gegend. Drei Brücken verbanden das eine mit dem anderen Ufer. Und den Blumenverkäufern wurde erst vor 30 Jahren erlaubt, hier aktiv zu werden. Überdies sind die riesigen Schatten-Platanen lange nicht so alt, wie sie aussehen: Sie wurden erst gepflanzt, nachdem die Vorgängerbäume 1902 wegen oft herunterfallender Äste abgeholzt worden waren.

Auch dass hier im Jahr 1403 bei einer Überschwemmungskatastrophe an die 5.000 Menschen starben und 1.500 Häuser zerstört wurden, weiß heute kaum einer. In den folgenden Jahrhunderten kam es immer wieder zu diesen Überflutungen, weswegen der Sturzbach schließlich an den heutigen Passeig Mallorca umgeleitet wurde.

Turbulent ging es an der Rambla auch in neuer Zeit zu, wenn auch auf andere Weise: Die Aufständischen um Francisco Franco drückten der Straße noch während des Bürgerkriegs (1936-1939) ihren Stempel auf. Auf Initiative des sich auf der Insel wie ein kleiner König aufführenden italienischen Faschistenführers Arconovaldo Bonaccorsi (1898-1962) stellte die Stadtverwaltung dort zwei an die Römerzeit erinnernde Statuen aus der Sammlung des kunstsinnigen, auf Mallorca geborenen späteren Erzbischofs von Valencia und Sevilla, Antonio Despuig (1745-1813), auf. Sie können dort noch immer bewundert werden.

Während der Diktatur hieß die gesamte Straße so wie heute noch das Stück nördlich vom Carrer Oms: Vía Roma. Dieser Name wechselte erst 1979 wieder, als die Straße ihre alte Bezeichnung zurückerlangte. 1998 schließlich erhielt sie den komplizierten Namen Rambla del Ducs de Palma de Mallorca. Geehrt wurden damit Infantin Cristina und ihr Gatte Iñaki Urdangarin. Als der Ex-Handballspieler wegen dubioser Geschäfte in die Bredouille geriet, änderte die Stadt den Straßennamen im Februar 2013 erneut. Sie heißt jetzt wieder Rambla.

So edel wie weiter unten am Borne ist es hier noch nie zugegangen. Vielleicht deshalb ist sie touristisch auch nicht so überlaufen wie der Prachtboulevard. Die Rambla war und ist keine Champs-Élysées, sondern Volksboulevard. Bis Ende der 70er-Jahre wurde hier gar die traditionelle Osterkirmes Fira del Ram abgehalten, die heute alljährlich auf dem Son-Fusteret-Gelände veranstaltet wird. Richtig teure Geschäfte gibt es hier (noch) kaum, dafür ein Geschäft mit Singvögeln und eines mit Fischfutter am Beginn der Straße. Die Mischung macht die Rambla angenehm: Weder stören zu viele Cafés noch zu viele Geschäfte. Auch Boutiquen finden sich nur vereinzelt, etwa die hutzelige Na Carol. Und selbst die Bars sind heimelig - so wie die abends immer gut gefüllte Bodega Chinchilla, wo zuweilen auch kleine Konzerte stattfinden.

Das Spezielle an der Rambla ist eine hintergründige Eleganz, die durch den Atem der Geschichte, der hier überall wabert, noch akzentuiert wird: Einige der für Palma so typischen alten Herrenhäuser mit verglasten Holzbalkonen sind hier wie dort zu sehen, auch aus der Zeit des Modernismus stammende Gebäude (Hausnummer 5). Und da wäre auch das 1623 fertiggestellte Kloster der barfüßigen Karmeliterinnen. Die Kirche kann zu den Gottesdiensten betreten werden, dann hallen dort von irgendwoher im ersten Stock auch leise, aber unüberhörbar, die Gesänge der Nonnen nach unten. Sie leben noch heute in Klausur.