Es war die richtige Idee zur richtigen Zeit, die der in Binissalem arbeitende Taxifahrer Jaume Salom hatte. Man schrieb 1942, der Bürgerkrieg war erst drei Jahre vorbei, die Franco-Diktatur konsolidierte sich gerade, und den Spaniern ging es alles andere als gut. Lebensmittel waren rationiert, und kaum jemand hatte noch genügend Geld, um für Schulkinder immer wieder neue Treter zu kaufen. Es musste etwas absolut Unverwüstliches her, das in jeder Familie von Pennäler zu Pennäler vererbt werden konnte.

Und so erfand Salom gemeinsam mit zwei Geschäftspartnern in Anlehnung an den Hollywood-Schinken „King Kong" aus dem Jahr 1933 die Firma Gorila. „Der Witz des Produktionskonzeptes war, das Leder nicht wie üblich an die Sohlen zu nähen, sondern Gummisohlen und Obermaterial in einen Backofen zu schieben, bis alles vereint war", sagt Coral Cenizo. Die Journalistin beendet zum bald anstehenden 75. Jubiläum der Marke gerade ein Buch. „Die Schuhe waren zwar teuer, man konnte jedoch ohne Weiteres mit einem ­Auto drüberfahren, ohne sie kaputt zu kriegen."

Die Gorila-Treter kamen gut an bei den Menschen, und so konnte Jaume Salom in seiner Fabrik in Palmas damals sehr industriellen Stadtteil La Soledat Hunderten Menschen Arbeit geben. Die Marke wurde spanienweit bekannt. „Leute, die jetzt 50 bis 60 Jahre alt sind, kriegen noch heute glänzende Augen, wenn man sie auf der Straße auf Gorila-Schuhe anspricht", weiß Coral Cenizo.

Bälle und Radteam

Um das Geschäft am Laufen zu halten, ersonnen Jaume Salom und sein Team zwar auch Schuhmodelle für Erwachsene, doch Hauptkundschaft blieben über die Jahrzehnte die Kinder. Und die zog er mit einem Verkaufstrick auf seine Seite, der den defini­tiven Durchbruch bedeuten sollte: In jedem Schuhkarton befand sich ein grüner Gummiball. „Die Kinder waren verrückt danach", erzählt Coral Cenizo. Salom schaltete auch Werbekampagnen, als das in Spanien noch gar nicht üblich war, und sponserte in den 60er-Jahren ein eigenes Radteam, das international in Erscheinung trat. In seinen besten Zeiten verkaufte Salom pro Schuljahr allein in Katalonien 90.000 Paar Schuhe.

Mitte der 70er-Jahre, als Diktator Francisco Franco das Zeitliche segnete, begann auch der Niedergang der Marke. Zunächst verärgerte Salom die Kunden damit, eine weiterhin hohe Nachfrage nicht befriedigen zu können. „Außerdem hielt er es nicht für nötig, seine Schuhmodelle zu modernisieren", sagt Coral Cenizo. „Die neueren Generationen in der Nach-Franco-Zeit waren nicht mehr so arm wie früher und wollten einfach schönere Schuhe." Hinzu kamen Fehler bei der Besetzung von Top-Manager-Posten nach Saloms Abtritt Anfang der 80er-Jahre. „Sein Schwiegersohn Juan Ravell brach auch noch Streit mit den Arbeitnehmern vom Zaun", sagt die Autorin. Den finalen Tritt Richtung unten habe der Firma danach ein gewisser Miquel Oliver gegeben.

Verkauf nach La Rioja

1991 - auch noch das Todesjahr von Jaume Salom - war es dann nicht mehr möglich, den Produktionsbetrieb in La Soledat aufrechtzuerhalten. Die Fa­brik wurde zugemacht, die Ruine kann noch heute in dem zu einer Problemecke degenerierten Viertel besichtigt werden. Die Markenrechte wurden an den erfahrenen Schuhfabrikanten Basilio García aus Arnedo in der nordspanischen Region Rioja verkauft.

García, der bereits mit der Marke Calla­ghan gut im Geschäft ist, modernisierte endlich die Gorila-Schuhe: Er machte etwa die Sohlen sanfter, führte zeitgemäßere Formen ein und bekam es hin, das Leder so zu bearbeiten, dass es sogar vielfach abwaschbar ist, ohne Schaden zu nehmen. Basilio García schaffte es auch, dass die spanische Kaufhauskette El Corte Inglés Gorila-Schuhe in ihr Sortiment aufnahm. Schließlich kann praktisch und unverwüstlich nicht nur Kult sein, sondern auch ein wenig schick.