Es sind die vielstimmigen Töne der Vögel, die einem im Carrer de Josep Villalonga sofort ins Ohr dringen. Was nicht verwundert, denn Autos fahren in Sichtweite des auf einem Berg thronenden Luxushotels Valparaíso nur selten durch die enge Straße im stillen, am Hang klebenden Meerblickviertel El Terreno mit den vielen alten Häusern mit teils verwaschenen Wänden. Das viele Grün und eine veritable Blütenvielfalt verwandeln diesen Straße in ein verwunschen-verträumtes Etwas.

Im 19. Jahrhundert war die Gegend rund um die Villalonga-Straße - neben El Terreno auch Son Armadans - ein Ferienviertel für reiche Geschäftsleute aus Palma. Dazu zählten vor allem chuetas - zum Christentum konvertierte jüdische Geschäftsleute. Viele der Villen wurden zwischen 1838 und 1848 gebaut, weitere kamen später im 19. Jahrhundert hinzu - so wie etwa das modernistische und unter Denkmalschutz stehende Gebäude Can Quetglas (Nr. 22), in welchem seit 1952 das Hostal Corona untergebracht ist und wo der Besitzer, den alle hier nur als Tòfol kennen, zuweilen Kunstschauen veranstaltet.

Vor allen anderen hatte sich der Kardinal Antonio Despuig y Dameto (1745-1813) bereits Ende des 18. Jahrhunderts eine Sommerresidenz in der Gegend errichten lassen. Der auf Mallorca geborene Kirchenfürst war ein ausgewiesener Italien-Freund, weshalb Stadthistoriker glauben, dass der Name El Terreno nicht „Gelände" bedeutet, sondern von Tirreno (Thyrrenisches Meer) kommt. So wie bei Amalfi und Positano kann man hier einen weiten Blick aufs Mittelmeer genießen - nicht so überwältigend wie dort, aber immerhin.

Auch in neuerer Zeit wussten Schauspieler und Schriftsteller das besondere Flair der Gegend zu schätzen. In der Villalonga-Straße wohnte etwa zeitweise im Gebäude mit der Hausnummer 47 Camilo José Cela, der 1989 den Literaturnobelpreis bekam und der dieses Jahr 100 geworden wäre (die MZ berichtete). Und auch der US-Schauspieler Errol Flynn (1909-1959) hatte sich in dieses stille Viertel voller Treppen verguckt.

Bis 1838 war das alles Wald gewesen. Der bosque Bellver unterhalb der gleichnamigen Burg, der heute noch immer 150 Hektar groß ist, reichte bis hinunter zum Meer. Einen großen Batzen davon besaß der Namensgeber der Straße, Josep Villalonga. Er sorgte dafür, dass hier die Gebäude errichtet werden konnten, die jetzt noch stehen. „17 davon sind denkmalgeschützt", weiß Corona-Besitzer Tòfol, der es noch immer nicht fassen kann, dass in den 80er- und 90er-Jahren hier einige hohe moderne Bauten errichtet werden durften. Das ist vorbei. Jetzt investieren Ausländer. „Fünf Häuser wurden allein 2015 von Schweden renoviert, zwei von Deutschen."

Der Carrer Jose Villalonga ist eine Wohlfühl-Straße, es fehlen nur Cafés und Restaurants. Vielleicht treiben sich gerade deshalb wenige Touristen hier herum. Dabei lohnt es sich, zu verweilen, an diesem museal anmutenden ganz speziellen Ort, der mit Erhabenheit und einem speziellen Licht geradezu geschwängert ist.