Als Mora auf die Finca kam, war sie trächtig. Sie fügte sich pro­blemlos in die vierköpfige Herde ein, alles freundliche Milchkühe der schwarz-weißen Rasse Holstein Friesian. Wie die anderen Tiere war auch sie dankbar, einem herkömmlichen Milchproduktionsbetrieb entkommen zu sein. „Dort ist alles unpersönlich, Tiere sind nur eine Nummer", sagt Mercè Bibiloni aus Costitx auf Mallorca. Weil jedes der Rinder eine unverwechselbare Persönlichkeit hat, ruft sie diese beim Namen.

Auch für die 24-Jährige war die Rinderzucht und die Milchproduktion ein Neuanfang. Zunächst hatte sie in der Modebranche gejobbt, später begann sie ein Studium der Veterinär­medizin, doch all das machte sie nicht wirklich glücklich.

Nach dem Kauf der ersten beiden Kühe, Figa und Flor, gab sie ihre bisherigen Pläne auf und richtete sich auf der Finca Son Borrassó häuslich ein, die früher ihren Großeltern gehört hatte. Die Tage, die sie mit den Tieren auf der Finca verbrachte, machten sie immer zufriedener. Bibiloni spricht mit den Rindern und striegelt sie, bis das Fell glänzt. Die Melkmaschine setzt sie täglich pünktlich um 6.30 und

18 Uhr an den prallen Eutern an.

Bevor ihr Leben mit den Kühen begann, beschäftigte sich Bibiloni intensiv mit artgerechter Haltung und gesunder Ernährung der ­Wiederkäuer. Ein kundiger Freund aus Menorca half ihr dabei. So kam es, dass die Kühe jetzt - das Grünfutter ist noch knapp - vor allem Mehlsorten wie beispielsweise Hafer oder aber Stroh und Johannisbrot fressen. Im Herbst wurde Triticale ausgesät, ein Hybrid aus Weizen und Roggen, dessen Körner als sehr nahrhaftes Tierfutter gelten.

Vom menorquinischen Freund lernte sie auch die Geheimnisse der Käsezubereitung. Das Gesundheitsamt stellte problemlos die Genehmigungen für Herstellung und Verkauf der Milchprodukte aus.

Zum Elternhaus fährt die junge Frau jetzt täglich mit gefüllten Kanistern. Wie viel Milch sie enthalten, hängt von der Tagesform der Tiere ab. Jedes muss einmal im Jahr trächtig werden. Und die Kühe von Son Borrassó haben Schonzeiten beim Melken. Es gehe ihr nicht um Quantität, sagt Bibiloni, sondern um die Gesundheit der Tiere.

Im Haus der Eltern ist ein steriler Raum für die Herstellung der Milchprodukte eingerichtet. Hier ist Platz für eine schon bestellte Pasteurisierungsanlage. Noch pasteurisiert Bibiloni durch Erhitzen und anschließendes Kühlen mit Eiswürfeln. „Frischmilch enthält Vitamine und schmeckt würzig", sagt Bibiloni. Wer sie probiert habe, der kaufe keine H-Milch mehr.

Doch nicht alle Milch wird pasteurisiert. Bei der Herstellung von Käse ist Rohmilch die wichtigste Zutat. Für ihre Gerinnung sorgt ein Aufguss aus Blütenblättern der Wilden Artischocke, danach wird das ganze in ein Gazetuch gepresst und in Salzlake gebadet. Zweieinhalb Monate müssen die Laibe reifen und regelmäßig mit Olivenöl eingerieben werden. Käse, Joghurts und gelegentlich auch Frischkäse, werden mit dem Logo „Dairy Mercè" an Landhotels sowie an Bekannte und Nachbarn ausgeliefert.

Im Herbst sorgte Mora für ein großes Ereignis auf der Finca. Ohne Komplikationen brachte sie Olivia zur Welt. Einen Tag und eine Nacht blieben Kuh und Kalb zusammen, bevor Bibiloni sie trennte. Die Mutter­kuh, die nach der Geburt 20 Liter besonders fetthaltige Milch gibt, wird weiter gemolken. Artgerecht ist dieses Verfahren nicht unbedingt, hier könnte die enthu­siastische Landwirtin noch ein bisschen nachbessern. „Es hat aber total Spaß gemacht, Olivia mit der Flasche aufzuziehen", sagt sie.

Am 8.12. gibt es „Dairy Mercè"-Produkte auf dem Weihnachtsmarkt in Costitx. Tel.: 653-23 79 32.